Schleswig-Holstein Insolvenz der Windhorst-Werften FSG-Nobiskrug: "Wir haben wenig Zeit"
Die Werften FSG und Nobiskrug in Flensburg und Rendsburg gehen in die Insolvenz. Den Antrag darauf hat nicht Investor Lars Windhorst gestellt. Die Insolvenzverwalter wollen bis Ende Januar Lösungen finden.
Für die FSG-Nobiskrug-Werften in Flensburg und Rendsburg (Rendsburg-Eckernförde) ist Insolvenz beantragt worden. Den Antrag kam nach Angaben der Insolvenzverwalter nicht von Investor Lars Windhorst, sondern von den Sozialversicherungsträgern. Neben der Holdingsgesellschaft der beiden Werften sind auch die Tochterunternehmen Flensburger Schiffbau Gesellschaft, FSG-Nobiskrug Design GmbH und Nobiskrug Yachts GmbH betroffen.
In allen Fällen war auch zuletzt noch Windhorst als Geschäftsführer eingetragen - obwohl er vor einem halben Jahr eine neue Leitung präsentiert hatte, die die Geschäfte vor Ort koordiniert. Nun übernehmen stattdessen Experten von Kanzleien in Hamburg den Betrieb: Einer von ihnen, Christoph Morgen, hatte bereits die Insolvenzverwaltung vor vier Jahren inne. Neben ihm ist Hendrick Gittermann als Insolvenzverwalter eingesetzt.
Insolvenzverwalter wollen aufs Tempo drücken
"Wir haben wenig Zeit. Wir brauchen eine Lösung", sagte Morgen am Nachmittag auf einer Presseerklärung in Flensburg. Bis Ende Januar müsse die Investorensuche bestenfalls abgeschlossen sein. Anfang Februar soll das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Zum möglichen Weiterbau an einem Auftrag in der Flensburger Werft seien am Donnerstag bereits Gespräche geführt worden.
Erleichterung bei Betriebsrat und Gewerkschaft
"Das, was Lars Windhorst hier die letzten Jahre gemacht hast, ist nicht in Worte zu fassen.Wir sind alle einfach kaputt. Wir sind einfach froh, dass jetzt was passiert", sagte FSG-Betriebsratsvorsitzende Jan Brandt auf der Pressekonferenz. Michael Schmidt, Geschäftsführer der IG Metall in Flensburg, sprach vom "Tag der Befreiung". Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) berichtet, er habe heute erstmals Blicke in die Schränke werfen dürfen und habe lauter gelbe Briefumschläge gesehen: "'Gerichtsverfahren' - Unglaubliche. Ich bin fassungslos.“
Lars Windhorst will trotzdem an Werften festhalten
Bereits am Donnerstagmittag meldete sich Lars Windhorst zu Wort. Das Verfahren werde der "Versachlichung der aufgeheizten öffentlichen Diskussionen um die Sanierung der Werften dienen", meinte der Risikoinvestor. Er halte unverändert daran fest, die Werften erhalten und sanieren zu wollen. "Ich glaube nach wie vor an die Zukunft der FSG Nobiskrug", so Windhorst weiter. Dazu erklärte Insolvenzverwalter Hendrick Gittermann nur, dass er am Donnerstag zwar mit Windhorst gesprochen habe, dies aber nicht wiederholen wolle, um die Mitarbeiter nicht weiter zu verärgern.
Wirtschaftsminister Habeck: "Chance für eine Neuaufstellung"
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kündigte unterdessen schnelle Unterstützung bei der Suche nach potenziellen Investoren an. Neue Aufträge könnten laut Habeck etwa für den Bau sogenannter Konverterplattformen gewonnen werden. "Dort besteht ein hoher Bedarf im Zuge des Ausbaus der Offshore-Windenergie. Die deutschen Werften können das. Nun besteht die Chance für eine Neuaufstellung. Diese muss genutzt werden. Ich werde alles tun, um hier zu unterstützen", sagt Habeck. Die Werften könnten unter neuer Leitung weitergeführt werden, sobald das Insolvenzverfahren eröffnet ist.
Von Seiten der Landesregierung war mehrfach zu hören, dass es Interessenten für eine Übernahme der Werftengruppe gebe. "Wir hoffen, dass die Insolvenz schnell zu einem geordneten Übergang der Werften führt. Unser Ziel ist es, dass die hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schnell Sicherheit bekommen. Lars Windhorst und Schleswig-Holstein passen nicht zusammen", teilt der wirtschaftspolitische Sprecher Lukas Kilian (CDU) mit.
Opposition fordert schnelles Handeln von der Regierung
Die SPD-Fraktion fordert die Landesregierung zu schnellem Handeln auf: "Aus diesen Ankündigungen müssen nun schnellstmöglich konkrete Gespräche werden", heißt es in einer Pressemitteilung. Die Landesregierung müsse sicherstellen, dass die bestmögliche Lösung für das Unternehmen und seine Mitarbeitenden gefunden werde. Das Verhalten von Investor Windhorst sei immer mehr zu einer völlig inakzeptabelen Zumutung für die Belegschaft geworden.
"Der Insolvenzantrag ist zunächst bedauerlich, denn dies lässt die Beschäftigten über Weihnachten in einer Unsicherheit zurück, die mit Verhandlungslösungen vermieden worden wäre. Es gibt jetzt allerdings auch die Chance, aus der Insolvenz zu konstruktiven Zukunftslösungen zu kommen", heißt es vom wirtschaftspolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz.
Sybilla Lena Nitsch vom SSW sieht in der Insolvenz eine gute Nachricht, da diese den Weg für eine neue Lösung bahne - ohne Windhorst. Das Land müsse sich jetzt darüber einig werden, wie man den Übergangsprozess gestalte. Nitsch hält es für eine gute Idee, sich als Land auch in einer Transfergesellschaft zu engagieren.
Insolvenzgeld für 490 Mitarbeiter bis Ende Januar
Laut IG Metall und Betriebsrat waren die Novemberlöhne und auch das Weihnachtsgeld nicht oder nur zum Teil auf den Konten der Mitarbeitenden angekommen. Löhne kamen in der Vergangenheit immer wieder verspätet. Die 330 Beschäftigten in Flensburg und 160 in Rendsburg bekommen voraussichtlich bis Ende Januar Insolvenzgeld. "Jetzt setzt der staatliche Lohnersatz über das Insolvenzgeld für drei Monatsgehälter ein. Das heißt wir haben keine Zeit zu verlieren" , teilt die Flensburger Landtagsabgeordnete Catharina Nies (Grüne) mit.
Der große Vorteil ist, dass im vorläufigen Insolvenzzeitraum des Entgelt gesichert werde, erklärt Marcus Stöcken vom Betriebsrat. "Das ist das Dringendste, was die Kollegen jetzt brauchen", so Stöcken weiter: "Denn Stand heute sind wir 14 Tage überfällig."
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NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 12.12.2024 | 10:00 Uhr