Sachsen So geht Training ohne Heimstätte: Schwimmer von Kirschau im Exil
Es gibt Sportarten, bei denen man mit der Trainingsstätte schwer improvisieren kann. So löste sich der Jonsdorfer Eishockeyverein dieses Jahr auf, weil die örtliche Eishalle im Notbetrieb ist, der laut Verein zu kurz und unsicher sei. Seit zwei Jahren hat auch der Schwimmsportverein in Kirschau keine Sportstätte mehr. Denn die Körse-Therme ist komplett dicht. Viele fürchteten um den Verein, doch es kam ganz anders.
- Die Schwimmer des SSV Kirschau freuen sich über eine Zukunft der Körse-Therme.
- Bis zur Wiedereröffnung müssen sie eine lange Durststrecke überwinden.
- Schwimmsportverein erfährt Zuspruch und braucht mehr Bahnen.
Kurzer Jubel zwischen dem Bahnenziehen im Röhrscheidtbad in Bautzen. Bei der Leistungsgruppe des Kirschauer Schwimmsportvereins ist die Stimmung gut. Das liegt auch daran, dass es eine Zukunft für ihre Körse-Therme gibt. Die Gelder für die Sanierung sind endlich da. "Die meisten in unserem Verein verbinden mit der Körse-Therme ziemlich viel", erzählt die 17 Jahre alte Hermine Hage. "Ich habe dort schwimmen gelernt. Das geht ganz vielen anderen genauso."
Hermine ist passionierte Schwimmerin und in der Körse-Therme groß geworden. Mittlerweile arbeitet die 17-Jährige im Verein als Trainerin. Ihre Vereinsfreunde schwimmen aktuell in Großpostwitz und in Bautzen.
Aus der Not das Beste gemacht
Als das Gesundheitsbad Ende 2022 plötzlich schloss, fragten sich viele, wie sich denn der Schwimmverein halten solle? Man habe aus der Not das Beste gemacht, sagt Hermines Mutter Sylvia Hage, die auch im Vereinsvorstand arbeitet. Das heißt, während die ganz Kleinen im 13-Meter-Becken des Großpostwitzer Reha-Zentrums schwimmen, geht es für die größeren Kinder und Jugendlichen zweimal pro Woche aus dem Lausitzer Oberland nach Bautzen ins Röhrscheidtbad.
Nach der Schließung der Körse-Therme habe man aus der Not das Beste gemacht, sagt Sylvia Hage vom Schwimmsportverein Kirschau.
Die Trainingsbedingungen sind laut Sylvia Hage in Bautzen sogar besser als im Gesundheitsbad Kirschau. Denn das Becken ist tiefer und es gibt Startblöcke. Ein großes Problem sei allerdings, dass sich die Trainingszeiten sehr in den Abend verlagert hätten. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln komme man nicht hin und zurück. Deshalb haben die Eltern Fahrgemeinschaften gebildet, wie die 48-Jährige berichtet. "Das ist deutlich mehr Aufwand, denn die Eltern müssen in Bautzen warten und dann die Kinder wieder einsammeln."
Warten vor der Scheibe im Foyer
Und so sitzen mittwoch- und freitagabends Mütter und Väter auf den Plastikstühlen im Foyer und richten ihre Blicke abwechselnd auf Handys und auf eine riesige Glaswand. Dahinter liegt das Schwimmerbecken - flankiert von großen Dinosauriern. Kleinwelka lässt grüßen. Das Training der Jüngsten endet 19 Uhr, das der Älteren eine Stunde später.
Mädchen und Jungen des SSV Kirschau ziehen ihre Bahnen im Bautzener Röhrscheidtbad.
Kristin Jannasch kommt gerade vom Einkaufen zurück ins Foyer. Als die Körse-Therme schloss, hatte sie um den Schwimmverein gebangt, erzählt die Mutter, deren beide Töchter und der Sohn im Verein sind. Zu ihr tritt Peggy Schulz. Sie bringt ihre siebenjährige Tochter nun immer montags nach Großpostwitz und mittwochs nach Bautzen. Ihr fehle die Körse-Therme: "Ich bin selbst mit der Körse-Therme groß geworden und in der Jugend immer dort hingegangen."
Ich bin selbst mit der Körse-Therme groß geworden. Peggy Schulz | Mutter einer sieben Jahre alten Schwimmerin
Als das Bad schloss, hätten schon verschiedene Sachen die Runde gemacht, das zum Beispiel ein Tobeland reinkönne. "Das fand ich ganz grausam, denn für uns ist es schon immer die Schwimmhalle gewesen. Die gehört nach Kirschau und wir haben gehofft, dass sie wieder aufgemacht wird."
Eltern im Wartemodus (v.li. n. re.): Kai Otte, Christin Lebelt, Sandra Sattler, Peggy Schulze und Kristin Jannasch. Sie fahren ihre Kinder regelmäßig nach Bautzen zum Training.
Viele hatten Hoffnung schon aufgegeben
Vater Kai Otte, dessen achtjährige Tochter im Schwimmverein ist, hatte die Körse-Therme schon abgeschrieben: "So lange wie die jetzt schon zu ist." Dass es nun doch Fördermittel für die Sanierung gibt, freut ihn. "Aber wenn bedenkt, dass es doch bis 2027 dauern wird, bis alles fertig ist - das ist schon eine lange Zeit, die man überbrücken muss." Es fehle das Schwimmen in Kirschau.
Es bleibt eine lange Zeit, die man überbrücken muss. Kai Otte | Vater einer 8 Jahre alten Schwimmerin
Verein wächst und hat Wartelisten
Die erste Trainingsrunde ist zu Ende. Vereinschef Mario Graff kommt mit seinen Schützlingen aus der Halle. Bevor die Jungen und Mädchen von ihren Eltern in Empfang genommen werden, verabschiedet der Trainer jedes Kind mit Handschlag am Drehkreuz und gibt ihnen noch Hinweise mit auf den Weg.
Ich hoffe, dass es schnell vorwärts geht. Wenn wir zwei Trainingsstätten hätten - das wäre optimal! Mario Graff | Chef vom Schwimmsportverein Kirschau
Während sich Mario Graff sich um das Training in Bautzen gekümmert hatte, war an diesem Mittwochabend in Kirschau feierlich der Fördermittelbescheid vom Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) an den Bürgermeister Sven Gabriel überreicht worden. "Es ist sehr schön, dass es dazu gekommen ist. Wir haben lange darauf gewartet", so Graff. Er hatte zwischendurch schon ein bisschen die Hoffnung verloren gehabt, gesteht der Chef des Schwimmsportvereins.
Der Kirschauer Schwimmvereinschef Mario Graff freut sich über die Fördergelder, die nun doch für die Körse-Therme kommen. Er hatte schon fast die Hoffnung darauf verloren.
Für den Verein hatte es in den vergangenen zwei Jahren sogar ohne Heimstätte viel Zuspruch gegeben. Er zählt inzwischen 70 Mitglieder. "Wir sind an unseren Kapazitätsgrenzen. Es gibt Wartelisten", berichtet Graff. Er würde gern das Training erweitern. Das gehe aber nur mit einer intakten Körse-Therme. "Ich hoffe, dass es dort schnell vorwärts geht. Wenn wir dann zwei Trainingsstätten hätten - für die Kleinen in der Körse und für die Größeren im Röhrscheidtbad - das wäre optimal!"