Blumen blühen vor dem Johannbau. Jury-Mitglieder der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft (dbg) haben Dessau-Roßlau besucht.

Sachsen-Anhalt Trotz finanzieller Engpässe: Dessau-Roßlau will an Bundesgartenschau 2035 festhalten

Stand: 20.06.2024 14:02 Uhr

Der Stadtrat von Dessau-Roßlau hat sich erneut für die Buga 2035 ausgesprochen. Mehrheitlich wurde der Durchführungsbeschluss angenommen, wenn auch nach teils heftigen Debatten. Damit ist der Weg offen zur Gründung einer Trägergesellschaft. Auch der entsprechende Vertrag mit der Bundesgartenschau-Gesellschaft kann nun unterzeichnet werden. In der Stadt wird dennoch immer mehr Kritik an dem Projekt laut.

Von Susanne Reh, MDR SACHSEN-ANHALT

Von Luftschlössern und provinziellen Größenwahn war in der jüngsten Stadtratssitzung die Rede. Dessau-Roßlau ist überschuldet, seit zwei Jahren gibt es Haushaltssperren und dennoch möchte die Doppelstadt die Bundesgartenschau 2035 ausrichten. Vor allem aus der Freien Fraktion und der AfD kamen mahnende Stimmen vor den finanziellen Risiken dieses Vorhabens.

Stadtrat Hans-Peter Dreibrodt (Freie Fraktion) sprach von vielen Opfern, die die Dessau-Roßlauer in den nächsten Jahren für die Buga bringen müssten. Schon jetzt gäbe es eine Streichliste für die Jahre 2024 bis 2028, die vor allem viele Projekte im sozialen Bereich betreffen würden. "Die Bürger von Dessau-Roßlau wollen die Buga nicht", so Dreibrodt, "sie haben die Buga an den Menschen vorbei organisiert".

Mehrheit stimmt für Buga-Beschluss

Dennoch stimmten im Anschluss an die Debatte 25 Stadträte – und damit die Mehrheit – für den Buga-Beschluss. Die Buga sei eine Chance für die Stadtentwicklung, so Oberbürgermeister Robert Reck, und soll Dessau-Roßlau bundesweit bekannter machen. Die Stadt rechnet zunächst mit Kosten in Höhe von knapp 64 Millionen Euro. Dafür sollen in den kommenden zehn Jahren Rücklagen gebildet werden. So sieht es der jüngste Beschluss vor.

«Eine Stadt wird BUGA - Dessau-Roßlau 2035» steht auf dem Button einer Teilnehmerin während des Besuchs von Jury-Mitgliedern der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft (dbg) in Dessau-Roßlau.

2035 soll die Bundesgarten in Dessau stattfinden.

Demnach sollen jährlich drei Millionen Euro für die Buga angespart werden. Zudem werden pro Jahr 7,5 Millionen Euro ausschließlich in Buga bezogene Projekte investiert. Infrastrukturmaßnahmen, die zum Teil bereits geplant und finanziert sind, sollen nun für die Buga umgesetzt werden. So auch die Sanierung der innerstädtischen Kavalierstraße.

Eine ganze Stadt soll grüner werden

"Eine Stadt wird BUGA" – so lautet der Slogan. Nicht nur eine einzige Fläche, sondern eine ganze Stadt soll grüner werden. Ausgewiesen sind 20 Flächen, unterschiedlich große, die verändert werden sollen. Nachhaltigkeit ist ein großes Thema etwa durch Dachbegrünungen, einen klimatisierten Landschaftspark, einer Wildnis-Safari.

Dessau-Roßlau solle zudem enger an die Flüsse Elbe und Mulde rücken. In den Papieren finden sich Begriffe wie Elbbalkon, Skylounge im Elbspeicher, Elbpromenade. Zu lesen ist von vielen einzelnen kleinen Projekten, die sich durch die ganze Stadt ziehen. So sieht es eine Machbarkeitsstudie vor.

Kritik aus allen Ecken

Doch nicht nur von Stadträten kommen kritische Stimmen. Hannes Wolf, der Chef der Stadtmarketinggesellschaft, hat als erster einen dreiseitigen Brandbrief veröffentlicht. Die Stadt will sein Budget für die Buga zusammensparen und ab 2025 unter anderem 350.000 Euro beim Stadtmarketing kürzen.

Die Türme des Johannbaus am früheren Residenzschloss (l-r), der Marienkirche und des Rathauses sind unter dem Bogen der Tiergartenbrücke über der Mulde zu sehen.

Nicht nur eine einzige Fläche, sondern eine ganze Stadt Dessau-Roßlau soll durch die Buga grüner werden.

Eter Hachmann, die Beigeordnete der Stadt Dessau-Roßlau für Soziales, Bildung, Jugend und Senioren, kommentierte diesen öffentlichen Brief mit den Worten: "Volle Zustimmung! Im Sozialen- und Bildungsbereich sieht es noch dramatischer aus." Auch der Gewerbeverein Roßlau hat sich öffentlich gegen die Buga 2035 ausgesprochen und fordert eine Bürgerbefragung.

Stadtelternrat gegen Kürzungen bei Schulen

Die Streichliste für die Buga hat auch den Stadtelternrat auf den Plan gerufen. In den Jahren 2024 bis 2028 sollen für die Buga 1,1 Millionen Euro an der Ausstattung und dem Erhalt der Dessauer Schulen eingespart werden. Doreen Fucke, die Vorsitzende des Gremiums, hat in einem offenen Brief die Stadtverwaltung aufgefordert, die Streichliste zu überarbeiten: "Die finanzielle Ausstattung der Dessau-Roßlauer Schulen durch die Stadt ist bereits jetzt absolut unzureichend. Noch weitere Kürzungen im Bereich der Schulen sind schlicht inakzeptabel und höchstgradig kontraproduktiv."

Ein deutliches Zeichen für die Ausrichtung der Buga möchten die Freien Demokraten setzen. Die Partei hat eine Petition auf ihrer Webseite veröffentlicht. Befürworter sollen dort unterschreiben. Bislang finden sich dort 79 Unterschriften. An der Begeisterung für die Buga muss die Stadtverwaltung wohl noch arbeiten. 

Bundesgartenschau

1999 fand die Bundesgartenschau erstmals in Sachsen-Anhalt statt, in der Landeshauptstadt Magdeburg. Der Elbauenpark im Norden der Stadt zeugt noch heute davon. 2015 beteiligte sich die Stadt Havelberg an der Buga in der Havelregion, bei der ein Schwerpunkt in Brandenburg lag. Die nächsten Bundesgartenschauen finden statt im Ruhrgebiet (2027), im Mittelrheintal (2029) und in Dresden (2033).

MDR (Susanne Reh, Moritz Arand)