Sachsen Studie: Jeder fünfte Teilzeitbeschäftigte in Sachsen will mehr arbeiten
Der Arbeitskräftemangel ist allgegenwärtig. Gleichzeitig wollen immer mehr Arbeitnehmer aber auch in Teilzeit arbeiten. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer nannte das Recht auf Teilzeit einen Fehler. Doch das nicht mehr gearbeitet wird, liegt nicht immer an den Arbeitnehmern. Eine Studie im Auftrag der sächsischen Gleichstellungsministerin Katja Meier hat gezeigt: Mehrarbeit wird auch von Arbeitgebern verwehrt. Verschenktes Arbeitskräftepotential?
Die Gründe für Teilzeit sind laut der jüngsten Studie im Auftrag der sächsischen Gleichstellungsministerin Katja Meier sehr unterschiedlich. Mehr Zeit für sich oder die Familie haben, gesundheitliche Einschränkungen oder Weiterbildung: Alles Gründe, warum Arbeitnehmer die Teilzeit wählen. Und laut Erhebung ist ein Großteil der Teilzeitbeschäftigten mit den Arbeitszeiten auch zufrieden. Dennoch würde so mancher auch mehr arbeiten. Doch das klappt nicht immer. Eine Hauptursache: die Arbeitgeber.
Jede vierte Frau und sogar jede dritte Mutter in Teilzeit beklagt laut Studie: Ihr Arbeitgeber verwehrt eine Erhöhung der Arbeitszeit. So setzt zum Beispiel der Handel auf die flexiblen Einsatzmöglichkeiten von Teilzeitkräften. In der Branche seien 90 Prozent der Anstellungen Teilzeit, sagt Andrea Busch von der Gewerkschaft Verdi. Sie kennt das Problem, dass Teilzeitbeschäftige mehr arbeiten wollen, auch um genügend in die Rente einzahlen zu können: "Und der Arbeitgeber verweigert ihnen tatsächlich eine Aufstockung."
Alter spielt eine Rolle
Nicht alle Beschäftigten sind gleichmäßig freiwillig beziehungsweise unfreiwillig in Teilzeit. So spielt das Alter eine entscheidende Rolle. Je älter die Beschäftigten sind, desto häufiger ist die Teilzeit unfreiwillig, so die Studienmacher. Die Handelsgewerkschaftssekretärin vermutet, das liege auch an der geringeren Bereitschaft, beruflich noch mal neu zu starten: "Ich glaube die jungen Leute tun sich da eher leicht damit: Der Handel ist für mich nicht mehr attraktiv, dann verlasse ich den Handel. Die Älteren sind dann eher an dem Einzelhandelsunternehmen angebunden und arbeiten dort schon meinetwegen 30, 35 Jahre und haben dann eher ein Problem das zu verlassen."
Die Jobchancen sind im Moment weniger gut als noch 2018/2019. Frank Vollgold | Sprecher der Bundesagentur für Arbeit in Sachsen
Denn wenn der Arbeitgeber nicht bereit ist, mehr Stunden anzubieten, liegt ein Wechsel von Arbeitgeber oder gar Branche nah. Dass ist allerdings aktuell mit Unsicherheiten verbunden, sagt Frank Vollgold, Sprecher der Bundesagentur für Arbeit in Sachsen. In der aktuellen Wirtschaftslage verlören wieder mehr Menschen ihren Job, weniger finden eine Beschäftigung: "Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Leute, ihren Job wechseln möchten, beispielsweise weil sie an der Arbeitszeit schrauben. Das heißt die Jobchancen sind im Moment weniger gut als noch 2018/2019."
Ungenutztes Potential
So verbleiben wohl mehr Leute auf ihrer aktuellen Teilzeitposition, sorgen für ein unausgeschöpftes Arbeitskraftpotential. Laut Studie ist das bei 11.500 ungenutzten Vollzeitarbeitskräften. Unter verbesserten Rahmenbedingungen, zum Beispiel flexibleren Arbeitszeiten, Kinderbetreuung am Arbeitsplatz oder eben der Möglichkeit zur Mehrarbeit durch die Arbeitgeber läge das Potential sogar noch höher: bei 70.000. Hier müssen die Arbeitgeber aufgeklärt werden, aber auch miteinander sprechen, sagt Sachsens Gleichstellungsministerin Katja Meier: "Oft fehlt es vielleicht auch am Wissen oder an der Kommunikation und da, sozusagen dieses Wissen zur Verfügung zu stellen, auch ein Austausch zwischen Arbeitgebern zur Verfügung zu stellen, mit den Gewerkschaften, mit den Sozialpartnern, und dann gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wie ich diese Potentiale heben kann, dass ist das Ziel, an dem wir jetzt weiterarbeiten sollten."
Doch eins können Teilzeitkräfte auch nicht durch Mehrarbeit abfangen: Die Tatsache, dass sich generell immer mehr Menschen statt für eine Vollzeit für Teilzeitarbeitsstelle entscheiden.
MDR (bhm)