U18-Wahl in Schmölln

Sachsen U18-Wahl in Sachsen: "Ergebnisse ein Spiegel der Elternhäuser"

Stand: 22.08.2024 17:55 Uhr

Im Vorfeld der Landtagswahl können Sachsens Jugendliche ihre Stimme bei der U18-Wahl abgeben. Dafür gibt es an verschiedenen Orten kleine Wahllokale - in Schulen, Jugendeinrichtungen oder auch unter freiem Himmel, wie zum Beispiel vor dem Freibad in Schmölln. Anders als bei der Landtagswahl werden aber nur die Zweitstimmen für die Parteien abgegeben. So auch am Johannes-Kepler-Gymnasium Chemnitz, wo die Schülerinnen und Schüler in ihren Pausen die Möglichkeit hatten, ihr Kreuz zu setzen.

Von Anett Linke und Adam Beyer, MDR SACHSEN

Mit dem Pausenklingeln wird es voll im vorübergehenden Wahlbüro am Johannes-Kepler-Gymnasium in Chemnitz. Viele Schülerinnen und Schüler wollen die Gelegenheit nutzen, ihre Stimme zur U18-Wahl abzugeben. Die meisten von ihnen kennen den Ablauf, hatten sie doch schon zur Europawahl im Juni ein Wahllokal in ihrer Schule. Die Wahlhelfer sitzen mit Klassenlisten ausgestattet bereit und markieren, wer seine Stimme bereits abgegeben hat.

Richard Haubold geht in die 11. Klasse und macht gerade sein Kreuz auf dem Wahlzettel. "Unsere Stimme ist auch wichtig", sagt er. "Und es ist wichtig für die Demokratie, dass wir wählen." Seine Wahlentscheidung trifft er danach, welche Partei seine Themen aufgreift. Wichtig sind ihm Modernisierung, Finanz- und Steuerpolitik.

ein junger Mann in einer hinter einem Aufsteller

Der 16 Jahre alte Richard Haubold findet wählen wichtig und macht deswegen bei der U18-Wahl mit.

Soziales und Gesellschaft als wichtige Themen

Auch Leonie Maya Sommer findet wählen wichtig. Deswegen gibt sie nicht nur ihre Stimme ab, sondern ist in den Schulpausen auch als Wahlhelferin aktiv im U18-Wahlbüro ihres Gymnasiums. Sie habe ein großes Interesse an Politik und engagiere sich auch sonst in der Schule. "Die wichtigsten Themen sind für mich Soziales und Gesellschaft", sagt Sommer. Manche Parteien würden diese Themen auch aufgreifen in ihren Programmen.

Die 17-Jährige wünscht sich eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre. "Mit 16 kann man schon einschätzen, was wichtig für einen ist", sagt sie. Es gebe vielleicht auch einige, die es nicht ernst nehmen würden. "Aber der Großteil kann das."

Mitbestimmung in der Demokratie

Ähnlich sieht es Eleonore G., die in die 10. Klasse geht. Es gebe viele, die auch mit 16 Jahren schon vernünftig denken. Auch sie ist bei der U18-Wahl als Wahlhelferin aktiv. "Wir leben in einer Demokratie und die Gesellschaft bestimmt mit", sagt sie. Die wichtigsten Themen sind dabei für die 15-Jährige Soziales, Gesellschaft und Umweltschutz. "Mir geht es vor allem darum, die Gesellschaft zu verbessern."

Eine junge Frau sieht in die Kamera.

Eleonore G. möchte vor allem die Gesellschaft verbessern.

Jugendliche wünscht sich Absenkung des Wahlalters

Dieses Anliegen hat auch die 16 Jahre alte Lara-Louise Pleißner. "Gesellschaftliche Themen bekommen immer mehr Bedeutung, werden aber bei den Wahlen noch nicht genug thematisiert." Außerdem liegen ihr Umweltschutz und die Wirtschaft am Herzen.

Auch sie ist überzeugt davon, dass eine Absenkung des Wahlalters sinnvoll wäre. "Es gibt genug in unserem Alter, die sich mit Politk auseinandersetzen und Erwachsene, die sich nicht damit beschäftigen", sagt sie. Sollten Jugendliche eher wählen dürfen, würden sie sich auch noch eher mit Politik beschäftigen. "Aber wenn du erst mit 18 Jahren wählen darfst, ist das Thema sehr weit weg, wenn du 14 Jahre bist."

Es gibt genug in unserem Alter, die sich mit Politk auseinandersetzen und Erwachsene, die sich nicht damit beschäftigen. Lara-Louise Pleißner | 16 Jahre
Junge Frauen sehen in die Kamera.

Lara-Lousie Pleißner (links) und Leonie Maya Sommer sind an ihrer Schule in Chemnitz als Wahlhelferinnen für die U18-Wahl aktiv.

Die 16 Jahre alte Carolin Beyer sieht das anders. Bei der Europawahl findet sie das Wahlalter mit 16 Jahren in Ordnung, für alle anderen Wahlen möchte sie es gern bei 18 Jahren belassen. "Die Reife ist sehr unterschiedlich mit 16 Jahren", sagt sie. Außerdem sei die Wahlentscheidung in diesem Alter sehr vom Umfeld und dem Elternhaus beeinflusst. "Manche sind mit 16 Jahren schon sehr reflektiert, andere sind das mit 18 Jahren immer noch nicht", so Beyer. "Aber dann ist man gesetzlich volljährig."

Eine junge Frau posiert vor der Kamera.

Carolin Beyer sieht sich selbst als mittelmäßig politisch interessiert an. Trotzdem engagiert sie sich bei der U18-Wahl an ihrer Schule in Chemnitz.

"Frauen- und Umweltpolitik sind unterrepräsentiert"

Sich selbst schätzt sie als eher mittelmäßig politisch interessiert ein. Sie schaue nicht weg, verfolge aber auch nicht jeden Tag alle Neuigkeiten. Ihr Themen für die Wahl sind Frauen-, Migrations- und Umweltpolitik. Während die Migrationspolitik von den Parteien schon viel diskutiert werde, findet sie die anderen beiden Themen noch unterrepräsentiert. "Aber wenn wir den Klimawandel nicht in den Griff kriegen, brauchen wir uns über die anderen Dinge auch keine Gedanken mehr zu machen", sagt Beyer.

Ein Mann posiert vor der Kamera.

Sozialarbeiter Ulf Naumann freut sich über das rege Interesse der Schülerinnen und Schüler an der U18-Wahl.

Wahlbeteiligung im Chemnitzer Gymnasium bei rund 50 Prozent

Ulf Naumann, Schulsozialarbeiter am Johannes-Kepler-Gymnasium, organisiert seit 2017 Wahlbüros für die Jugendwahlen an seiner Schule. "Politische Bildung ist wichtig", sagt er. An der Schule gebe es viele interessierte, junge Leute, die bei diesen Aktionen mithelfen. Neben der Bildung sind solche Projekte für Naumann auch ein niederschwelliger Zugang zu den Schülerinnen und Schülern. "Beratung funktioniert nur, wenn die Schüler dich kennen", sagt er. "Nur dann kommen sie auch zu mir, wenn sie mal ein Problem haben."

Mit der Wahlbeteiligung ist er zufrieden. Von den rund 700 Schülerinnen und Schülern würden sich jedes Mal etwa die Hälfte beteiligen. "Es schwankt zwischen 43 und 55 Prozent", sagt er. Für ihn ist es wichtig, dass die Jugendlichen die Abläufe bei einer Wahl kennenlernen. Welche Partei sie dabei wählen, sei dabei fast egal. "Die Wahlergebnisse sind dann ein Spiegel der Elternhäuser", so Naumann.

Eine junge Frau posiert vor der Kamera.

Katharina Humenda ist die Koordinatorin für die U18-Wahl in Chemnitz. Für sie ist diese vor allem ein Anlass, um mit den Jugendlichen über politische Themen ins Gespräch zu kommen.

U18-Wahl als nicht repräsentative Meinungsumfrage zu verstehen

Insgesamt findet die U18-Wahl in Chemnitz fünf Tage lang in 13 Wahllokalen statt. Bislang ist Koordinatorin Katharina Humenda mit der Resonanz zufrieden. Die Wahl sei nicht als Wahl, sondern als nicht repräsentative Meinungsumfrage zu verstehen. "Uns ist wichtig, diesen Teilhabegedanken, Prozedere, Prozess des Wählens normalisieren, zu zeigen und darüber aufzuklären", sagt sie. "Und vor allen Dingen ist es Anlass zu nutzen, über politische Themen zu sprechen und Jugendthemen in der Politik zu besprechen."

Wählen am Freibad in Schmölln

Doch nicht nur in den sächsischen Großstädten können die Jugendlichen an der U18-Wahl teilnehmen. So ist zum Beispiel Sozialarbeiterin Candy Winter vom Valtenbergwichtel e.V. mit einem mobilen Wahllokal im Bautzener Oberland unterwegs. Am Dienstag machte sie am Freibad in Schmölln Station und lud die Jugendlichen zum Wählen ein.

U18-Wahl in Schmölln

In Schmölln schaute unter anderem Hannah (l.) am Wahlstand von Candy Winter vorbei.

Auch wenn die Resonanz eher verhalten war, ist die Sozialarbeiterin zufrieden. "Es ist wichtig, dass es das gibt, weil man den Wert von Demokratie und Beteiligung früh lernen muss", sagt Winter. Die jungen Leute würden viele Fragen stellen und auch dafür wären die Wahlbüros der U18-Wahl da.

Jugend eine Stimme verschaffen

Neben der U18-Wahl konnten die Wahlberechtigten in Schmölln auch die Jugendvertretung für den Ort wählen.

Candy Winter begleitet so eine Jugendvertretung schon mehrere Jahre in Neukirch und kann von positiven Auswirkungen berichten. "Wenn man den Jugendlichen etwas Spielraum lässt, kommen da auch Ideen und konkrete Projekte zustande", sagt sie. In Neukirch hätten sie zum Beispiel an einer Anfrage zur Straßenquerung zu einem Spielplatz mitgewirkt. Es gehe darum, der Jugend vor Ort eine Stimme zu verschaffen.

U18-Wahl in Schmölln

Erstmals gab es in Schmölln die Möglichkeit, eine Jugendvertretung zu wählen.

Freibadbesucherin Ina Schäfer bleibt interessiert am Stand stehen. Ihre Kinder sind 15 und 17 Jahre alt und sie findet es gut, dass sich die Jugendlichen am Wahlbüro mit dem Thema auseinandersetzen können. Zuhause will sie ihren Söhnen davon berichten und sie ermuntern, sich zu beteiligen.