Johann Wadephul, CDU-Spitzenkandidat.

Schleswig-Holstein Sabotage-Verdacht bei der Bundeswehr: Wadephul fordert besseren Schutz

Stand: 16.08.2024 08:39 Uhr

Nach dem mutmaßlichen Sabotageversuch in einer Kaserne in Köln und einem weiteren Verdacht im Kreis Euskirchen (NRW) gibt es eine Diskussion um die Sicherheitslage. Der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete Wadephul hält Sabotage auch im Norden für möglich.

Johann Wadephul (CDU) aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde sitzt unter anderem im Verteidigungsausschuss des Bundestages und ist sich sicher, dass zum Beispiel die Marinestützpunkte in Kiel und Eckernförde potentielle Angriffsziele für Sabotage oder Spionage sein könnten. Nachdem es offenbar einen Sabotageversuch auf dem Luftwaffenstützpunkt in Köln gab, wurde am Freitag außerdem bekannt, dass ein Zaun an einer Wasseraufbereitung im Bundeswehrgelände in Mechernich (Nordrhein-Westfalen) offenbar zerschnitten wurde. Wadephul forderte im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein am Donnerstag deshalb unter anderem mehr Personal für die Bundeswehr.

Herr Wadephul, wie schätzen Sie die Sicherheitslage in Schleswig-Holstein mit Blick auf den Zwischenfall in der Kölner Kaserne ein?

Johann Wadephul: Wir haben in Schleswig-Holstein viele sicherheitsrelevante Institutionen, gerade bei der Bundeswehr. Wenn ich an den Standort Eckernförde denke, mit den U-Booten und den Flottendienstbooten nur als Beispiele, die werden genauso Angriffsziele sein, wie wir das in anderen Bereichen jetzt bei der Bundeswehr erlebt haben. Wir wissen, dass Deutschland Angriffsziel ist, von wem auch immer - Nordkorea, Iran, Russland, Belarus - man weiß es nicht genau. Aber wir werden angegriffen, im Cyberraum schon länger und jetzt eben auch mit den Mitteln von Sabotage und das bedeutet ganz klar: Wir werden neue Anstrengungen unternehmen müssen, um uns besser zu verteidigen, um uns besser zu sichern.

Müssen sich die Marinestandorte nun vorsichtshalber abschotten? Sollte der "Tag der offenen Tür" in Eckernförde besser ausfallen?

Wadephul: Ich glaube nicht, dass wir auf den Tag der offenen Tür bei der Marine verzichten müssen, aber wir werden uns besser bewachen müssen. Früher ist die Bundeswehr immer durch eigene Kräfte geschützt worden, da hatten wir die Wehrpflicht. Wir wollen sie jetzt ja wieder, aber noch haben wir sie nicht. Aber ich glaube, wir werden uns besser schützen müssen. Da kann man auch Elektronik zum Einsatz bringen, das wird man auch machen müssen. Ob das immer durch zivile Mannschaften erledigt werden kann, das muss man hinterfragen. Insgesamt gesehen, müssen wir alle wachsamer werden, wir müssen aufmerksamer werden, wir müssen einfach mehr damit rechnen, auch wenn wir es nicht richtig wahrhaben wollen, dass wir Angriffsziel sind und wir müssen uns dagegen verteidigen können. Wir müssen uns schützen können.

Sehen Sie die Bundeswehr ausreichend für diese Aufgabe gewappnet?

Wadephul: Nein, die Bundeswehr muss ohnehin mehr Stärke haben. Sie soll ja wachsen, wir wollen mehr beschaffen und wir brauchen insgesamt gesehen mehr Menschen, mehr helfende Hände, die die Bundeswehr stärker machen können. Aber eben auch zum Schutze der Institution Bundeswehr selber brauchen wir mehr Personal, was uns verteidigen kann. Wir reden ja jetzt über eine Situation, die man im Grunde noch als Frieden bezeichnet, auch wenn wir angegriffen werden. Stellen Sie sich mal einen Spannungsfall vor, dann müssen wir nicht nur Bundeswehrinstitutionen schützen. Dann müssen wir auch die Staatskanzlei in Kiel schützen, dann müssen wir auch die Rader Hochbrücke schützen, dann müssen wir auch den Elbtunnel in Hamburg schützen und den Flughafen in Hamburg. Kurz gesagt: Wir brauchen mehr Personal für Sicherungsmaßnahmen in der Bundeswehr und das ist ein weiteres starkes Argument für eine Wehrpflicht.

Bis in die 90er Jahre hinein waren die Sicherheitsrisiken überschaubarer als heute - jetzt gibt es Drohnenüberwachung und Cyberangriffe …

Wadephul: Selbstverständlich ist das eine neue Dimension, aber wir sind noch nicht einmal geschützt gegen die ganz analoge Dimension, dass also jemand in Bundeswehrkasernen einbricht oder eben versucht, Wasser zu vergiften. Es kommt jetzt eben der Cyberraum dazu, also elektronische, digitale Angriffe, die auch natürlich die Bundeswehr lahmlegen können. Und in der Tat, Drohnen sind einfach die neue Dimension, auch in der Kriegsführung, das sehen wir in der Ukraine und die werden jeden Tag schon in Deutschland eingesetzt. Wir beobachten immer wieder Drohnen auch über Standortübungsplätzen der Bundeswehr und auch die muss man abhalten. Das geht elektronisch, die muss man nicht abschießen, aber es zeigt alles: Wir müssen wirklich Gas geben, wir müssen uns stärker anstrengen, um uns besser verteidigen zu können.

Wenn Sie das so konkret schildern: Kann man sagen der "Feind" sei schon im Land?

Wadephul: Ja, definitiv. Man muss ganz klar sagen, dass wir nicht in einer Situation leben, in der totale Friedfertigkeit herrscht. Das wünschen wir uns immer, aber es ist leider nicht der Fall, denn wir werden angegriffen. Es finden jeden Tag zigtausend digitale Angriffe auf deutsche Sicherheitsinstitutionen statt. Wir haben jetzt mit dem Sabotageakt eine neue Dimension erlebt und man kann sich weitere Dinge ausmalen, dass nicht nur Bundeswehrinstitutionen angegriffen werden, sondern beispielsweise die Wasserversorgung einer großen deutschen Stadt angegriffen werden würde. Also, es ist nicht schön darüber zu reden, aber es ist notwendig darüber zu reden, dass wir einfach uns klar machen müssen, dass wir in einem feindlichen Umfeld leben und einfach etwas dafür tun müssen, dass wir hier in Frieden und Ruhe weiter sein können.

Das Interview führte Christian Nagel für NDR Schleswig-Holstein.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 15.08.2024 | 17:00 Uhr