Mitarbeiter des Abfallwirtschaftsbetrieb Kiel entsorgen weggeschmissene Weihnachtsbäume.

Schleswig-Holstein Flensburger Tannenbäume sorgen für Wärme in Dänemark und Hamburg

Stand: 15.01.2025 09:34 Uhr

Rund 80 Tonnen alte Weihnachtsbäume kommen pro Jahr alleine in Flensburg zusammen. Sie werden eingesammelt und landen schließlich in Wärmekraftwerken in Dänemark und Hamburg.

Von Jochen Dominicus

Thorben Grimm und seine beiden Kollegen vom Technischen Betriebszentrum (TBZ) der Stadt Flensburg sind sich schnell einig: Am ersten Sammelpunkt ihrer Tour sind es an diesem Tag wohl etwa drei Tonnen aus den Wohnzimmern verbannte Weihnachtsbäume, die vor ihnen auf dem Haufen liegen. "Die bekommen wir locker alle mit", ist sich Lukas Ludigkeit - einer der Mitarbeiter - sicher und streift sich die Arbeitshandschuhe über.

Die Tannenbäume werden geschreddert, getrocknet, mit anderem Holz gemischt und dann an Heizkraftwerke in Dänemark und Hamburg verkauft. Eine EU-Verordnung verhindert eine Nachnutzung vor Ort in Flensburg, dazu später mehr.

"Traurige Entsorgung" nach kurzer Nutzung der Bäume

Jeder aus dem TBZ-Team packt jetzt immer zwei Weihnachtsbäume und schmeißt sie in die große Öffnung des Presswagens, der normalerweise im Stadtgebiet den Sperrmüll abholt. Angesichts der Tatsache, dass viele Menschen ihren Weihnachtsbaum nur wenige Tage oder Wochen nutzen, sei die Entsorgung schon traurig, sagt Thorben Grimm. Zwei Bäume verschwinden in der Öffnung des Wagens, während er das sagt.

Mitarbeiter des Abfallwirtschaftsbetrieb Kiel entsorgen weggeschmissene Weihnachtsbäume.

Seit Ende Dezember sind Thorben Grimm (rechts) und seine Kollegen unterwegs in Flensburg. 80 Tonnen alte Weihnachtsbäume sammeln sie pro Jahr.

Mit lauten Knackgeräuschen zerquetscht die Presse mehrere Bäume auf einmal und schiebt sie in den Laderaum. Mehr als 100 werden es bei ihrem ersten Anlaufpunkt sein. Insgesamt gibt es in der Stadt Flensburg 29 Sammelstellen, an denen kostenlos ausrangierte Weihnachtsbäume abgelegt werden dürfen.

Abgeschnittene Äste sind gut gemeint - helfen aber nicht

"Manchmal hängen Lichterketten dran, die nehmen wir dann ab", sagt Thorben Grimm. Ansonsten wäre eine ordnungsgemäße Entsorgung später nicht möglich. Allerdings sind solche Fälle selten, ergänzt er. Der TBZ-Arbeiter hält einen Baum ganz ohne Äste in der Hand. "So sollen sie bitte nicht abgegeben werden", sagt er.

"Viele meinen es gut und schneiden die Äste ab, für uns ist das aber viel mehr Aufwand, sie einzusammeln", sagt Grimm und blickt auf den Haufen Tannengrün, den er jetzt einsammeln muss. Nach etwa 20 Minuten ist der Platz leer. Die letzten Bäume verschwinden mit lautem Geräusch im Schlund des Sperrmüllwagens. Auf zur nächsten Station.

Die alten Weihnachtsbäume sollten bitte nicht zerschnitten werden. Viele meinen es gut und schneiden die Äste ab, für uns ist das aber viel mehr Aufwand, sie einzusammeln."
— Thorben Grimm, Technisches Betriebszentrum in Flensburg

Diese ist nur ein paar Minuten entfernt und der Haufen hier auch etwas kleiner. Seit Ende Dezember sind die Mitarbeiter des TBZ unterwegs und fahren ihre Runden. Manche schmeißen ihre Bäume sogar nach dem Sammeln noch auf den Platz und hoffen darauf, dass die noch irgendwer wegräumt.

80 Tonnen Weihnachtsbäume alleine in Flensburg

Nach ein paar Minuten Fahrt steht das TBZ-Team schon auf der Waage des Abfallwirtschaftszentrums (AWZ) Flensburg. Sieben Tonnen sind es, die mit der ersten Fuhre eingesammelt wurden. Jedes Jahr sammeln die Mitarbeiter etwa 80 Tonnen Bäume ein, die im AWZ erstmal auf einen großen Haufen kommen.

Direkt nebenan wird schon der "AK 435" mit seinen mehr als 400 PS startklar gemacht. Ein großer Schredder, der gleich seine Arbeit verrichten wird.

Bäume werden durch 400 PS zu Holzhackschnitzeln

Betriebsleiter Finn Reckweg schaut interessiert auf den großen Radlader, der sich gerade eine große Portion Tannenbäume greift, in Richtung Schredder fährt und sie oben in die Öffnung kippt. Dann wird es laut.

Ein Bagger kippt alte Weihnachtsbäume in einen Schredder.

Der Schredder leistet ganze Arbeit: Die Bäume werden zu Holzhackschnitzeln verarbeitet, das Holz dann verbrannt und das Grün kompostiert.

Der "AK 435" leistet ganze Arbeit und schreddert die Bäume in ein paar Sekunden zu kleinen Holzhackschnitzeln, die er über ein Förderband zu einem Haufen formt. Reckweg ist zufrieden: "Wir müssen das jetzt noch sieben und das grobe Holz und das Tannengrün trennen", sagt der Betriebsleiter.

Geschreddert kostet eine Tonne 25 bis 35 Euro

Die groben Holzhackschnitzel werden dann in einer Halle auf dem Gelände etwa zwei bis drei Wochen getrocknet. Weil der Harzanteil der Nadelbäume zu hoch ist und beim Verbrennen später die Anlagen verschmutzen könnten, werden sie mit anderem Schnittholz gemischt. Erst dann landen sie im Verkauf.

Pro Tonne gibt es derzeit zwischen 25 und 35 Euro. Die Abnehmer sitzen meist in Dänemark und Hamburg. Dort werden die Flensburger Tannenbäume in Heizkraftwerken verbrannt und zu Energie umgewandelt.

Das ist in der Flensburger Anlage bei den Stadtwerken durch eine EU-Verordnung seit 2023 nicht mehr möglich. Denn Holz, das in Feuerungskesseln über 15 Megawatt verbrannt wird - wie es in Flensburg der Fall ist -, braucht nach der neuen Verordnung einen Herkunftsnachweis.

Viel Holz für die Müllwerker - Der Weihnachtsbaum muss weg

In Dänemark und Hamburg sind die Feuerungskessel kleiner als in Flensburg

"Wir müssen sicherstellen, dass das Holz nicht aus Moorgebieten oder aus den Tropen kommt", sagt Reckweg. Diesen Nachweis bei Weihnachtsbäumen zu führen ginge aber überhaupt nicht, ergänzt der Betriebsleiter. Deshalb verkaufe man das Holz dorthin, wo die Feuerungskessel kleiner sind, zum Beispiel in Dänemark.

Ob das in Zukunft weiter so gehandhabt wird, ist offen. Es laufen Gespräche mit Wärmeversorgern im Kreis Schleswig-Flensburg, ob die Holzhackschnitzel ab diesem Jahr dort verwendet werden können. Das bedeutet vor allem auch noch kürzere Transportwege und weniger Umweltbelastung.

Weihnachtsbäume nehmen jetzt die Recyclinghöfe entgegen - gegen Gebühr

Thorben Grimm und die Kollegen des TBZ müssen los, zur nächsten Sammelstelle. Ist die dann schließlich leergeräumt, kommen noch die Reinigungskollegen und kehren die letzten Nadeln weg. Wer jetzt noch in Flensburg Tannenbäume entsorgen will, muss sie zum nächsten Recyclinghof bringen und dafür dann auch eine Gebühr bezahlen.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 13.01.2025 | 19:30 Uhr