Sachsen Lärm, Dreck, Lkw-Verkehr: Menschen in Pöhla verlangen Mitsprache bei Bergbauvorhaben
In Pöhla wurde der Abbau von Wolfram bereits genehmigt. Jetzt soll ein weiteres Bergwerk im gleichen Tal entstehen. Damit bekommt der alte Spruch vom "Berggeschrey", dem im Mittelalter Tausende ins Erzgebirge folgten, eine zweite Bedeutung. Denn eine Bürgerinitiative protestiert. Sie will ins Vorhaben eingebunden werden. Die Anrainer wollen wissen, wie ihre Heimat und Lebensqualität belastet werden und was die Betreiber wirklich vorhaben.
- Im Luchsbachtal wird bald ein neues Bergwerk entstehen.
- Ein zweites Bergwerk soll drei Kilometer weiter erschlossen werden.
- Die "Bürgerinitiative Pöhlwassertal" setzt sich für mehr Bürgerbeteiligung ein.
Nachdem das Sächsische Oberbergamt am Montag den Betrieb des "Erzbergwerks Pöhla" genehmigt hat, soll in dem Bergwerk im Luchsbachtal bei Pöhla künftig unter anderem Wolfram, Zinn und Kupfer gefördert werden. Die Saxony Minerals & Exploration AG (SME AG) mit Sitz in Halsbrücke wird des Bergwerk betreiben.
Bereits 2019 wurde das Luchsbachtal mit einem Probeschacht erkundet.
Damit gibt es im Erzgebirge wieder Bergbau. Das "Berggeschrey", dem im Mittelalter nach reichen Silberfunden tausende Bergleute ins Erzgebirge folgten, erklingt erneut. Auch, wenn heute nicht mehr so viele Bergleute gebraucht werden.
Zweites Bergwerk in unmittelbarer Nähe geplant
Nur drei Kilometer oberhalb des genehmigten Bergwerkes soll im gleichen Tal ein weiteres entstehen. Die "Saxore Bergbau GmbH" will es betreiben. Das ist eine Tochtergesellschaft der in London ansässigen "First Tin PLC".
Etwa 53.000 Tonnen Zinn werden in der Lagerstätte vermutet. Sie sollen abfallfrei gefördert werden, teilt das Unternehmen auf seiner Webseite mit. "Keine Tonne Bergbauabfall wird das Tageslicht sehen", meint der Geschäftsführer von First Tin, Thomas Bümme. Der Abbau werde umweltfreundlich und CO2-arm stattfinden.
Keine Tonne Bergbauabfall wird das Tageslicht sehen. Thomas Bümme | Geschäftsführer
Die Zinnlagerstätten befinden sich hunderte Meter unter der Gemeinde Tellerhäuser.
Bürgerinitiative will nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden
Mitten durch dichten Wald läuft der Kunnersbachweg. Dort soll das zweite Bergwerk entstehen, sagt Anja Storch. Sie ist die Vorsitzende der "Bürgerinitiative Pöhlwassertal". Die Initiative sei nicht grundsätzlich gegen das Projekt. Die Menschen wollten aber, das die Region nicht nur mit Abbau- und Verkehrslärm, Schadstoffen und Umweltschäden leben müssten,. sondern vom Vorhaben profitierten.
Gewinne ins Ausland, Lasten im Erzgebirge?
Anja Storch fasst die Kritik so zusammen: "Zuerst hat August der Starke seine Schlösser in Dresden von diesem Gewinn gebaut." Nun sei es eine britische Mutterfirma, die ihren Aktionären Millionengewinne verspreche. "Wir sehen, dass weder die Gemeinde, noch der Kreis, noch das Land Sachsen etwas davon hat."
Wir sehen, dass weder die Gemeinde, noch der Kreis, noch das Land Sachsen etwas davon hat. Anja Storch | Vorsitzende der "Bürgerinitiative Pöhlwassertal"
Gleichzeitig gebe es die Befürchtung, dass Uran wieder ein Thema werden könnte. "Wir haben das erlebt. Wir hatten 40 Jahre lang Uranbergbau. Hier gab es überall diese Lüftungsschächte und das Radon rollt bekanntlich den Berg herunter." Daher sei auch die Angst groß, dass mit dem Grubenwasser auch giftige Schwermetalle ins Pöhlwasser gespült würden.
Bis 1991 förderte die WISMUT AG im Fuchsbachtal Uranerz.
Auch wenn der Abraum im Boden bliebe, gebe es erhebliche Eingriffe in die Natur, sagt Storch. "Auf einer Seite des jetzigen Waldweges wird eine Rampe aufgefahren, auf der anderen Seite soll ein sogenanntes Produkt-Depot auf einer Fläche von 300 mal 300 Metern entstehen." Das werde eine enorme Lärmbelastung für die Orte bedeuten. "Oberhalb beginnt auch gleich ein geschützter Buchenwald, in dem zum Beispiel Schwarzstörche und Uhus leben".
Ortsvorsteher: sieht Lkw-Verkehr auf engen Straßen kritisch
Thomas Welter (Freie Wählergemeinschaft) ist Ortsvorsteher von Rittersgrün. Er gibt sich zuversichtlich. "Wir sind stolz, dass wir die Bürgerinitiative hier haben. Sie arbeitet absolut sachbezogen, ohne Polemik." Denn vor allem die älteren Bürger seien von der Geschichte geprägt. "Die Wismut, die viele Jahre hier war, hat auch etwas hinterlassen: Angst vor der Strahlung zum Beispiel", sagt Welter. Zudem lebe der Ort vom Tourismus und seinen Angeboten.
Thomas Welter, Ortsvorsteher von Rittersgrün, hofft auf Gespräche mit dem Bergbauunternehmen.
Auch die zu erwartende Verkehrsbelastung mit möglicherweise 80 Lkws am Tag sieht er kritisch. "Aus unserer Sicht wird das ganz schwierig, weil unsere Staatsstraße keinen Gehweg hat." Es gebe auch keine sicheren Überwege und die kommunale Straße sei für solche Belastungen ebenfalls nicht ausgelegt.
Gemeinde hofft auf Gespräche mit Bergwerksbetreiber
Es gehe für die Gemeinde nicht darum, das Bergwerk zu verhindern. "Es geht darum, dass wir gemeinsam mit der Bergbaufirma und unserer Bürgerinitiative das Beste herausholen wollen für unsere Bürger." Man wolle zuverlässige Aussagen von der Firma, wie mit dem Uran umgegangen werde, wie die Wasseraufbereitung und das Transportproblem geklärt werde. "Unsere Bürgerinitiative hat da gute Ideen. Ich hoffe, wir können im Gespräch bleiben.
Es geht für uns nicht darum, das Bergwerk zu verhindern. Thomas Welter | Ortsvorsteher von Rittersgrün
Oberbergamt verweist auf Betreiberfirmen
Auf Anfrage von MDR SACHSEN weist das Sächsische Oberbergamt als Genehmigungsbehörde des Bergwerkes schriftlich darauf hin, dass das Verfahren zur Zulassung des sogenannten Rahmenbetriebsplans der SAXORE bisher nicht eröffnet wurde. Deshalb könne die Behörde noch keine genauen Aussagen treffen.
Das Unternehmen habe jedoch die Aufgabe, die Bürgerinnen und Bürger über die Belastungen zu informieren. Die Behörde würde das unterstützen.
In der Nähe der geplanten Bergwerksstandorte befinden sich Naturschutzgebiete.
Zum erwarteten starken Lkw-Verkehr teilte das Oberbergamt mit, dass nur gewährleistet sein müsse, dass das Bergwerk erreichbar sei.
Die "Bürgerinitiative Pöhlwassertal" hofft nun, dass sie gemeinsam mit dem Bergbauunternehmen zu Lösungen kommen, die für alle Beteiligten tragbar sei.
MDR (tfr)