Hausboot Saale

Sachsen-Anhalt Pärchen aus Halle baut Hausboot mit Spenden

Stand: 25.08.2024 08:45 Uhr

Im Raum Halle ein Hausboot zu haben, ist ungewöhnlich. Denn Dauerliegeplätze sind an Fließgewässern rar gesät und oft teuer. Ein Pärchen lässt sich davon nicht abschrecken und baut sich trotzdem ein Hausboot – finanziert über Crowdfunding.

Von Sibylle Bretschneider, MDR SACHSEN-ANHALT

Bisher ist es in Deutschland kaum möglich, auf dem Wasser zu leben. Lydia Bökelmann und Pablo Przesang wollen das ändern.

"Noch leben wir zwar nicht auf unserem Hausboot, aber irgendwann werde ich vielleicht sogar mein WG Zimmer in Halle kündigen und dann mit meinem Partner Pablo aufs Wasser ziehen", erzählt Lydia Bökelmann. "Allerdings sollte einer von uns immer sein Zimmer behalten, damit wir eine feste Meldeadresse haben", berichtet die 33-Jährige weiter. Denn aktuell sind schwimmende Häuser als Meldeadresse nicht erlaubt.

Einen dauerhaften Liegeplatz zu finden ist zudem schwer und meist auch teuer. "Viele Wassergrundstücke gehören Vereinen oder Privatmenschen und die rufen teilweise hohe Preise auf. Das schließt leider eine riesige Gruppe an Menschen aus, die nicht an diesem Freiraum Wasser teilhaben können. Hier würde ich mir wünschen, dass etwas passiert und dass Möglichkeiten geschaffen werden, Boote kostengünstiger stehen lassen zu können, damit das alles nicht so einen elitären Charakter bekommt", gibt Lydia Bökelmann zu Bedenken.

Hausboot Saale

Lydia Bökelmann kritisiert die strengen Regel im "Freiraum Wasser".

Liegeplatz für 215 Euro pro Monat

Sie und ihr Partner haben ihr Hausboot seit Mai im Sophienhafen in Halle stehen, rund zweieinhalb Kilometer vom Zentrum entfernt und für das Pärchen schnell zu erreichen. Rund 215 Euro zahlen sie im Monat für ihren Liegeplatz – exklusive Strom und Wasser. Sanitäre Anlagen gibt es dort nicht. Der Hafen ist seit rund einhundert Jahren außer Betrieb.

Ursprünglich wollten sich die beiden ein Wohnmobil kaufen, eine Idee, die ihnen während der Coronazeit kam. Doch ein Camper ist ihnen zu teuer, deshalb haben sie beschlossen, sich ein Hausboot zu bauen. "Ich habe mir viele Videos dazu angeschaut und dann zunächst 3D-Modelle entwickelt, als Landschaftsarchitektin fällt mir das nicht schwer", erklärt Lydia.

Freunde helfen bei Bootsbau

Seit Mitte letzten Jahres sind sie und Pablo, ein Ingenieur, der zurzeit als Kartierer arbeitet, dabei, das Hausboot zu bauen. Anfangs werkelten sie auf einem Wassergrundstück von Bekannten. Etliche Freunde packten mit an, teilweise über Wochen, darunter auch ausgebildete Handwerker. "Ohne die viele Hilfe hätten wir das alles nicht geschafft", erzählt Pablo Przesang.

Hausboot Saale

Beim Bau des Bootes haben Freundinnen und Freunde geholfen.

Spenden für kostenlosen Urlaub

Auch finanziell bekommt das Paar Unterstützung. Per Crowdfunding haben sie gut 7.500 Euro Spendengelder eingesammelt. Damit ist der Bau des Bootes, inclusive Motor und Liegeplatz, für die nächsten Monate finanziert. Als Dankeschön dürfen die Helferinnen und Helfer auf dem Hausboot kostenlos Urlaub machen. "Fürs nächste Jahr sind wir schon ziemlich ausgebucht", freut sich Lydia.

Anfang Mai ging es mit dem 4,2 Tonnen schweren Boot auf Jungfernfahrt, vom Bauplatz, in der Nähe der Klausberge, in Richtung Sophienhafen. Doch nach einem Drittel der Fahrt machte der Motor schlapp und das Pärchen musste in der Nähe der Kröllwitzbrücke notlanden. Zwei Wochen dauerte es, bis der Motor repariert warund sie ihre Fahrt fortsetzen konnten.

Hausboot Saale

4,2 Tonnen wiegt das Hausboot.

Andere Gewässer, andere Ämter

"Zum Glück hatten wir eine Ausnahmegenehmigung, sonst hätten wir dort nicht so lange stehen dürfen", berichtet Pablo. Das Thema "vor Anker gehen" ist komplex, denn für jedes Gewässer gelten eigene Regeln. Für Bundesgewässer ist eine andere Behörde zuständig als für Landesgewässer. Und Seen sind wiederum ein Thema für sich.

Ausbau geht weiter

Das 8,40 Meter lange, 3,10 Meter breite und 3,30 Meter hohe Hausboot ist mittlerweile zum größten Teil fertig. Was noch fehlt, sind die Dachterrasse, auf die man per Leiter vom Wohnzimmer aus hinaufkommen soll und die Wasseranschlüsse. "Unsere Toilette kommt nach draußen auf die Rückseite des Bootes", erklärt Pablo, der das Klo derzeit im Wohnzimmer abgestellt hat. Auch das Steuer ist noch im Bau, nur das Bild hat Lydia bereits im Kopf: "Hinter das Steuer kommen auf jeden Fall zwei Kinosessel", freut sich die Bootsbauerin, die viel Wert auf nachhaltige Baumaterialien und Kreislaufwirtschaft legt.

Hausboot Saale

Lydia und Pablo wollen in Zukunft auf ihrem Hausboot leben.

Im Herbst wollen die beiden Hausbootbesitzer erneut in die Saale stechen – dann mit stärkerem Motor. Wohin die Reise geht, ist noch ungewiss, auch, was das Boot betrifft. "Wir könnten uns durchaus vorstellen, das Boot ab und an über Airbnb zu vermieten, aber das müssen wir alles noch sehen", berichtet Lydia, während sie den Abend mit Pablo und einigen Freunden am Bootssteg ausklingen lässt.

MDR (Sibylle Bretschneider, Moritz Arand)