Vermummte Polizist*innen führen ein Gruppe Leute ab.

Nach Razzia AfD schließt mutmaßliche Terroristen aus

Stand: 07.11.2024 09:14 Uhr

Nach der Zerschlagung der mutmaßlich rechtsextremistischen Gruppe "Sächsische Separatisten" will die AfD jene Mitglieder ausschließen, die sich dort engagiert haben sollen. Der Landesverband Sachsen hat schon reagiert, der Bundesverband hat eine Sondersitzung einberufen. Unterdessen wurden die Haftbefehle gegen sechs Beschuldigte in Vollzug gesetzt.

Von MDR SACHSEN

Die AfD will drei Parteimitglieder wegen ihrer möglichen Verbindung zur mutmaßlichen Terrorgruppe "Sächsische Separatisten" ausschließen. Wie der Landesverband am Mittwoch mitteilte, hat sich der sächsische Landesvorstand einstimmig dafür ausgesprochen. Den Beschuldigten Kurt H., Hans-Georg P. und Kevin R. sollen sofort alle Mitgliedsrechte entzogen werden. AfD-Landesvorsitzender Jörg Urban erklärte: "Die AfD lehnt jegliche Form von Gewalt in der politischen Auseinandersetzung ab. Auch Vorbereitungen auf mögliche Gewalttaten oder Umstürze sind inakzeptabel."

Der Sächsische Landtagspräsident Alexander Dierks sprach am Mittwoch davon, dass es ein ernstes Problem mit gewaltbereiten Rechtsextremisten gibt. Dierks erklärte, dass über Parteigrenzen hinweg völlig klar sein müsse, dass Menschenwürde, Gewaltfreiheit und demokratische Spielregeln niemals verhandelbar seien. "Abgeordnete müssen Vorbild in der demokratischen Auseinandersetzung sein. Diese Haltung erwarte ich von allen Mitgliedern des Sächsischen Landtags zum Schutz der Würde und Integrität des Parlaments".

Sonderkonferenz des AfD-Bundesvorstand

Auch die AfD-Bundesspitze drängt auf einen Parteiausschluss der "von den Maßnahmen des Generalbundesanwalts betroffenen Mitglieder". Einer Mitteilung der Partei zufolge haben die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla eine Sondertelefonkonferenz des Bundesvorstands für Mittwoch einberufen. Einziges Thema war der Ausschluss möglicher Mitglieder der "Sächsischen Separatisten" wegen "erheblichen Verstoßes gegen die Grundsätze und Ordnung unserer Partei".

Es soll ein Beschlussantrag zum Parteiausschluss beim zuständigen Landesschiedsgericht gestellt werden. Weiterhin heißt es von der Bundespartei, dass die Beschuldigten "bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts mit sofortiger Wirkung von der Ausübung ihrer gesamten Mitgliedsrechte ausgeschlossen werden."

Sächsische Separatisten planten Umsturz

Am Dienstag haben Ermittler eine mutmaßlich rechtsextremistische Gruppierung in Sachsen zerschlagen und acht junge Männer festgenommen. Sie sollen für den Häuserkampf trainiert und Pläne geschmiedet haben, nach einem Umsturz aus ihrer Sicht unerwünschte Menschen "zu entfernen". Neben Durchsuchungen in Deutschland gab es auch Einsätze in Polen und Österreich. Gegen sechs der Beschuldigten wurden Haftbefehle erlassen. Der in Polen festgenommenen Jörg S. soll nach seiner Überstellung nach Deutschland dem Ermittlungsrichter vorgeführt werden. Gegen sieben weitere Personen laufen Ermittlungen.

AfD-Landtagsmitarbeiter Hättasch gekündigt

Unter den Festgenommenen befindet sich auch der AfD-Stadtrat Kurt Hättasch aus Grimma. Er hatte im Landtagsbüro des AfD-Landtagsabgeordneten Alexander Wiesner gearbeitet. Wiesner habe ihm sofort nach Bekanntwerden der Festnahme gekündigt, teilte ein Sprecher der AfD-Landtagsfraktion auf Anfrage mit. Der Mann hatte laut einer Mitteilung des Landtags keinen Hausausweis für das Parlament und keinen unkontrollierten Zugang zum Parlamentsgebäude.

Hättasch im Krankenhaus und nicht transportfähig

Kurt Hättasch befindet sich wegen seiner bei der Festnahme zugezogenen Verletzungen am Kiefer in einem Leipziger Krankenhaus. Nach MDR-Informationen ist er nicht transportfähig und liegt auf einer Intensivstation. Er ist nach Kenntnis der Deutschen Presse-Agentur Jäger und besitzt, ebenso wie ein zweiter Beschuldigter, eine waffenrechtliche Erlaubnis. Laut dpa-Informationen wurden bei den Durchsuchungen am Dienstag auch nicht registrierte Waffen und Munition gefunden.

Experten sind wenig überrascht

Der Rechtsextremismusforscher Volkmar Wölk ist über die neue rechtsterroristische Gruppe nicht überrascht, für ihn sei es eine Gruppe von vielen: "Ich kann gar nicht mehr zählen, die wievielte Terrorgruppe das inzwischen hier in Sachsen ist: NSU, Oldschool Society, Revolution Chemnitz, die Gruppe Freital und die Reihe nimmt schier noch kein Ende."

Der Experte aus Grimma kritisiert, dass die sächsische Behörden bei dem Einsatz gegen die "Sächsischen Separatisten" wenn überhaupt, nur als Hilfskräfte beschäftigt gewesen seien. "Also wir können uns da auf keinen Fall ausruhen und sagen, dass die alle auffliegen."

Auch für Rechtsextremismusforscher Oliver Decker aus Leipzig ist es wenig überraschend, dass wieder eine rechtsterroristische Gruppe aus Sachsen aufgedeckt wurde. Für den Forscher hat der Einsatz allerdings nochmal gezeigt, was für enge Verbindungen von solchen Neo-NS-Gruppierungen zu der AfD bestehen.

Decker zufolge hat die AfD viele Mitglieder, die aus der Neonaziszene kommen und jetzt politische Ämter bekleiden: "Man kann deshalb sagen, der AfD ist gelungen, was die NPD strategisch angestrebt hat: Sie konnte die Brücke zwischen der Straße und dem Wohnzimmer bauen, zwischen den völkisch-nationalsozialistischen, gewaltbereiten Gruppierungen und dem bürgerlich-nationalistischen Milieu."

MDR (lev)/Reuters/dpa

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR Sachsenspiegel am 06. November 2024 um 19:00 Uhr.