Delegierten stimmen auf dem Landesparteitag der SPD Sachsen-Anhalt die Tagesordnung ab.

Sachsen-Anhalt Kein "weiter so" – aber irgendwie doch

Stand: 20.10.2024 08:36 Uhr

Die SPD versucht, sich auf ihrem Parteitag in Quedlinburg inhaltlich und personell ein klareres Profil zuzulegen. Eine kleine Gruppe von Kritikerinnen und Kritikern erhoffte sich eine Neuausrichtung. Doch stattdessen setzt der Landesverband auf klassische Themen und bekannte Gesichter. Eine Analyse.

Von Roland Jäger, MDR SACHSEN-ANHALT

Die vergangenen Kommunalwahlen waren für die SPD ein Warnzeichen: Deutliche Verluste hatten die Sozialdemokraten einstecken müssen. Vor diesem Hintergrund forderten 16 Parteimitglieder in einem offenen Brief eine Fokussierung auf Themen wie innere Sicherheit und Migration – etwa der frühere SPD-Landeschef Burkhardt Lischka und Sachsen-Anhalts früherer Wirtschaftsminister Jörg Felgner.

Niederlage für Gruppe, die Neuausrichtung der Partei forderten

Die Landtagsabgeordnete Elrid Pasbrig zählt ebenfalls zu den Unterzeichnern. Durchsetzen kann sie sich nicht, der Landesparteitag bestätigt die bisherigen Vorsitzenden Andreas Schmidt und Juliane Kleemann. Auch als Beisitzerin wird Pasbrig nicht in den Landesvorstand gewählt. Es ist eine klare Niederlage für die Gruppe derer, die eine Neuausrichtung der Partei gefordert hatten.

Mandy Schumacher, Bürgermeisterin in Gardelegen, hat den offenen Brief ebenfalls unterschrieben: "Ich gehe auf den Marktplatz und höre mir an, was die Leute zu mir sagen. Das sind durchgängig die gleichen Anliegen: Sicherheitspolitische Fragen, Fragen der Migration und Integration."

Schumacher bekommt zwar genug Stimmen als Beisitzerin – nimmt die Wahl aber aus Protest nicht an. Elrid Pasbrig verlässt den Parteitag kurz nach ihrer zweiten Wahlniederlage: "Ich bin enttäuscht. Ich finde, dass wir uns breiter aufstellen müssen, dass wir alle Strömungen in dieser Partei zulassen müssen, weil wir im Moment wenig Zuspruch von Außen haben."

Klassische SPD-Themen im Vordergrund

In ihrem Leitantrag setzt die SPD für die kommenden Wahlkämpfe auf klassische Themen, vor allem im Bereich Sozial- und Arbeitsmarkt-Politik. So soll etwa die Beitragsentlastung in Kitas für Familien mit mehreren Kindern unbedingt erhalten werden. Der Landesverband will sich für eine Ausweitung der Tarifbindung und höhere Tariflöhne einsetzen. 

Gesundheitspolitisch fordert die SPD Ausnahmeregelungen bei der Krankenhausreform, um kleinere Kliniken im Land zu erhalten – und grenzt sich so von der Bundespartei ab. Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne sagt in ihrer Rede: "Ich muss etwas finden, womit ich 2026 hier noch eine Wahl gewinnen kann, auch mit einer medizinischen stationären und ambulanten Versorgung." Dafür erhält Grimm-Benne viel Applaus von den Delegierten – und bekommt wenig später noch mehr, als sie eindringlich, mit Blick auf die Verfasser des Offenen Briefes, zu Geschlossenheit aufruft.

Parteitag – SPD kommt in Quedlinburg zusammen

Kein "Wir gegen Die"-Schema

Das wiedergewählte Führungsduo Juliane Kleemann und Andreas Schmidt versucht, Aufbruchstimmung zu beschwören – und auf die Kritikerinnen und Kritiker ihres Kurses zuzugehen. "Ich glaube, dass wir schon geeint sind, weil uns allen klar ist, wo die Reise hingeht. Wir befinden uns am Beginn eines Bundestagswahlkampfes." Sich mit unterschiedlichen Positionen auseinanderzusetzen, gehöre dazu. Die Debatte über Migration und Innere Sicherheit dürften allerdings nicht nach einem populistischen "Wir gegen Die"-Schema geführt werden.

Ob die Landes-SPD geeint oder zersplittert in die kommenden Wahlkämpfe ziehen wird, muss sich erst noch zeigen. Der Landesparteitag hat deutlich gemacht: Die Luft ist dick in der SPD.

MDR (Roland Jäger)