Mitarbeiter der Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG) warten auf das Statement von Ministerpräsident Günther bei einer Kundgebung nach einem Treffen mit Betriebsrat und Gewerkschaft IG-Metall auf dem Gelände der FSG.

Schleswig-Holstein Nach Insolvenzantrag: So könnte es bei FSG-Nobiskrug weitergehen

Stand: 13.12.2024 15:55 Uhr

Der Insolvenzantrag könnte der erste Schritt in eine Werften-Zukunft ohne Investor Lars Windhorst gewesen sein. Viele Optionen für neue Eigentümer gibt es nach NDR Informationen nicht.

Von Jörn Zahlmann und Peer-Axel Kroeske

Nach dem Insolvenzantrag der Werftengruppe FSG-Nobiskrug bleibt den Verantwortlichen wenig Zeit für einen möglichen Neuanfang. Nur bis Ende Januar bekommen die rund 500 Mitarbeiter in Flensburg und Rendsburg (Kreis Rendsburg-Eckernförde) Insolvenzgeld. Bis dahin sollten Investoren gefunden werden, die beide Standorte übernehmen können. Eine Zukunft mit dem bisherigen Investor Windhorst gilt als nahezu ausgeschlossen.

Große Werften im Fokus: Nur etablierte Schiffbauer eine Option

Die beiden Juristen haben bei einer Pressekonferenz am Donnerstag Gespräche mit deutschen Interessenten bestätigt. "Wir haben keine Gelegenheit, jemanden davon zu überzeugen, dass Schiffe bauen eine gute Idee ist. Das werden wir niemals hinbekommen. Wir brauchen dazu Profis, die das schon machen und die im Geschäft sind, die über Aufträge verfügen", sagt Insolvenzverwalter Hendrik Gittermann. Damit könnten nach NDR-Informationen die drei großen deutschen Werften gemeint sein: Das sind die Thyssen Krupp Marine Systems mit Sitz in Kiel, die Meyer-Werft aus Papenburg und die Bremer Lürssen Werft.

Windhorst-Werften sind voraussichtlich am 1. Februar entschuldet

Abzusehen ist, dass Gläubiger, die noch finanzielle Forderungen an die Werften haben, nur einen kleinen Teil ihres Geldes bekommen. Dafür wäre die FSG-Nobiskrug Werftengruppe zum voraussichtlichen Beginn des Insolvenzverfahrens am 1. Februar entschuldet. Das wäre schlecht für die Gläubiger, für einen möglichen zukünftigen Eigentümer vorteilhaft. Der müsste dann sondieren, wieviel qualifiziertes Personal noch vorhanden ist und wie die Perspektive für neue Aufträge aussieht.

Sollte eine große deutsche Werft neuer Eigentümer werden, könnte diese für Auslastung sorgen, indem aus Flensburg und Rendsburg Teile für bestehende Projekte zugeliefert werden. Die Werften FSG und Nobiskrug bauen allerdings ganz unterschiedliche Schiffe: Bei der FSG in Flensburg sind es Fähren, bei Nobiskrug in Rendsburg Superyachten.

Zuversicht beim Maritimen Koordinator der Landesregierung

"Wir haben in Schleswig-Holstein gerade mit diesen beiden Werften noch zwei zivil ausgerichtete Standorte mit einer guten Spezialisierung. Zum Beispiel in Rendsburg mit dem Rohrbau und in Flensburg mit dem Bau von diesen großen Fähren, für die es auf dem Weltmarkt immer noch eine große Nachfrage gibt", sagt Andreas Burmester, der Maritime Koordinator der Landesregierung.

Burmester glaubt an ein Kaufinteresse großer Werften - auch angesichts des wachsenden Bedarfes von sogenannten Konverterplattformen für die Offshore-Windkraft. Und: Die beiden vorläufigen Insolvenzverwalter würden die Branche gut kennen: "Das ist auch die große Chance für die beiden Standorte und wird dann hoffentlich dazu auch beitragen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die am wanken sind, das Unternehmen nicht verlassen werden."

Günther verspricht Unterstützung

Wie schon Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen hat auch Ministerpräsident Daniel Günther (beide CDU) zugesagt, bei der Suche nach Investoren behilflich zu sein. "Wir werden auch über unsere Kontakte zur Bundesregierung helfen, wo wir können. (...) Wir haben immer gesagt, dass wir auch mit Investoren selbst sprechen werden, um auch mitzuhelfen, dass das Unternehmen wieder auf sichere Beine gestellt wird. Und da können sich die Menschen in Flensburg und Rendsburg wirklich darauf verlassen, dass wir an ihrer Seite stehen."  

Weiter Weg zu normalem Arbeitsalltag in Flensburg und Rendsburg

Eine Wiederaufnahme des Betriebs auf den Werften ist während des vorläufigen Insolvenzverfahren zwar möglich, doch die Hürden sind hoch: "Es fängt schon an, dass Lieferanten, Strom, Verbrauchsmaterialen bezahlt werden müssen. Die beiden Insolvenzverwalter haben aber schon etliche Gespräche aufgenommen", sagt Michael Schmidt, Geschäftsführer von IG Metall in Flensburg. Eine gute Nachricht gab es direkt am Freitag: Dank neuer Energielieferverträge für die Nobiskrug-Werft in Rendsburg gibt es dort zunächst weiter Strom. Die Verträge seien von den Insolvenzverwaltern, Geschäftsführer Windhorst und den Stadtwerken SH vereinbart worden, teilten die Stadtwerke SH in Rendsburg mit.

Die gesamten finanziellen Rückstände werden auf einen zweistelligen Millionenbetrag beziffert. Geld für Versicherungen und TÜV-Prüfungen stand zuletzt nicht mehr zur Verfügung. Zumindest zur Überbrückung hoffen die Verantwortlichen jetzt auf staatliche Kredite oder Bürgschaften. Dann könnten die derzeit ruhenden Arbeiten an einer RoRo-Fähre in Flensburg und einer Superyacht in Rendsburg zumindest bis Ende Januar weitergehen. Gespräche mit den Auftraggebern laufen dazu, teilt FSG-Nobiskrug mit.

Worst-Case-Szenario: Was passiert ohne neuen Investor?

Sollte das Insolvenzverfahren Anfang Februar ohne neuen Eigentümer beginnen, wären alle Beschäftigten entweder arbeitslos oder würden - falls sich dafür eine Finanzierung fände - in einer Transfergesellschaft landen. Die Werftengruppe FSG-Nobiskrug müsste in diesem Fall wohl abgewickelt werden.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 13.12.2024 | 12:00 Uhr