Ein Feuerwehrmann in Uniform steht auf einem niedergebrannten Waldstück.

Sachsen Neue Sensoren, neue Pilzart - die Sächsische Schweiz zwei Jahre nach dem großen Feuer

Stand: 25.07.2024 19:44 Uhr

In der Sächsischen Schweiz soll neue Technik helfen, Waldbrände zu vermeiden. Denn: Die Region hat vor zwei Jahren leidvolle Erfahrungen machen müssen. Ausgehend von Tschechien hatte ein Brand nach Sachsen übergegriffen. Die juristische Aufarbeitung läuft. Die Waldbrandprävention auch.

Von MDR SACHSEN

"Es wird nicht mehr so sein wie vorher", sagte der Sprecher der Nationalpark- und Forstverwaltung Sächsische Schweiz, Hanspeter Mayr, bei der Begehung der ehemaligen Waldbrandflächen. Der von Fichten dominierte Forst sei an dieser Stelle Geschichte. Seit dem Brand hätten Forschende alle vier Wochen das Gelände untersucht und das Wachstum der Pflanzen dokumentiert.

Man habe Insektenfallen installiert, um die Wiederbesiedlung der Brandfläche zu erkunden. Tatsächlich wurde eine Pilzart gefunden, die zuvor an dieser Stelle nie nachgewiesen wurde. Und auch in der hiesigen Tierwelt gibt es nun einen Neuling: Der Schwarze Kiefernprachtkäfer sucht als Spezialist frisch verbrannte Bäume auf, um seine Eier in verkohlter Rinde abzulegen.

Neue Schutzkonzepte: Zwei Jahre nach Waldbrand in der Sächsischen Schweiz

Auf einer anderen Brandfläche im Nationalpark konnten die Experten schon sehen, wie sich aus einer Fichten-Monokultur ein Mischwald unter anderem mit Buchen, Eichen und Ebereschen entwickelte. Die Birke gelte als Pionierbaum und kann schnell kahle Stellen besiedeln, weil ihre Samen die besten Flugeigenschaften haben und sich so gut ausbreiten können.

Birke geht als Siegerin aus Waldbrand hervor

Auch Tiere wie Eichhörnchen und Eichelhäher helfen dabei. Wenn eine Brandfläche sich allein durch die Kraft der Natur wiederbelebt, findet ein regelrechter Verdrängungswettbewerb statt. Die Birke ist auf der früheren Brandfläche klar im Vorteil. "Sie hat jetzt all das Licht für sich allein und kann andere Arten verdrängen", berichtete Mayr. Er hofft, dass auch noch ein paar Buchen weiterwachsen, die den Brand am Rand knapp überlebten.

Hanspeter Mayr, Öffentlichkeitsarbeit Sachsenforst, misst auf einer Waldbrandfläche im Nationalpark Sächsische Schweiz die Höhe einer Birke mit einem Zollstock.

Hanspeter Mayr misst auf einer Waldbrandfläche im Nationalpark Sächsische Schweiz die Höhe einer Birke mit einem Zollstock.

Selbstheilung des Waldes als große Chance

"Wären wir hier in einem Wirtschaftswald, hätte man möglicherweise schnell aufgeforstet und hätte die tolle Entwicklung der Birken gar nicht wahrnehmen können. Auf die Selbstheilungskräfte der Natur zu vertrauen, ist ja gerade das Alleinstellungsmerkmal aller Nationalparke", betonte Mayr die Chancen der Regeneration.

Auch Nationalpark-Chef Uwe Borrmeister zeigte sich angetan: "Es gibt uns sehr viel Zuversicht, dass sich der Wald auf den Brandflächen so intensiv regeneriert und unsere Forschenden so viele spezialisierte Insekten- und Pilzarten im Nationalpark feststellen können."

Blick von einem neuen Lehrpfad auf eine Waldbrandfläche im Nationalpark Sächsische Schweiz.

Verkohlte Baumstämme zeugen noch vom verheerenden Brand vor zwei Jahren.

Auf die Selbstheilungskräfte der Natur zu vertrauen, ist ja gerade das Alleinstellungsmerkmal aller Nationalparke. Hanspeter Mayr | Sprecher Nationalpark- und Forstverwaltung Sächsische Schweiz

Verschiedene Präventionsprojekte

Gleichzeitig wurde Kraft in die Brandprävention gesteckt: Im vergangenen Jahr errichteten die Städte Bad Schandau, Hohnstein und Sebnitz im Nationalpark sieben neue Löschwasserbehälter mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 500.000 Litern. Die Nationalpark- und Forstverwaltung von Sachsenforst beschaffte zudem drei mobile Löschwasserbehälter mit einem Volumen von je 20.000 Litern. Sie liegen wie riesige Kissen an Stellen, in denen in den vergangenen Jahren besonders viele Brände entstanden. Im vergangenen Winter wurden zudem 21 Einsatzwege auf einer Länge von 53 Kilometern nach den Vorgaben des neuen Waldbrandschutzgesetzes ertüchtigt.

Eine Sachsenforst-Mitarbeiterin steht auf einem neuen Lehrpfad, der durch eine Waldbrandfläche im Nationalpark Sächsische Schweiz führt.

Ein neuer Lehrpfad führt durch eine ehemalige Waldbrandfläche. Die Natur erobert sich den Lebensraum zurück.

Sensoren und Drohne sollen schützen

In einem aktuellen Pilotprojekt messen zusätzlich 30 Sensoren in unwegsamen Gelände permanent die Luftzusammensetzung und geben Alarm, wenn Rauchgase erkannt werden. So können, wenn die Pläne aufgehen, entstehende Brände in entlegenen Regionen schnell entdeckt und noch im Entstehen bekämpft werden. Auch eine Drohne zur Erkundung von Brandherden steht zur Verfügung.

Eine Hand hält auf einer Waldbrandfläche im Nationalpark Sächsische Schweiz eine Wärmebildkamera.

Diese Wärmebildkamera fungiert als Sensor zur Waldbrandfrüherkennung.

Minister Günther: Schwerer Schlag für Region

"Die Waldbrände vor zwei Jahren waren ein schwerer Schlag für die Menschen in der Region, für den Tourismus und für die Natur. Der Freistaat und die Nationalparkverwaltung haben reagiert und intensiv ins Thema Waldbrandprävention investiert", sagt der sächsische Forstminister Wolfram Günther (Grüne) und verweist zugleich auf die Ursache der meisten Feuer. "So gut wie alle Waldbrände werden von Menschen ausgelöst. Es braucht keinen Vorsatz: Schon eine unachtsam weggeworfene Zigarettenkippe kann zu verheerenden Bränden führen. Deshalb muss hier immer wieder sensibilisiert und aufgeklärt werden."

Ein Mann in einem hellblauem Hemd gibt ein Interview

Sachsens Umweltminister Günther hält Aufklärung zur Verhinderung von Waldbränden für unerlässlich. (Archivbild)

Hintergrund zum damaligen Waldbrand (zum Ausklappen):

Die Nutzung neuer Technik und die Schaffung mehrerer Wasserreservoirs in gefährdeten Gebieten des Nationalparks ist die Konsequenz aus dem verheerenden Waldbrand vor zwei Jahren. Am 25. Juli 2022 war ein Feuer vom Nationalpark Böhmische Schweiz auf die Sächsische Schweiz übergesprungen und hatte hier auf einer Fläche von 110 Hektar gewütet.

Gut dreieinhalb Wochen waren Hunderte Feuerwehrleute auch aus anderen Teilen Sachsens und Deutschlands mit den Löscharbeiten beschäftigt. Die Bundeswehr half mit Hubschraubern aus, die Wasser aus der Elbe in das Brandgebiet brachten. Sachsen hatte nachher mit diversen Maßnahmen Vorsorge getroffen.

MDR (sme)/dpa