Schleswig-Holstein Wartelisten und Aufnahmestopp: Großer Andrang bei Tafeln in SH
Viele Tafeln in Schleswig-Holstein melden einen zunehmenden Ansturm von Bedürftigen, doch die Lebensmittel reichen oft nicht für alle aus. Deswegen ergreifen einige Tafeln jetzt harte Maßnahmen.
Nicht mehr wöchentlich, sondern nur noch alle 14 Tage: Weil bei vielen Tafeln in Schleswig-Holstein so viel los ist und die Lebensmittel knapp werden, können Kunden bei einigen Ausgabestellen nicht mehr so oft vorbeikommen wie bisher, erklärt der Vorsitzende der Tafel Schleswig-Holstein/Hamburg, Frank Hildebrandt. Aufgrund der hohen Nachfrage haben einige Tafeln im Land auch Maßnahmen für Neukunden ergriffen - sie landen jetzt auf Wartelisten oder werden gar nicht mehr aufgenommen.
Lebensmittelspenden stark rückläufig
Die 57 Tafeln in Schleswig-Holstein retten Lebensmittel von Supermärkten, Discountern oder Großbäckereien. Diese geben sie an bedürftige Menschen weiter. In letzter Zeit seien die Warenspenden jedoch bis zu 50 Prozent zurückgegangen, so Hildebrandt.
Der Landesvorsitzende führt das vor allem auf die zunehmende Digitalisierung der Supermärkte zurück: "Der Handel kann viel bedarfsgerechter ordern oder produzieren. Außerdem werden Restetüten verbilligt verkauft. Es bleibt einfach nicht mehr so viel übrig, was die Tafeln verteilen können." Deshalb rationieren einige Tafeln die Lebensmittel und die Bedürftigen bekommen weniger.
Es ist laut dem Landesvorsitzenden nun wichtig, neben Supermärkten und Bäckereien neue Bezugsquellen zu erschließen. Derzeit arbeite man intensiv daran. Denn, so Hildebrandt, "für das neue Jahr sehe ich keinen konkreten Hoffnungsschimmer, was die Warenabgabe durch den örtlichen Handel anbelangt".
Theater- oder Kinobesuch ermöglichen
Als Tafel sei man zwar kein Komplettersorger, sagt Hildebrandt, er sehe aber den Auftrag, Menschen die Teilhabe am sozialen Leben besser zu ermöglichen: "In dem Moment, wo man sein Geld nicht für Lebensmittel ausgeben muss, kann man es logischerweise sparen und dafür ins Theater oder Kino gehen, mal ein Buch kaufen oder die Kinder zum Kindergeburtstag schicken."
Stark gestiegene Lebensmittelpreise und Mieten sowie eine hohe Inflationsrate sorgen "natürlich bei Menschen, die eh schon nicht viel haben, für zusätzlichen Druck", sagt der Vorsitzende der Tafel Deutschland, Andreas Steppuhn. "Staat und Politik sind in der Verantwortung, Armut endlich wirksam zu bekämpfen." Das verlangt auch der schleswig-holsteinische Verbandsvorsitzende Hildebrandt: "Wir fordern von der Politik, dass sie dafür sorgt, dass jeder Mensch in Deutschland von seinem Einkommen seinen Lebensunterhalt alleine bestreiten kann."
1,6 Millionen Bedürftige in Deutschland
In Schleswig-Holstein sind 57 Tafeln Mitglied im Landesverband Schleswig-Holstein/Hamburg mit Sitz in Flintbek (Kreis Rendsburg-Eckernförde). Dem Landesverband gehören zudem vier weitere Standorte in Hamburg an. 265.000 Tonnen Lebensmittel jährlich retten die Tafeln bundesweit laut Dachverband der Tafeln in Deutschland. Im Bundesgebiet unterstützen 975 Tafeln mit diesen Waren etwa 1,6 Millionen Menschen mit Lebensmittelspenden.
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein 18:00 | 23.12.2024 | 18:00 Uhr