Sachsen-Anhalt Magdeburg: Tausende protestieren gegen Kürzungen bei der Behindertenhilfe
In Sachsen-Anhalt werden aktuell die Rahmenbedingungen für Menschen mit Behinderungen neu geregelt. Obwohl das Sozialministerium nicht von Kürzungen sprechen will, befürchten viele Einrichtungen, dass sie in Zukunft mit deutlich weniger Personal auskommen müssen. Deshalb rufen sie zu Protesten auf und finden dabei viele Unterstützer.
In Magdeburg haben am Dienstag tausende Menschen gegen die geplanten Kürzungen in der Behindertenhilfe protestiert. Die Polizei schätzte die Teilnehmerzahl auf etwa 3.000, ein MDR-Reporter sprach von 1.500. Darunter waren Beschäftigte aus Pflege-Einrichtungen und Werkstätten für Menschen mit Behinderung.
Als Protestmarsch zogen die Teilnehmer der Demo durch die Magdeburger Innenstadt. Viele waren mit Schildern unterwegs, auf die sie ihre Forderungen geschrieben hatten.
Zukunft der Behindertenhilfe offen
Im Kern geht es um die Leistungen, das notwendige Personal und das Geld, das die Träger von Behindertenwerkstätten, Wohneinrichtungen, integrativen Kitas und Wohngruppen für ihre Arbeit erhalten. Im März hatte das Landessozialministerium den entsprechenden Rahmenvertrag zum Ende des Jahres gekündigt. Einen neuen gibt es bislang nicht, so das Ministerium.
Übergangsweise soll ab dem 1. Januar 2025 eine Rechtsverordnung gelten. Die Wohlfahrts-und Sozialverbände befürchten massive Einsparungen. Deshalb gab es bereits im Oktober eine erste Demonstration vor dem Landtag in Magdeburg, an der mehr als 2.000 Menschen teilnahmen.
Ministerin Grimme-Benne: "Alle aktuellen Leistungen werden fortgeführt"
Das Sozialministerium bekräftigte seine Position, dass die Form der Hilfe verändert werden soll. Gespart werde nicht. "Die Leistungen müssen noch stärker auf die individuellen Bedarfe und Wünsche ausgerichtet werden. Sachsen-Anhalt hat in diesem Bereich großen Nachholbedarf", hieß es aus dem Ministerium.
Sozialministerin Petra Grimm-Benne wehrt sich gegen die Kritik.
Es muss niemand befürchten, nicht weiter betreut werden zu können. Petra Grimm-Benne, Sozialministerin Sachsen-Anhalt |
Die Kosten für die Eingliederungshilfe stiegen laut Ministerium kontinuierlich, von 572 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 723 Millionen in 2026. "Alle aktuellen Leistungen werden fortgeführt. Es muss niemand befürchten, nicht weiter betreut werden zu können", sagte Ministerin Petra Grimm-Benne (SPD).
Anbieter befürchten Kürzungen beim Personal
Die Anbieter des ambulanten Wohnens, von Wohnheimen und Werkstätten rechnen hingegen vor, dass sich laut der Verordnung künftig weniger Betreuer um die Menschen mit Behinderung kümmern sollen. In Wohnheimen würden bis zu 25 Prozent der Betreuungsstellen gestrichen. Landesweit treffe das 10.000 Bewohnerinnen und Bewohner. Die Träger erklären außerdem, dass das Land Tariferhöhungen für das bestehende Personal nicht zahlen will, bis alle Änderungen verhandelt sind.
Die Bundesvereinigung Lebenshilfe unterstützt den Protest in Magdeburg. Die Bundesvorsitzende Ulla Schmidt erklärte: "Die derzeit schlechte finanzielle Lage im Bund und in den Ländern darf nicht dazu führen, dass auf dem Rücken von Menschen mit Behinderung gespart wird. Das muss unbedingt verhindert werden!"
dpa, epd, MDR (Susanne Ahrens, Marius Rudolph)