Der ChemCoastPark in Brunsbüttel.

Schleswig-Holstein Drohnen über Brunsbüttel - Verdacht auf Spionage

Stand: 23.08.2024 11:02 Uhr

Die Staatsanwaltschaft Flensburg ermittelt aufgrund von wiederholten Drohnenflügen über Brunsbüttel. Es bestehe der Verdacht der "Agententätigkeit zu Sabotagezwecken".

Nach NDR-Informationen sollen auch in der Nacht zum heutigen Freitag Drohnen über Brunsbüttel gesichtet worden sein. Damit geht die Serie nicht erlaubter Drohnenüberflüge weiter. Zuerst hatten am Donnerstag die Bild und das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet. Den Berichten zufolge sei der ChemCoast Park Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen), ein Industriegebiet für Unternehmen aus der Chemie und Mineralölwirtschaft, Ziel eines Spionageangriffs geworden. Die Staatsanwaltschaft Flensburg sagte auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein: "Die Staatsanwaltschaft Flensburg bestätigt die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Agententätigkeit zu Sabotagezwecken im Zusammenhang mit wiederholten Drohnenflügen über kritischer Infrastruktur in Schleswig-Holstein." Weitere Details nannte sie nicht.

Industriepark, LNG-Terminal und stillgelegtes Kernkraftwerk betroffen

Auch die Polizeidirektion Itzehoe (Kreis Steinburg) sagte, dass ihr Informationen über möglicherweise unzulässige Drohnenflüge vorlägen und ermittelt werde. Ihren Angaben zufolge seien die Drohnen ab dem 8. August gesichtet worden. Laut Polizei seien der Industriepark Brunsbüttel, das neue LNG-Terminal und das stillgelegte Kernkraftwerk Brunsbüttel betroffen. Im letzten Fall sei mehrfach die Flugverbotszone missachtet worden. Die Industrie selbst wollte sich zu den Vorfällen nicht äußern.

NDR Schleswig-Holstein hatte bereits am 13. August gemeldet, dass die Polizei wegen unangemeldeten Drohnenflügen in den vorherigen Tagen ermittelt. Zunächst sei die Polizei allerdings noch von unangemeldeten Privatflügen ausgegangen. Daraufhin habe es weitere Überflüge von Drohnen gegeben, den letzten wohl in der Nacht zu Donnerstag.

Nun ist auch der Staatsschutz auf Bundes- und Landesebene in die Ermittlungen involviert. Laut dem Bundesinnenministerium, das für den Schutz kritischer Infrastruktur zuständig ist, unterstützen die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt mit Kräften. Einem Sprecher des Verteidigungsministeriums zufolge stellt die Bundeswehr der Polizei Radardaten zur Verfügung, um das Lagebild zu vervollständigen. Dies gehöre zur Daueraufgabe Sicherheit im Luftraum. Ein Sprecher des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr in Berlin ergänzte, diese Amtshilfe werde seit vergangenem Montag geleistet.

Sicherheitsexperte: "Das kann schnell gefährlich werden"

Henrik Schilling vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel erklärte gegenüber NDR Schleswig-Holstein, dass Drohnen dieses Typs eine Gefahr für die Infrastruktur darstellen könnten. Der Fall zeige laut ihm, dass kritische Infrastruktur angreifbar ist. "Nicht nur in dem Sinne, dass man einen physischen Angriff startet, sondern eben auch dass ausspioniert wird und dass man zeigt, dass es relativ einfach geht, dort Drohnen rüberfliegen zu lassen." Ein Schutz davor sei bislang nur begrenzt möglich.

Schilling wies zudem darauf hin, dass es nicht der erste Fall wäre, bei dem möglicherweise kritische Infrastruktur ausspioniert wird. "Man muss sich überlegen, was danach kommen könnte. Drohnen können natürlich auch Dinge da rein transportieren, nicht nur Kameras. Das kann dann schnell auch mal gefährlich werden."

Russische Drohnen über Chemiepark in Brunsbüttel?

Medienberichten zufolge könnte es sich bei den Sichtungen um russische Drohnen des Typs Orlan-10 handeln - das sind jedoch unbestätigte Spekulationen. Diese Drohne hätte eine hohe Reichweite von rund 600 Kilometern und würde ein Tempo von bis zu 100 Kilometer pro Stunde erreichen. Somit wäre es möglich sie von zivilen Schiffen vor der Küste zu starten. Die gesichteten Drohnen sollen tatsächlich so schnell geflogen sein. Dem Spiegel zufolge soll ein spezielles Gerät beim Versuch, die Drohnen zu orten, gescheitert sein.

Die Ermittlungen der Behörden dauern an. Der sicherheitspolitische Sprecher der SPD, Niclas Dürbrook, sagte: "Das sind sehr beunruhigende Berichte. Es ist gut, dass Bund und Land jetzt Hand in Hand arbeiten, um die Hintergründe aufzuklären." Das Thema Drohnen sei deshalb am 4. September Thema im Innen- und Rechtsausschuss. Die Polizei sensibilisiert die Bevölkerung, mögliche Vorfälle zu melden.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 22.08.2024 | 19:30 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR 1 Welle Nord am 22. August 2024 um 15:00 Uhr in den Nachrichten für Schleswig-Holstein.