Dr. Bernd Wiegand Oberbürgermeister Halle (Saale)

Sachsen-Anhalt "Konsequenter Schritt": Halles Stadtrat reagiert auf Rücktritt von Oberbürgermeister Wiegand

Stand: 20.07.2024 10:44 Uhr

In Halle wird demnächst vorzeitig ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Der Grund: Der suspendierte Oberbürgermeister Bernd Wiegand will sich Ende August in den Ruhestand versetzen lassen. Seine Amtszeit würde eigentlich noch bis 2026 gehen. Das sei ein konsequenter Schritt, heißt es aus dem Stadtrat.

Von MDR SACHSEN-ANHALT

Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand will sich zum 31. August in den Ruhestand versetzen lassen. Wiegand hat ein entsprechendes Schreiben an den Stadtratsvorsitzenden, Jan Riedel, geschickt. Der Brief liegt MDR SACHSEN-ANHALT vor. Zunächst hatte die Bild-Zeitung darüber berichtet. Wiegand selbst war für eine Stellungnahme bisher nicht zu erreichen.

Rücktritt bedeutet neue Oberbürgermeister-Wahl in Halle

Wiegands Wunsch bedeutet für Halle nun eine vorgezogene OB-Wahl, denn seine Amtszeit ginge eigentlich noch bis 2026. Die Stadt Halle bestätigte am Donnerstag, dass sie eine Neuwahl vorbereitet. Diese müsse spätestens sechs Monate nach Freiwerden der Stelle erfolgen.

Stimmen aus dem Stadtrat: "Konsequenter Schritt"

Der Stadtratsvorsitzende von Halle, Jan Riedel (CDU), sagte MDR SACHSEN-ANHALT, der Rücktritt sei ein guter Schritt für die Stadt, die durch die Suspendierung drei Jahre lang keine gewählte Stadtspitze gehabt habe. Katja Müller (Die Linke) sagte, Wiegand mache nun den Weg frei, "um diese Hängepartie in der Stadt zu beenden".

Andreas Wels (Hauptsache Halle) erklärte, er sehe Wiegands Rücktritt als konsequenten Schritt an, den er aber auch bedauere. Wiegand sei von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden und nach drei Jahren politischer und juristischer Auseinandersetzung zu der Entscheidung gezwungen worden.

Wiegand wegen Impf-Skandal suspendiert

Wiegand war wegen einer vorgezogenen Coronaimpfung vor drei Jahren durch den Stadtrat von Halle im April 2021 suspendiert worden.

Damals war bekannt geworden, dass das Stadtoberhaupt sich gegen Corona hatte impfen lassen, noch bevor er an der Reihe gewesen wäre. Auch mehrere Stadträte und Mitglieder des städtischen Katastrophenstabes waren geimpft worden, obwohl sie laut der damals geltenden Priorisierung noch nicht an der Reihe waren. Wegen der Impfung der Stadträte hatte auch die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Wiegand erhoben.

Falschaussagen, Ausspähung von Daten und verletzte Dienstpflichten

Mit weiteren Vorwürfen hatte das Landesverwaltungsamt sein Disziplinarverfahren gegen Wiegand 2021 dann ausgeweitet. Es hieß, dass der Oberbürgermeister im Streit um eine Personalie Anweisungen gegeben haben soll, Technik aus Büroräumen zu schaffen und das Passwort einer beurlaubten Mitarbeiterin zurücksetzen zu lassen. Konkret ging es in dem Fall um die Abberufung des Geschäftsführers der Entwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH (EVG) in Halle. Wiegand soll in diesem Zusammenhang im Stadtrat nicht die Wahrheit gesagt haben.

Im Juli 2022 wurde dann bekannt, dass Wiegand einer beurlaubten Mitarbeiterin der kommunalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft auch weiter Zugriff auf das Datennetz der Gesellschaft ermöglicht haben soll.

Die Staatsanwaltschaft warf Wiegand und seiner früheren Büroleiterin daraufhin die Vorbereitung der Ausspähung und von abgefangenen Daten vor. Im Januar 2024 teilte das Landgericht mit, man könne Wiegand nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass er an der Beschaffung des Daten-Zugangs mitgewirkt oder später davon erfahren und nichts veranlasst habe.

Weitere mögliche Dienstvergehen werden untersucht

Das Landesverwaltungsamt hat das Disziplinarverfahren gegen Wiegand im März 2023 weiter ausgedehnt. An den Stadtrat schrieb die Behörde, Wiegand stehe im Verdacht, durch weitere "Handlungen ein Dienstvergehen begangen zu haben".

Ihm werde vorgeworfen, vor dem Landgericht bewusst falsche Aussagen gemacht zu haben. In diesem Fall verurteilte das Landgericht Halle Wiegand im April 2024 zu einer Geldstrafe in Höhe von 16.800 Euro. Der suspendierte OB legte kurze Zeit später Revision gegen das Urteil ein.

Zweite und damit letzte Amtszeit

Der parteilose Politiker trat sein Amt im Dezember 2012 an. Zuvor hatte er als städtischer Beigeordneter für Sicherheit, Gesundheit und Sport gearbeitet. Im Oktober 2019 wurde Wiegand für sieben weitere Jahre als Oberbürgermeister wiedergewählt.

In einer früheren Version des Artikels haben wir die Zitate von Jan Riedel und Andreas Wels versehentlich falsch zugeordnet. Wir haben diesen Fehler korrigiert.

MDR (Maximilian Fürstenberg, Kalina Bunk, Fabian Brenner, Maren Wilczek) | Erstmals veröffentlicht am 18.07.2024