Ein Mann und eine Frau begutachten an einer Sortieranlage Spargel.

Sachsen-Anhalt Wie der gesellschaftliche Rechtsruck Spargelbauern und Erntehelfer beschäftigt

Stand: 25.06.2024 11:30 Uhr

Die Spargelbauern haben am Montag "Spargelsilvester" gefeiert – denn traditionell endet die Saison am Johannistag. Die Pflanzen dürfen sich nun erholen, damit es ab April 2025 wieder frischen Spargel gibt – wenn es dann noch Personal gibt, das die anstrengende Arbeit des Spargelstechens übernimmt. Der altmärkische Spargelbauer Arne Garlipp blickt einerseits zufrieden auf die zurückliegende Saison, andererseits mit mulmigem Gefühl in die Zukunft.

Von Carina Emig, MDR SACHSEN-ANHALT

Endspurt auf den Spargelfeldern rund um Schelldorf bei Tangermünde. Die Saison ist fast vorbei und Spargelbauer Arne Garlipp zufrieden: "Das kühle Wetter im Saisonverlauf war für die Qualität und auch für die Arbeit auf dem Feld sehr gut. Für die Leute, die nicht die ganze Zeit in der Gluthitze stechen mussten." Seine Leute – das sind insgesamt 65 rumänische Saisonarbeiter, auf die er sich verlassen kann.

Spargelstechen ist ein harter Job, doch die Brüder Konstantin und George Oniga arbeiten gerne für Arne Garlipp. "Ich verdiene hier gutes Geld. Es ist stressig, aber es ist gut", sagt George Oniga. Für die Brüder ist es bereits die elfte Saison auf den Feldern rund um Schelldorf oder in der Sortieranlage, in der es sehr laut ist.

Mitarbeitende aus dem Ausland sind wichtig für den Betrieb

"Ohne diese Leute könnte ich hier nicht stehen und sagen: Wir als Familie führen ein Unternehmen, was erfolgreich ist. Ohne die rumänischen Gastarbeiter ginge es nicht, ganz klar", ist sich der 33-jährige Spargelbauer sicher.

Damit Konstantin, George und die anderen überhaupt kommen, zahlt er eine Akkord-Prämie zum Mindestlohn und will für Wohlfühlklima sorgen. "Ich komme für knapp drei Monate mit meiner Familie, mit meiner Frau und meinen drei kleinen Kindern. Oma passt auf sie auf, wenn meine Frau und ich für Arne arbeiten", erklärt Konstantin Oniga. Arne Garlipp hat der Familie eine Pension besorgt.

Sorge vor Auswirkungen der Europawahlen

Auch Konstantins Bruder George ist wieder mitgekommen. Er verdient seit mehr als zehn Jahren sein Jahresgehalt auf dem Spargelhof. Ohne ihn läuft nichts in der Sortierhalle, erklärt Arne Garlipp: "Ich blicke auf das Ergebnis der Europawahlen mit gemischten Gefühlen, weil wir hier auf dem Betrieb und mit unserer Familie von Herzen eine Willkommenskultur leben."

Gute Unterbringung, freundlicher Umgang, Hilfestellung und auch Interesse für die rumänische Kultur – all das ist für den jungen Spargelbauer eine Selbstverständlichkeit. "Die Leute sind vernetzt und bekommen über Social Media und über Nachrichten mit, dass hier in Sachsen-Anhalt der Anteil derer, die das kritisch sehen mit Leuten aus anderen Ländern, sehr hoch ist."

Die Leute sind vernetzt und bekommen über Social Media und über Nachrichten mit, dass hier in Sachsen-Anhalt der Anteil derer, die das kritisch sehen mit Leuten aus anderen Ländern, sehr hoch ist. Spargelbauer Arne Garlipp |
Ein Mann und eine Frau begutachten an einer Sortieranlage Spargel.

In der Spargelsortieranlage ist es sehr laut.

Garlipp: "Jeder will mit Würde behandelt werden"

Den Job halte eben kaum ein Deutscher durch, sagt Arne Garlipp. Die Saison dauere schließlich insgesamt 85 Tage, gearbeitet werde sechs Mal die Woche bis zu zehn Stunden am Tag. Ohne die sehr belastbaren Saisonkräfte aus dem Ausland wäre deutscher Spargel Mangelware und kaum noch bezahlbar für den Endkunden, so Garlipp. Jeder Mensch, egal woher, wolle mit Würde behandelt werden, fügt er hinzu.

Spargel-Anbau in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt ist die Anbaufläche für Spargel zurückgegangen. Wie Daten des Statistischen Landesamtes zeigen, waren es im vergangenen Jahr 322 Hektar, 2021 noch mehr als 400 Hektar und 2013 sogar gut 700 Hektar. Spargelbauer Arne Garlipp betreibt im altmärkischen Schelldorf mit 65 Hektar Anbaufläche den größten Spargelanbaubetrieb Sachsen-Anhalts.

Auch Konstantin Oniga und sein Bruder George haben den deutlichen Rechtsruck bei den EU- und Kommunalwahlen registriert. Konstantin gesteht, er denke schon über die Wahlergebnisse nach und beobachte die Lage. "Aber wenn alles funktioniert und ruhig bleibt, komme ich mit meiner Familie im nächsten Jahr wieder", erklärt er.

Denn nach der Ernte ist vor der Ernte. Garlipp und sein Team bereiten nun die Äcker vor für die nächste Spargelpflanzung im Jahr 2025. Um so besser sie jetzt den Spargel pflegen und bemuttern, desto leckerer falle dann die Ernte 2025 aus. Um dann den Spargel zu ernten, braucht es allerdings wieder Saisonarbeiter aus dem europäischen Ausland, und die wollen eben auch gut behandelt werden.

Zwei Männer mit einer landwirtschaftlichen Maschine bei der Spargelernte.

Konstantin Oniga kommt seit mehr als 10 Jahren als Saisonarbeiter nach Schelldorf.

MDR (Carina Emig, Kalina Bunk)