Schülerinnen und Schüler sitzen in einem Klassenraum während eines Unterrichts an einer Privatschule.

Schleswig-Holstein So haben sich Privatschulen in SH entwickelt

Stand: 11.11.2024 10:47 Uhr

Laut Bildungsministerium in SH steigt die Zahl der Privatschulen im Land. In den vergangenen 20 Jahren wurden demnach 37 neue, sogenannte Allgemeinbildende Ersatzschulen gegründet. Die Zahl der Schüler dort stieg um mehr als 2.000.

Von Karen Münster

Es ist ein klassischer Freitagmorgen an einer Schule mitten in Elmshorn (Kreis Pinneberg): Eine Gruppe Siebtklässler übt das Rechnen mit Klammern. Einige der Schüler wirken noch ein bisschen müde - kein Wunder, es ist ja auch noch vergleichsweise früh. Die Lerngruppe besteht aus 17 Schülerinnen und Schülern, und der Mathe-Unterricht findet nicht wie gewohnt auf Deutsch, sondern auf Englisch statt. Erst auf den zweiten Blick fällt auf: Alle Kinder tragen eine blau-gelbe Schulkleidung. Hier an der Leibniz Privatschule gehört all das zum Konzept der Schule, erklärt Schulleiterin Barbara Manke-Boesten. "Ich möchte uns ungerne mit öffentlichen Schulen vergleichen. Aber hier können wir wohl anders lehren und sind flexibler, was die Unterrichtsgestaltung angeht als an so mancher öffentlicher Schule." Als Beispiel nennt sie das kürzlich eingeführte Handy-Einsammeln vor Unterrichtsbeginn. "An einer "normalen" Schule hätte das wohl länger gedauert, hier konnten wir das einfach beschließen."

Private Schulen in SH

Das Bildungsministerium in Schleswig-Holstein unterscheidet bei privaten Schulen nach eigenen Angaben zwischen sogenannten Ersatzschulen und Ergänzungsschulen. An den 95 Ersatzschulen im Land kann demnach die Schulpflicht erfüllt werden, auch ein Schulabschluss ist an dieser Schulform möglich. Zu diesen privaten Schulen zählen z.B. Waldorf- und Montessori-Schulen. Eine norddeutsche Besonderheit: In Schleswig-Holstein zählen auch die Schulen der dänischen Minderheit zu den Privatschulen.

Auch bundesweit mehr Privatschulen

Die Leibniz Privatschule in Elmshorn wurde 2006 gegründet. Nach einem Rückgang zwischen 2015 und 2017 steigen die Schülerzahlen seit einigen Jahren wieder. Damit liegt die Schule gewissermaßen im Trend, denn in Deutschland besuchen deutlich mehr Schülerinnen und Schüler eine Privatschule als noch vor 20 Jahren. Das hat eine Auswertung des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2023 ergeben.

Angaben des Bildungsministeriums in Kiel zeigen: Auch in Schleswig-Holstein steigt die Zahl der privaten Schulen. In den vergangenen 20 Jahren wurden demnach 37 neue Allgemeinbildende Ersatzschulen genehmigt und errichtet. Zwei von ihnen haben inzwischen wieder geschlossen. Die Zahl der Privatschülerinnen und -schüler stieg in den vergangenen zehn Jahren von knapp 14.700 auf 16.800. Im Vergleich zu anderen Bundesländern ist der Anteil der Privatschülerinnen und -Schüler jedoch weiterhin vergleichsweise niedrig, lag im Schuljahr 2023/2024 laut Statistischem Bundesamt bei knapp 5,8 Prozent.

Privatschule müssen Familien sich leisten können

Die Frage, ob man sein Kind lieber auf eine private oder eine öffentliche Schule schickt, kann im Zweifel auch eine Frage des Geldbeutels sein. Denn viele Privatschulen in Schleswig-Holstein erheben Schulgelder, so auch die Leibniz Privatschule in Elmshorn. Je nach Jahrgangsstufe werden hier Gebühren in Höhe von 160 bis 190 Euro pro Kind und Monat fällig. Hinzu kommt eine jährliche Einmalzahlung für Schulmaterialien und Bücher.

Ein Banner mit dem Zitat von John F. Kennedy und einem Porträt hängt an einer Wand in einer Privatschule.

Im Eingangsbereich der Leibniz Privatschule in Elmshorn hängt ein Banner mit einem bekannten Zitat von John F. Kennedy.

Cathrin Bitterschulte ist Mutter von drei Kindern an der Leibniz Privatschule - und kann sich das auch dank familiärer Hilfe leisten. "Wir sind nicht die oberen Zehntausend. Und wir erhalten auch Unterstützung von den Großeltern, weil drei Kinder eine Menge Geld kosten an dieser Schule. Aber am Ende ist es uns die Bildung unserer Kinder wert", erklärt sie. Ihre Entscheidung für die Privatschule ist nach eigenen Angaben eine sehr persönliche. Weil ihr ältester Sohn den Eindrücken einer Gemeinschaftsschule emotional nicht gewachsen war, wechselte er in der 5. Klasse kurzfristig von einer öffentlichen auf die private Schule. Ihre Tochter erkrankte vor einigen Jahren an Epilepsie, kann deshalb an einer privaten Schule nach Einschätzung der Eltern besser betreut werden, als es an einer öffentlichen möglich wäre.

"Ihnen ist die Bildung ihrer Kinder wichtig"

In Elmshorn etwa ist die Klassengröße auf maximal 22 Schülerinnen und Schüler begrenzt. Insgesamt sind die Beweggründe für eine Privatschule nach Angaben von Schulleiterin Manke-Boesten vielfältig. "Was sie eint: Ihnen ist die Bildung ihrer Kinder wichtig", erklärt sie. "Sie ist Angestellte und er arbeitet zum Beispiel in einem Handwerksbetrieb, das ist das typische Eltern-Paar an unserer Schule", so Manke-Boesten.

Das Bildungsministerium betont, dass Eltern die Wahl der Schulart nicht begründen müssen. Durch einen engen Austausch mit Schulträgern wisse man aber, dass sich Eltern aufgrund einer speziellen Ausrichtung oder eines pädagogischen Konzepts für eine Privatschule entscheiden würden. Einen zusätzlichen Beleg für diesen Erfahrungswert führt das Ministerium jedoch nicht an.

Was ist mit Bildungsgerechtigkeit?

Doch nicht längst alle Familien können es sich leisten, ihre Kinder auf eine Privatschule zu schicken. Claudia Pick, Landeselternbeirätin der Gymnasien in Schleswig-Holstein, wirft in diesem Zusammenhang auch die Frage der Bildungsgerechtigkeit auf. Privatschulen dürften nach ihren Worten keine Alternative zum staatlichen Bildungssystem sein. "Ich wünsche mir, dass unsere staatlichen Schulen so gut ausgestattet sind, dass man nicht das Gefühl hat, auf eine Privatschule gehen zu müssen, um gute Bildung oder gute Abschlüsse zu erhalten", so Pick.

Als eine Bedrohung empfinde sie Privatschulen aber nicht, sondern vielmehr als Ansporn, das staatliche Schulsystem zu verbessern, "damit Bildung nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist". Das schleswig-holsteinische Bildungsministerium betont in diesem Zusammenhang das Sonderungsverbot von privaten Schulen - demnach müssen private Schulen sicherstellen, dass Kinder unabhängig von der Einkommenssituation die Möglichkeit haben, auf diese Schule zu gehen. An der Leibniz Privatschule habe man dafür eine eigene Lösung gefunden, so Barbara Manke-Boesten. "Wenn jemand seinen Job verliert, besteht die Möglichkeit, die Beiträge zwischenzeitlich anzupassen." Um aber überhaupt an der Schule aufgenommen zu werden, müssen sich Eltern den Beitrag erstmal leisten können.

Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 11.11.2024 | 19:30 Uhr