
Sachsen-Anhalt Clubs und Diskotheken wollen Vergnügungssteuer abschaffen
Die Club- und Veranstaltungsszene ist ein bedeutender Teil städtischer Kulturlandschaft. Doch die wirtschaftlichen und strukturellen Umstände stellen die Betreiber vielerorts vor Herausforderungen. Die sogenannte Vergnügungssteuer auf Tanzveranstaltungen stellt dabei eine zusätzliche Belastung dar. In Halle möchte nun der Verein Netzwerk Musikveranstaltende die Steuer abschaffen, um so die Clubs zu entlasten.
- Halles Clubs fordern die Abschaffung der sie belastenden Vergnügungssteuer, die gleichzeitig kaum Geld in die Stadtkasse spült.
- Die Clubs werden damit besteuert, weil sie formal nicht als Kulturorte gewertet werden.
- Aus dem Rathaus gab es bereits positive Signale in Bezug auf die Abschaffung der Besteuerung.
In Halle will das Netzwerk Musikveranstaltende erwirken, dass Clubs und Diskotheken keine Vergnügungssteuer mehr zahlen müssen. Dafür hat der Verein eine Kampagne gestartet. Es gehe darum, die Kultur in der Stadt zu stärken, sagte Max König, ein Koordinator des Netzwerks, MDR KULTUR. Die Steuer belaste die ohnehin angespannte Lage der Clubs.
Vergnügungssteuer andernorts bereits abgeschafft
Die Vergnügungssteuer ist eine kommunale Steuer, die von Bordellen, Spielotheken und mancherorts auch von Clubs und Diskotheken gezahlt wird. Die Höhe der Abgabe bemisst sich an einer Pauschale und der Größe der Tanzfläche. Während einige Städte wie Schwerin und Braunschweig die Steuer auf Tanzveranstaltungen bereits abgeschafft haben, müssen Clubs in Halle weiterhin zahlen.
Es geht darum, die Kultur in der Stadt zu stärken. Max König, Netzwerk Musikveranstaltende Halle |

Die Stadt Halle erhebt die Steuer auf "Vergnügungsstätten" wie Spielotheken, Bordelle und Clubs.
Auf Anfrage von MDR KULTUR teilte die Stadtverwaltung Halle schriftlich mit, dass sich die gesamten Einnahmen durch die Vergnügungssteuer auf knapp 1,6 Millionen Euro belaufen. Mit knapp 7.700 Euro machen die Einnahmen durch die Clubs dabei einen geringen Teil aus.
Clubs gelten formal nicht als Kulturorte
Clubs und Diskotheken seien zahlungspflichtig, da sie baurechtlich als Vergnügungsstätten und nicht als kulturelle Orte definiert werden, so die Stadt. Der Verein Netzwerk Musikveranstaltende Halle kritisiert diese Einstufung, da sie Clubs auf eine steuerliche Stufe mit Bordellen und Spielotheken stellt.
Clubs und Diskotheken seien kulturelle Orte mit kuratiertem Programm, sagte Max König vom Netzwerk Musikveranstaltende Halle MDR KULTUR. Neben Tanzveranstaltung gebe es vielerorts politische Veranstaltungen, Poetry Slams oder Livekonzerte. Die Einstufung von Clubs als reine Vergnügungsstätten sei unfair.
Netzwerk Musikveranstaltende Halle informiert auf Instagram
Auf dem Instagramkanal der Interessenvertretung informiert Max König in kurzen Videos über die Vergnügungssteuer und wie sie sich auf die Clubs der Stadt auswirkt. Zusätzlich wird durch einen Podcast und eine Radiosendung im Lokalradio Corax eingehend über das Thema berichtet.
Der Verwaltungsaufwand sei mit den Einnahmen durch die Vergnügungssteuer nicht zu rechtfertigen, so König. Er kritisierte die hohe Bürokratie für Verwaltung und Clubbetreiber und zeigte sich zuversichtlich, dass die Vergnügungssteuer auf Tanzveranstaltungen noch in diesem Jahr abgeschafft wird.

Max König berichtet auf Social Media über die Anliegen der Musikveranstalter.
Positive Aussichten: Gespräche mit dem Stadtrat Halle
Die Bemühungen der Kampagne scheinen Früchte zu tragen: Bereits Ende Januar verkündete Halles frisch gewählter Oberbürgermeister Alexander Vogt auf einer Wahlkampfveranstaltung, die Vergnügungssteuer auf Tanzveranstaltungen abschaffen zu wollen. Denn der administrative Aufwand für die Verwaltung sei höher als der tatsächliche Nutzen, so der parteiunabhängige Politiker.

Halles Oberbürgermeister Alexander Vogt (parteilos, früher CDU) sprach sich für eine Abschaffung der Steuer auf Clubs aus.
Für eine Reform der Vergnügungssteuer brauche es einen entsprechenden Beschluss des Stadtrats. Dafür hat der Verein Netzwerk Musikveranstaltende Halle bereits Kontakt zu verschiedenen Fraktionen aufgenommen.
Clubs in Mitteldeutschland stehen unter Druck
Aktuell stehen viele Clubs und Diskotheken vor Herausforderungen. Steigende Betriebskosten, Sicherheitsauflagen und Lärmschutzvorgaben sorgen dafür, dass einige Betreiber um ihre Existenz bangen.
Matthias Golinski, Betreiber des Clubs Drushba in Halle, sagte MDR KULTUR, dass sich seine Besucherzahlen seit der Corona-Pandemie halbiert hätten. Ein Club könne unter diesen Bedingungen und ohne Unterstützung nicht auf Dauer funktionieren, so der Unternehmer.

Matthias Golinski betreibt seit 2012 den Club Drushba in Halle. Er meint, Clubbetriebe stehen aktuell vor großen Herausforderungen.
Unter diesen Bedingungen kann ein Club ohne Unterstützung nicht auf Dauer funktionieren. Matthias Golinski, Club Drushba |
Die Folgen sind bereits bemerkbar. In Halle mussten die "Schorre" und das "Flower 2.0" schließen. In Leipzig schloss Ende 2024 der renommierte Technoclub "IfZ" seine Türen, der Leipziger Club "DUQO" (ehemals "Mjut") kündigte die Einstellung des Betriebs zu Ende März an. In Jena fiel der "Med-Club" dem Clubsterben zum Opfer.
Ein bundesweiter Hilferuf der Clubszene veranlasste den Deutschen Bundestag 2021 dazu, durch einen Entschließungsantrag die Kommunen aufzufordern, die Anliegen der Clubs wahrzunehmen und sie zu entlasten. Darin heißt es unter anderem, Clubs und Livespielstätten mit nachweisbarem kulturellen Bezug sollen nicht mehr als Vergnügungsstätten, sondern als Anlagen für kulturelle Zwecke definiert werden.
redaktionelle Bearbeitung: sg, lk