Sachsen-Anhalt Gutshaus Grieben: Geplanter Verkauf an privaten Investor gescheitert
Das Gutshaus in Grieben sollte an einen privaten Investor verkauft werden. Der Interessent wollte das Anwesen nach eigenen Angaben zu einem Anziehungspunkt für Einheimische und Touristen machen. Doch aus dem Verkauf wird nichts: Kommunalaufsicht und Landesverwaltungsamt sagen, bei der Ausschreibung sei nicht alles richtig gelaufen. Griebens Bürgermeisterin Rita Platte ist enttäuscht.
- Mit dem geplanten Verkauf des Gutshauses Grieben hätte Tangerhütte gegen Europa- und Kommunalrecht verstoßen, sagt das Landesverwaltungsamt.
- Für den Kauf hatte es lediglich einen Interessenten gegeben.
- Manche Griebener sind erleichtert, dass der Verkauf des Gutshauses vorerst nicht klappt.
Der Beschluss zum Verkauf des Gutshauses in Grieben an einen privaten Investor sei mit großer Mehrheit im Stadtrat gefasst worden, sagt Tangerhüttes Bürgermeister Andreas Brohm (parteilos) MDR SACHSEN-ANHALT. Das Verfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Doch die Kommunalaufsicht des Landkreises und auch das Landesverwaltungsamt sehen das anders. Mit dem Verfahren hätte Tangerhütte gegen europarechtliche und kommunalrechtliche Vorschriften verstoßen, heißt es aus dem Landesverwaltungsamt. Das Griebener Anwesen sei so groß und die Nutzungsmöglichkeiten so vielfältig, dass davon ausgegangen werden müsse, dass es mehr Interessenten gegeben hätte als nur den einen. Man hätte die Immobilie deshalb landkreisweit, möglicherweise sogar deutschlandweit anbieten und die Ausschreibung länger als zwei Wochen laufen lassen müssen.
Grieben ist ein Ortsteil von Tangerhütte. Der Bürgermeister der Stadt, Andreas Brohm, meint: Das Verfahren lief richtig ab.
Einziger Bewerber will alten Familiensitz wiederhaben
Der Tangerhütter Weg war ein anderer: Der beabsichtigte Verkauf war Thema einer kurzen Zeitungsmeldung und unter "Grundstücksangelegenheiten" auf der Tagesordnung von Hauptausschuss und Stadtrat aufgetaucht. Einziger Bewerber war dann Christian von Itzenplitz.
Sein Interesse ist klar: Er will den alten Familienstammsitz wiederhaben. Familie von Itzenplitz war seit dem zwölften Jahrhundert in Grieben gewesen, wurde aber nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet und vertrieben. Kurz nach der Wende kam die Familie zurück nach Grieben, baute sich einen alten Kossatenhof aus und betreibt von dort aus Forstwirtschaft.
Das Gutshaus ist inzwischen ziemlich heruntergekommen, für eine Sanierung hatte die Kommune kein Geld. Und so wäre die Kommunalpolitik froh gewesen, es an die alten Griebener loszuwerden. Christian von Itzenplitz wollte mit Frau und vier Kindern in das Gutshaus einziehen – dafür hätten fünf Mietparteien ausziehen müssen – und er wollte in dem Gutshaus so genannte Working Spaces einrichten, also Büros und Übernachtungsmöglichkeiten für Menschen, die samt ihrer Arbeit einfach mal rauswollen.
Am Gutshaus Grieben gibt es 45.000 Quadratmeter denkmalgeschützten Park. (Archivbild)
Gutspark sollte Itzenplitz zufolge belebt werden
Den Gutspark wollte von Itzenplitz öffnen für Kultur und Tourismus. Hinter seinem Konzept stand die Mehrheit des Stadtrates, allen voran Griebens Bürgermeisterin Rita Platte. Die ist nach der Entscheidung der Behörden ziemlich enttäuscht, spricht von vertanen Chancen. Früher hätte es Ermessensspielräume gegeben, die die Politiker und Bürger vor Ort bei solchen Entscheidungen gehabt hätten, sagte Platte MDR SACHSEN-ANHALT. Heutzutage werde alles "rein nach Buchstaben" beurteilt. So werde der ländliche Raum kaputt gemacht.
Sie hätte sich, so Platte, über die "ortsverbundenen Investitionen" gefreut. Man solle sich doch in der Altmark umschauen: Das Alte Schloss in Tangerhütte wechselte mehrfach den Besitzer, doch noch immer ist es ungenutzt und nur in Teilen saniert. Oder Stendal-Süd: Private Eigentümer lassen die Plattenbauten und damit den gesamten Stadtteil verkommen.
Anwohner fürchteten, den Park nicht mehr nutzen zu dürfen
In Grieben gibt es aber auch etliche Bürger, die vor allem um den Gutspark Angst haben. Angst davor, dass die Öffentlichkeit ausgesperrt wird. Denn wenn das Ensemble erstmal verkauft ist, könnte der neue Eigentümer Türen und Tore dicht machen. Dann wäre der denkmalgeschützte romantische Park mit seinen 4,8 Hektar Fläche und einem beeindruckenden Baumbestand für die Öffentlichkeit tabu. Deshalb sind manche Griebener erstmal erleichtert, dass der Verkauf nicht zustande kommt. Sie überlegen, einen Verein zu gründen, der sich um den Park kümmert.
Der Fall Grieben ist nicht der einzige Immobilien-Verkauf in Sachsen-Anhalt, der gegen Kommunal- und Europarecht verstieß. Vom Landesverwaltungsamt heißt es, in der Vergangenheit habe es vielfach fehlerhafte Vorgänge gegeben. Aufgrund der Häufigkeit dieser Verstöße habe man bereits 2019 eine Rundverfügung gefertigt, um solche Fehler zu vermeiden. Auch in Dienstberatungen mit den unteren Kommunalaufsichtsbehörden sei das Thema immer wieder aufgegriffen worden. Dennoch gebe es auch heute noch immer wieder Probleme mit dem Verkauf kommunaler Immobilien.
MDR (Katharina Häckl, Kalina Bunk)