Sachsen-Anhalt Verbrühtes Mädchen aus Halle: Drei Jahre Haft für Vater
Im Prozess um den Tod eines zweijährigen Mädchens ist der Vater am Mittwoch zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Mutter und Oma, die ebenfalls angeklagt waren, erhielten Bewährungsstrafen. Das Mädchen war im Mai an schweren Verbrühungen gestorben.
- Der Vater des im Mai in einer Wohnung in Halle verstorbenen Mädchens wurde zu drei Jahren Haft verurteilt.
- Die Staatsanwaltschaft forderte für den Vater eine Haftstrafe von sechs Jahren. Der Verteidiger hielt drei bis vier für angemessen.
- Nach Aussage einer Verwandten hatte der Mann die Verletzung des Mädchens als nicht schlimm abgetan.
Im Prozess um das verbrühte zweijährige Mädchen in Halle hat das Landgericht Halle den angeklagten Vater am Mittwoch zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Das Gericht verhängte die Strafe wegen gefährlicher Körperverletzung und fahrlässiger Tötung durch Unterlassung. Die Situation sei falsch eingeschätzt worden, begründete der Vorsitzende Richter die Entscheidung. Zudem hätten frühere Erfahrungen mit dem Jugendamt zu dem Verhalten geführt, das dem Mädchen das Leben gekostet hat.
Die mitangeklagte Mutter und die Oma erhielten jeweils Bewährungsstrafen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Verbrühtes Mädchen in Halle: Sechs Jahre Haft für Vater gefordert
Die Staatsanwaltschaft hatte für den 37 Jahre alten Vater eine Haftstrafe von sechs Jahren gefordert. Der Angeklagte habe die Verletzungen des Mädchens verursacht und keine Hilfe geholt, sagte eine Vertreterin der Anklage vor dem Landgericht Halle. Sie forderte eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung sowie Körperverletzung durch Unterlassung mit Todesfolge.
Von der ursprünglichen Anklage wegen Mordes nahm sie Abstand. Für die mitangeklagte Mutter (36) des Mädchens und die Großmutter (64) forderte die Staatsanwältin jeweils dreieinhalb Jahre Haft.
Verteidiger hielt Strafe von drei bis vier Jahren Gefängnis für angemessen
Der Verteidiger des angeklagten Vaters stellte keinen konkreten Antrag, hielt aber eine Freiheitsstrafe von drei bis vier Jahren für angemessen. Sein Mandant habe die Gefahren durch die Verbrühungen nicht erkannt, betonte der Rechtsanwalt: "Es war eine kollektive Hilflosigkeit und ein kollektives Versagen".
Die Verteidiger der Mutter und der Großmutter des Kindes forderten Bewährungsstrafen. Beide Frauen hätten sich der Anordnung des Vaters, nicht in die Klinik zu fahren, untergeordnet. Die Todesgefahr, in der sich das Mädchen befunden hatte, hätten sie nicht erkannt.
Psychologischer Gutachter: 37-Jährige sei empathielos
Am Dienstag hatte der psychologische Gutachter vor dem Landgericht Halle ausgesagt. Es gebe zwar Auffälligkeiten in der Persönlichkeit des Angeklagten, seine Einsichts- und Steuerungs-Fähigkeit sei aber nicht eingeschränkt.
Der Experte erklärte am Dienstag, der Angeklagte sei empathielos. Das Handeln des Vaters nannte er durchaus planmäßig. Es sei dem Mann vor allem um die Aufwertung seiner selbst durch Abwertung anderer gegangen.
Der Vater (links am Tisch) der toten Zweijährigen aus Halle ist wegen Mordes durch Unterlassen angeklagt.
Vater wegen Mordes angeklagt
Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, seine Tochter im Mai in eine Badewanne mit heißem Wasser getaucht zu haben – angeblich, weil er mit ihrem Verhalten nicht einverstanden war. Sie habe sich beschmutzt und er habe dem Kind eine Lektion erteilen wollen. Das Mädchen erlitt schwerste Verbrühungen, die Familie brachte es aber nicht zum Arzt. Zwei Tage später starb es.
Der Vorwurf gegen den Vater lautete Mord durch Unterlassung sowie gefährliche Körperverletzung. Mutter und Oma wurden fahrlässige Tötung durch Unterlassung zur Last gelegt. Aus Angst vor Konsequenzen sollen die Angeklagten versucht haben, die Verletzungen eigenmächtig zu behandeln.
Zeugin belastete Vater im Prozess
Die Großtante der Zweijährigen hatte während des Prozesses schwere Vorwürfe gegen den Vater erhoben. Die Frau beschrieb den Mann als aggressiv und launisch, in der Familie habe ein Klima der Angst geherrscht. Sie habe zwar auch liebevolle Momente erlebt, im Allgemeinen habe der Vater seine drei Kinder aber als lästig empfunden.
Hallenser hat schweres Drogen- und Alkoholproblem
Im November hatte der Vater in dem Prozess durch seinen Anwalt eine Erklärung verlesen lassen. Demnach hat er ein schweres Drogen- und Alkoholproblem. Außerdem habe er keine Schmerzempfindung, seine Tochter habe das von ihm geerbt.
dpa, MDR (Alexander Kühne, Linus-Benedikt Zosel, Hannes Leonard, Marc Weyrich, Stefan Bringezu, Luise Kotulla), zuerst veröffentlicht am 19.11.2024