Umgebindehaus

Sachsen Umgebindehäuser ab 5.000 Euro: Lohnt sich der Kauf?

Stand: 31.08.2024 07:30 Uhr

Am Dienstag kommen in Dresden drei Oberlausitzer Umgebindehäuser unter den Hammer. Das günstigste wird mit einem Startpreis von 5.000 Euro versteigert. Das Haus mit 150 Quadratmetern geschätzter Wohnfläche und kleinem Garten könnte zum Schnäppchenpreis den Eigentümer wechseln. Allerdings ist es stark sanierungsbedürftig. Lohnt sich der Kauf?

Von Jörg Winterbauer, MDR SACHSEN

Wenn man das Umgebindehaus in Hirschfelde in der Straße Am Angel betritt, schlägt einem feuchte Luft und ein säuerlich-muffiger Geruch entgegen. Die Wände sind teils feucht und schimmelig, Spinnenweben hängen von der Treppe.

Doch einige Räume wirken relativ gut erhalten: In der Wohnstube steht noch das alte Mobiliar. Eine hölzerne Standuhr ist um kurz nach drei Uhr Stehen geblieben. Auf dem Tisch steht eine Keramik-Teekanne und einige Tassen, als wolle hier gleich jemand zu Kaffee und Kuchen einladen. Die Plastikpflanzen auf der Fensterbank wirken auf den ersten Blick so, das man meinen könnte, hier würden noch täglich die Blumen gegossen.

Umgebindehaus

In einigen Räumen steht noch das alte Mobiliar. Der neue Eigentümer erhält es mit dem Haus.

Haus steht seit Monaten leer

Dabei steht das Haus schon über ein Jahr leer, berichtet Stefan Thielicke, der Sachbearbeiter der Sächsische Grundstücksauktionen AG, die die Auktion durchführt. Eine alte Dame habe hier mit ihrer erwachsenen Tochter gewohnt. Als die Mutter starb, sei die Tochter ausgezogen. Nun wolle sie das Haus verkaufen.

Im Obergeschoss wirkt der Zustand deutlich besser: Es ist weniger feucht und viel sauberer. Ein kleiner Raum mit antiken Möbeln ist so gut erhalten, als wäre er Teil eines Museums. Die gesamte Einrichtung kommt am Dienstag mit unter dem Hammer.

Umgebindehaus

Einer der Räume im Obergeschoss ist augenscheinlich in gutem Zustand.

Haus ist "komplett sanierungsbedürftig"

Für welche Summe das Objekt letzlich versteigert wird, "ist schwer abzuschätzen", sagt Thielicke, "aber ich denke mal, dass wir, wenn geboten wird, irgendwo unter 20.000 Euro bleiben." Sachbearbeiter Thielicke betont aber: "Das Haus ist komplett sanierungsbedürftig. Vom Erdboden bis zum Dach muss eigentlich alles gemacht werden."

Vor allem in der unteren linken Stube des Doppelstubenumgebindehauses sei viel zu tun, "weil es dort auch schon einen Schädlingsbefall gibt". Um welchen Schädling es sich handelt, das müsse der Kunde selber prüfen lassen, "aber augenscheinlich ist hier ein Schwammbefall vorhanden".

Umgebindehaus

2021 seien vergleichbare Häuser deutlich teurer verkauft worden, sagt Sachbearbeiter Stefan Thielicke.

Was ist ein Umgebindehaus?

Beim Umgebindehaus wird eine Stützkonstruktion um einen Baukörper, die Blockstube, errichtet. Diese Stützkonstruktion entlastet die Blockstube von der Last des Daches und gegebenenfalls des Obergeschosses. Die Blockstube steht als selbstständig gezimmerter Kasten im Gebäude. Sie wird aus waagerecht übereinander geschichteten Holzbohlen oder -blöcken errichtet. Ein Doppelstubenumgebindehaus hat statt einer zwei Blockstuben.

Hohe Kosten für die Sanierung

Auf den Käufer kommen also hohe Kosten zu, will er das Haus wieder in Schuss bringen. Wie viel? "Das kommt auch auf die einzelne Person an, was die für einen Standard will. Aber man braucht bei denkmalgeschützten Objekten locker um die 2.000 Euro auf den Quadratmeter aufwärts", schätzt Thielicke die Kosten grob ein. Bei den rund 150 Quadratmetern, die das Haus nach Schätzung der Auktionsgesellschaft hat, käme man also auf mindestens 300.000 Euro.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Arnd Matthes von der Stiftung Umgebindehaus. Er berät Kaufinteressenten vor dem Kauf sowie Eigentümer bei der Sanierung. Ohne in dem Haus gewesen zu sein, könne er die Kosten nicht genau abschätzen. Aber ein Umgebindehaus dieser Größe zu sanieren, könne je nach Zustand und Anspruch an das Ergebnis zwischen 300.000 bis 500.000 Euro kosten. "Vor ein paar Jahren war das anders, da konnte man noch für 250.000 Euro ein Haus sanieren", sagt er. Wer handwerklich begabt ist und viel selber macht, könne allerdings viel sparen.

Nachfrage hat nachgelassen

Dass die Baukosten gestiegen sind, sei auch einer der Gründe, warum die Nachfrage nach Umgebindehäusern seit der Pandemie nachgelassen habe. Thielicke nennt als Grund auch die gestiegenen Zinsen. "2021 wären wir bei so einem Haus vielleicht mit 19.000 reingegangen. Es wäre dann auf 50.000 bis 75.000 Euro hochgegangen", vermutet er.

Wer den Kauf eines Umgebindehauses in Erwägung zieht, sollte einige Dinge beachten, rät Matthes: Besonders genau solle man überprüfen, ob Schädlinge im Holz der Dachkonstruktion sind. "Wenn man einen geschädigten Dachstuhl übernimmt, sind 50.000 Euro weg." Wichtig sei auch, dass das Dach dicht ist.

Ein Mann mit einem Holzhammer arbeitet an einer Lehmwand.

Arnd Matthes von der Stiftung Umgebindehaus berät Eigentümer, die ein Umgebindehaus sanieren wollen.

Außerdem solle man auf den Zustand der Säulen der Umgebindekonstruktion achten und auf die Lage: Es sollte nicht zu nah an einem Wasserlauf liegen, wegen der Überschwemmungsgefahr. Die Lage des Hirschfelder Hauses sei gut, weil es nicht direkt am Wasser liegt. Überhaupt habe es ihm das Haus den Bildern und Videoaufnahmen nach angetan. "Da würde ich gern bauberatend mit dem neuen Eigentümer zusammenkommen", sagt er.

Umgebindehaus

Im Zittauer Ortsteil Dittelsdorf steht ein großes, freistehendes Umgebindehaus zum Verkauf.

Zwei weitere Auktionen am Dienstag

Am Dienstag versteigert die Sächsische Grundstücksauktionen AG noch zwei weitere Umgebindehäuser: Eines steht in Dittelsdorf, das zu Hirschfelde* gehört. Es ist ein freistehendes Umgebindehaus von rund 360 Quadratmetern mit fünf Wohneinheiten und großem Grundstück. "Das Haus ist in den Neunzigerjahren saniert worden", sagt Thielicke. "Es hat aber Feuchtigkeitsschäden."

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In Rosenthal (Hirschfelde) steht ein weiteres sanierungsbedürftiges Umgebindehaus zum Verkauf.

Und ein weiteres Versteigerungsobjekt steht in Rosenthal, einem Ort der zu ebenfalls Hirschfelde gehört. Auch dieses Gebäude muss grundlegend saniert werden. Dass sich die Arbeit lohnen kann, sieht man in dem Nachbarhaus, das liebevoll hergerichtet wurde.

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Ein Umgebindehaus zu sanieren, sei etwas für Enthusiasten, sagt Dietmar Marka.

Dort wohnt Dietmar Marka mit seiner Frau. Sie hätten das Haus 1988 in einem deutlich besseren Zustand gekauft als das nun nebenan zum Verkauf stehende. Und trotzdem habe er richtig viel Arbeit reingesteckt. Jetzt, in Rente, habe er endlich Zeit, alles anzugehen, was er vorher nicht geschafft habe. Ein Gerüst an dem Gebäude zeugt von den Arbeiten. "Wer sich nicht mit dem Thema befasst, sollte die Finger davon lassen", rät Marka. Er blickt skeptisch auf das Nachbarhaus: "Man muss Enthusiast sein, wenn man so etwas macht."

*Die ehemals selbstständige Gemeinde Hirschfelde wurde mit ihren Ortsteilen 2007 in die Stadt Zittau eingegliedert.