Bürgermeister Nikolas Häckel steht vor dem Rathaus in Sylt.

Schleswig-Holstein Sylt: Gemeindevertretung stimmt für Abwahl des Bürgermeisters

Stand: 19.07.2024 09:50 Uhr

Die Sylter Gemeindevertretung hat dafür gestimmt, die Abwahl des Bürgermeisters Nikolas Häckel (parteilos) einzuleiten. Entscheiden werden darüber am 29. September die Wählerinnen und Wähler.

Von Andreas Rackow

26 Sylter Gemeindevertreterinnen und -vertreter haben für die Einleitung des Abwahlverfahrens gestimmt, drei dagegen, bei einer Enthaltung. Damit wird das Abwahlverfahren gegen den Bürgermeister der Gemeinde Sylt Nikolas Häckel (parteilos) eingeleitet. Häckel wurde außerdem durch einem weiteren Antrag mit sofortiger Wirkung die Fortführung der Amtsgeschäfte verboten. Die Wählerinnen und Wähler der Gemeinde Sylt (Kreis Nordfriesland) können nun am 29. September über die Abwahl ihres Bürgermeisters entscheiden. Um Häckel aus dem Amt zu entfernen, muss aber nicht nur die Mehrheit, sondern mindestens auch 20 Prozent der Wahlberechtigten für die Abwahl stimmen.

Begründung: "Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses"

Der Antrag war von allen Fraktionen mit Ausnahme des SSW bereits am 28. Juni eingereicht worden: von CDU, Grünen, SPD sowie den Wählergemeinschaften SWG und Die Insulaner. Die fünf Fraktionen begründen ihren Schritt mit der "Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses". Bei der Abwahl gehe es nicht um die Person, sondern um schwere Mängel in der Amtsführung, hieß es in einer Stellungnahme der Fraktionen. Häckel selbst war am Abend nicht zur Sitzung gekommen - sein Anwalt hatte ihn vertreten: "Er ist dienstfähig, das hat der Amtsarzt festgestellt - an der Dienstfähigkeit besteht kein Zweifel", sagte Häckels Rechtsanwalt, Trutz Graf Kerssenbrock. Die Vorwürfe gegen seinen Mandanten und die Prozessführung seien unhaltbar.

Nikolas Häckel (parteilos), Bürgermeister der Gemeinde Sylt und erneuter Kandidat für das Bürgermeisteramt, blickt in die Kamera

Die Gemeinde Sylt will die Abwahl ihres Bürgermeisters Nikolas Häckel einleiten.

Bürgermeister war lange krankgeschrieben

Seit Mitte Februar war Nikolas Häckel krankgeschrieben. Über seine private Homepage teilt der 50-Jährige mit, dass er sich derzeit aus einem Burn-out herausarbeite. Der von der Gemeinde Sylt beauftragte Amtsarzt habe kürzlich seine Dienstfähigkeit festgestellt und eine stufenweise Wiedereingliederung empfohlen. Die Gemeinde Sylt teilte mit: "Das mögliche Abwahlverfahren gegen Bürgermeister Nikolas Häckel durch die Gemeindevertretung ist sowohl sachlich als auch rechtlich unabhängig von der Überprüfung auf Dienstunfähigkeit zu betrachten. Es handelt sich hierbei um zwei unterschiedliche und unabhängige Vorgänge, die parallel stattfinden."

Begründungen für die Unzufriedenheit? Nur hinter vorgehaltener Hand

Bisher wollten sich die Gemeindevertreter öffentlich nicht näher zu den Gründen für ihre Unzufriedenheit mit Häckel äußern, aber inoffiziell heißt es immer wieder, Häckel sei mit dem Amt überfordert und habe es nicht geschafft einen regulären Haushalt aufzustellen. Auch der Umgang mit der angespannten Wohnungssituation auf der Insel und das Krisenmanagement bei den Protestcamps der Punks werden zumindest hinter vorgehaltener Hand immer wieder genannt. Außerdem soll es Probleme bei der Personalführung geben.

Für Häckels Anwalt ist der Abwahlantrag ein Skandal

Nikolas Häckel lässt sich von dem Kieler Arbeitsrechtler Trutz Graf Kerssenbrock vertreten. Der sieht in dem Versuch, einen an Depression erkrankten Verwaltungschef abzuwählen, einen Skandal. "So etwas hat es in Deutschland noch nicht gegeben", so Kerssenbrock, der juristischen Widerstand ankündigt und der Gemeinde Sylt "einen schlechten Stil" vorwirft. Versuche einer Einigung zwischen Häckel und der Gemeinde waren nach einer Hauptausschuss-Sitzung Mitte Mai gescheitert.

Hauptausschuss: "Krankheit werfen wir ihm nicht vor"

Die Chefin des Hauptausschusses Gritje Stöver (CDU) betont, dass die Krankheit nicht der Grund für das Abwahlverfahren sei. Vielmehr ginge es um die allgemeine Situation auf der Insel. "Die Struktur innerhalb der Verwaltung, in der Organisation der Verwaltung und der Mitarbeitenden läuft nicht optimal. Dinge bleiben liegen, gehen nicht voran." Der Unfrieden in der Bevölkerung ist laut Stöver so stark gewachsen, dass dieser Schritt nötig ist.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 19.07.2024 | 09:00 Uhr