Drei Menschen in bleuen Westen laufen über das Oktoberfest in Erfurt.

Thüringen Awareness-Team sorgt für Sicherheit beim Oktoberfest - aber nicht im Festzelt

Stand: 05.10.2024 19:15 Uhr

Auf großen Volksfesten und speziell beim Oktoberfest kommt es im Getümmel auch zu Übergriffen. In Erfurt ist auf dem Domplatz in diesen Tagen erstmals ein geschultes Team unterwegs, an das sich Betroffene wenden können. Doch es ist nicht überall da, wo es unter Umständen gebraucht wird.

Von Melanie Lal, MDR THÜRINGEN

Auf dem Erfurter Oktoberfest sind sie unverkennbar: Mitglieder des Awareness-Teams in blauen Westen und mit leuchtenden Rucksäcken. Hier inmitten des Trubels auf dem Domplatz sollen sie für mehr Sicherheit sorgen. Ihr Ziel ist es, Besucher vor Diskriminierung, übergriffigem Verhalten und sexualisierter Gewalt zu schützen. Zum ersten Mal sind die "Nachteulen", so der Name des Teams, in diesem Jahr auf dem Volksfest unterwegs.

"Eine Art seelische Erste Hilfe"

Das englische Wort Awareness bedeutet so viel wie "Bewusstsein" oder "Wahrnehmung" - sich also einer bestimmten Sache bewusst zu sein oder sie zu erkennen. Das Konzept zielt darauf ab, Unterstützung zu bieten, aber auch ein sicheres Umfeld zu schaffen - sogenannte "Safer Spaces". Ein solcher Schutzraum ist als Container in der Nähe der Polizeistation aufgestellt worden. "Wir unterstützen in einer Art seelischen Ersten Hilfe", erklärt Projektleiter Karsten Melang, der als "Nachteule" auch über das Oktoberfest geht. Das Team versuche dann, den Betroffenen zu helfen oder notfalls weiterführende Hilfe zu vermitteln.

Ein Mann steht vor einem Riesenrad.

Karsten Melang ist für die Erfurter "Nachteulen" im Einsatz.

Das Konzept und das Engagement kommen offenbar gut an, wie Besucherinnen auf dem Domplatz MDR THÜRINGEN berichten. "Es ist schön, sich an Leute wenden zu können, wenn man Probleme hat", sagt etwa Oktoberfest-Besucherin Anna Schmelcher. "Es ist wichtig, dass sich alle gesehen und gehört fühlen", ergänzt Sunny Schlenzig. Anna-Lena Reum berichtet, dass sie ein "Nachteulen"-Team auch schon im Nordpark gesehen hat. Hier auf dem Oktoberfest seien aber viel mehr Menschen unterwegs und deshalb sei es auch hier umso wichtiger.

Awareness-Teams nicht im Festzelt

Größere Vorfälle hat es laut Melang bisher nicht gegeben. Aber an einem Ort auf dem Oktoberfest kommt das Awareness-Team nicht zum Einsatz: im Festzelt. Ronny Schmidt ist der Betreiber und sieht weder Platz für einen Safer Space, noch einen konkreten Bedarf für das Awareness-Team innerhalb des Zelts. "Wir haben Securitys, wenn etwas sein sollte", sagte Schmidt MDR THÜRINGEN.

Ein Rucksack mit der Aufschrift "Erfurter Nachteulen".

Mit ihren leuchtenden Rucksäcken sind die Mitglieder des Teams schnell erkennbar.

"Ich bedauere die Entscheidung von Herrn Schmidt sehr", sagt dazu Stadtrat Stefan Schade. Der SPD-Politiker hatte im vergangenen Jahr einen Antrag in das Kommunalparlament gebracht, wonach es bei Großveranstaltungen solche geschützten Bereiche geben müsse. "Politik, Verwaltung und der Festzelt-Veranstalter müssen hier eine Lösung finden", fordert Schade.

"Ich setzte alles daran, dass es nächstes Jahr einen Safer Space im Festzelt gibt." Befürworter des Awareness-Konzepts sehen gerade an dicht gefüllten Orten mit hohem Alkoholkonsum ein höheres Risiko für übergriffiges Verhalten. Während sich die Security eher um die Störenfriede kümmere, richte sich der Blick von Awareness-Teams auf die Betroffenen.

Erfurter Oktoberfest: Eine Bilanz

Erfurter "Nachteulen" auf Großveranstaltungen und in Parks unterwegs

Die "Nachteulen" sind nicht nur auf dem Oktoberfest aktiv, sondern auch in verschiedenen Parkanlagen der Stadt. Ab Mai nächsten Jahres werden sie regelmäßig im Einsatz sein, insbesondere in der Nordpark-Aue bis hin zum "Klein Venedig" sowie an weiteren zentralen Orten wie dem Petersberg, dem Brühler Garten und dem Fischmarkt.

"Wir sind jeden Freitag und Samstag von 20 bis 2 Uhr nachts unterwegs", sagt Projektleiter Melang. Neben dem Oktoberfest sollen so Veranstaltungen wie der Altstadtfrühling, das Weinfest und der Weihnachtsmarkt einmal mehr zu positiven Erlebnissen für die Besucher werden.

MDR (lal/jn/sar)