Unsanierter Plattenbau an der Friedrich-Engels-Straße in Oebisfelde
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Sachsen-Anhalt Oebisfelde erhöht Gebühren für Obdachlosenunterkunft

Stand: 12.03.2025 17:50 Uhr

Die Stadt Oebisfelde-Weferlingen regelt die Nutzung ihrer Obdachlosenunterkünfte – zum ersten Mal überhaupt. Die Gebühren- und die Nutzungsordnung legen fest, wie viel pro Nacht zu bezahlen ist und wie sich Gäste zu benehmen haben. Aber warum jetzt – 15 Jahre nach Gründung der Einheitsgemeinde?

Von Katharina Häckl, MDR SACHSEN-ANHALT

Das Maß war voll, sagt Einheitsgemeindebürgermeister Marc Blanck. Die Kommune habe in den vergangenen Jahren vieles mitmachen müssen mit den Gästen in den Obdachlosenunterkünften, erzählt er. Das sei oft ein "ganz spezielles Klientel", betont der Bürgermeister im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT. Oft suchten Menschen mit Suchtproblemen Obdach.

Türen wurden eingetreten, Schlösser ausgebaut, Fenster eingeschlagen. Wir hatten da wirklich dolle, dolle Probleme. Marc Blanck | Einheitsgemeindebürgermeister Oebisfelde-Weferlingen

Etliche von ihnen hätten das Eigentum anderer nicht geachtet oder sich den Mitmenschen gegenüber nicht vernünftig benommen: "Wir hatten zum Teil Keller, die bis unter die Decke vermüllt wurden durch die Nutzer. Wir hatten Mobiliar, das zerstört wurde. Türen wurden eingetreten, Schlösser ausgebaut, Fenster eingeschlagen. Wir hatten da wirklich dolle, dolle Probleme. Deshalb mussten wir einen Rahmen setzen, der das entsprechend würdigt", sagt der Bürgermeister von Oebisfelde-Weferlingen.

Neue Gebührenordnung: Zehn Euro pro Nacht

Oebisfelde hat in einem noch unsanierten Plattenbau an der Friedrich-Engels-Straße zwei Wohnungen von der kommunalen Wobau angemietet. In jeder gibt es drei möblierte Zimmer. Zu den allgemein gestiegenen Nebenkosten seien immer mehr Ausgaben für neue Möbel, Entrümpelung und Reinigung gekommen, berichtet der Ordnungsamtsleiter der Einheitsgemeinde, Peter Schorlemmer. Auf diesen Kosten bleibe die Kommune meist sitzen.

Peter Schorlemmer (l.), Leiter Ordnungshüter und Bürgermeister Marc Blanck (r.).

Der Ordnungsamtsleiter der Einheitsgemeinde, Peter Schorlemmer (l.), berichtet von gestiegenen Kosten für die Kommune. Das Bild zeigt ihn mit Bürgermeister Marc Blanck.

Bei der Abrechnung der Kosten hatte die Kommune bislang keine Höhe angegeben. Nach Auskunft des Ordnungsamtsleiters hat der Kreis je nach einen Vierteljahr den Antrag auf Vergütung ans Jobcenter weitergegeben. Die haben eine ortsübliche Miete angesetzt. Genaue Zahlen sind nicht bekannt.

Weil Erstattungen aber nicht ausreichen, um die Mehrkosten (Nebenkosten, Nachrüstung nach Vandalismus usw.) zu begleichen, soll in der Gebührenordnung für die Obdachlosenunterkunft nun eine Gebühr von zehn Euro pro Nacht festgeschrieben werden. Damit liegt Oebisfelde mit an der Spitze in Sachsen-Anhalt. Stendal zum Beispiel verlangt nach Auskunft der städtischen Pressestelle 168 Euro im Monat, also 5,60 Euro pro Nacht. Das ist im Landesvergleich eher der Durchschnitt.

Wer zahlt die Obdachlosenunterkunft?

Ohnehin ist nahezu kein Gast von Obdachlosenunterkünften imstande, die Gebühren für die Übernachtung aus eigener Tasche zu zahlen. Bezieht der Betroffene Bürgergeld oder hat es zumindest beantragt, springt das Jobcenter ein.

Diese Verfahrensweise bestätigt Georg Haberland, Sprecher der Arbeitsagentur Sachsen-Anhalt Nord. Allerdings sei es nicht möglich, konkrete Zahlen zu benennen – weder für den Landkreis Börde noch für Sachsen-Anhalt insgesamt. Für Obdachlose ohne Bürgergeldbezug müssten eigene Lösungen gefunden werden, bestätigen auch die Sprecher von Osterburg und Gardelegen.

Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre, was den Umgang der Gäste in den Unterkünften mit den kommunalen Mitarbeitern betrifft, schickt Ordnungsamtsleiter Schorlemmer seine Beschäftigten keinesfalls allein und prinzipiell eher ungern in die Obdachlosenunterkünfte. Die Angestellten fühlten sich teilweise bedroht: "Wie in einem aktuellen Fall: Da sind wir dann nur noch mit der Polizei 'rein'". Nähere Auskunfte dazu könnten aus Datenschutzgründen nicht gegeben werden.

Obdachlose dürfen maximal 14 Tage in Unterkünften bleiben

Die Kommune brauche "eine ganz klare Rechtssicherheit", sagte Bürgermeister Blanck. Deshalb auch die Idee einer Nutzungsordnung, damit man eine Grundlage habe, zu sagen: 'Jetzt ist Schluss. Halt dich an die Regeln, sonst verlierst du den Anspruch.' Nun hätten die Gäste einen festen Rahmen und wüssten, welches Verhalten toleriert werde und welches nicht.

Nach der neuen Nutzungsordnung dürfen Obdachlose nun höchstens 14 Tage in der Unterkunft in Oebisfelde bleiben. Danach müssen sie sich eine reguläre Bleibe suchen. Dabei helfe die Kommune aber, betont Ordnungsamtsleiter Peter Schorlemmer – besonders gemeinsam mit der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft.

Stadt entscheidet über Gebühren

Über die Nutzungs- und die Gebührenordnung muss der Rat der Einheitsgemeinde Oebisfelde-Weferlingen in der kommenden Woche abschließend entscheiden.

MDR (Katharina Häckl, Hanna Kerwin)