Die mit Fachwerkhäusern bebaute mittelalterliche Krämerbrücke über den Fluss Gera in Erfurt.

Thüringen Die Erfurter Krämerbrücke wird 700 Jahre: Wie das gefeiert wird

Stand: 01.01.2025 14:10 Uhr

Sie ist nur 120 Meter lang und mit 32 Häusern bebaut. Die Krämerbrücke in Erfurt gehört zu Thüringens bedeutendsten Wahrzeichen. Sie ist die längste durchgehend mit Häusern bebaute und bewohnte Brücke Europas. In diesem Jahr wird die steinerne Bogenbrücke 700 Jahre alt. Das wird mit vielen kleinen Events und Projekten gefeiert.

Von Antje Kirsten, MDR THÜRINGEN

Es passiert nicht selten, dass Touristen direkt vor ihr stehen und fragen, wo denn nun die Krämerbrücke ist. Mit ihren Häusern, den kleinen Handwerkergeschäften, den Stühlen und Tischchen im Sommer davor ist sie auf den ersten Blick kaum als Brücke zu erkennen. "Es ist ein Mikrokosmos. Manche sagen auch, das ist das Dorf in der Stadt", beschreibt es Puppenbauer Martin Gobsch.

Er lebt und arbeitet seit 14 Jahren auf der Brücke. Vor seiner Schauwerkstatt stehen täglich die Touristengruppen: "Das ist manchmal belastend, manchmal inspirierend, Fluch und Segen zugleich. Aber ich habe mich ja bewusst dafür entschieden. Und ich will Leuten zeigen, dass man mit verrückten, fast weltfremden Ideen wie Puppen bauen seinen Weg gehen kann. Wenn man für etwas brennt, sollte man dem nachgehen."

Blick durch eine weihnachtlich geschmückte Altstadtgasse auf einen Kirchturm unterm Abendhimmel.

Zu jeder Jahres- und Tageszeit sehenswert: die Krämerbrücke in Erfurt.

50 Erfurter leben auf der Brücke

Martin Gobsch ist einer von 15 Händlern auf der Brücke, die auch auf ihr leben. 150 Menschen arbeiten hier und 50 Menschen nennen als Wohnadresse die Krämerbrücke. Im Mittelalter war sie ein wichtiger Handelsweg, Teil der Via Regia. Hier wurde die Färberpflanze Waid verkauft, mit dem die Erfurter reich wurden. Die Färberpflanze wuchs vor den Toren der Stadt und wurde auf der Krämerbrücke mit Gold aufgewogen.

Es ist ein Mikrokosmos. Manche sagen auch, das ist das Dorf in der Stadt. Martin Gobsch | Puppenbauer und Hausbesitzer auf der Krämerbrücke

Die Brücke ist eigentlich viel älter als 700 Jahre. Der Vorgängerbau entstand um 1117 und war aus Holz. Schon da hatten Krämer links und rechts der Brücke Kramläden aufgestellt. Nachdem dieser Bau abgebrannt war, wurde eine steinerne Brücke über den Breitstrom errichtet. Der Bau war 1325 fertig und damit vor 700 Jahren.

Krämerbrücke Erfurt im Winter

Einst zählte die Erfurter Krämerbrücke 62 Häuser. Die wurden im Laufe der Jahrhunderte zu 32 zusammengelegt. Die Brücke wird in diesem Jahr 700 Jahre alt.

Kleine Events und Projekte zum 700. Jubiläum

Das Jubiläum wird mit vielen kleinen Events und Projekten gefeiert. "Die Krämerbrücke ist eine Perle für die Stadt. Das Flair ist einmalig. Und wir wollen den feinen Charakter der Brücke in diesem Jubiläumsjahr nicht mit Großveranstaltungen überstülpen", sagt Imke Beyers von der Kulturdirektion der Stadt. Es werde daher eine Vortragsreihe zur Geschichte und Gesprächsformate rund um die Brücke geben.

Eröffnet wird das Jubiläumsjahr festlich am 31. Januar. Natürlich werde auch das Krämerbrückenfest thematisch das Jubiläum würdigen. Wie, das wird erst noch geplant. Seit 1975 lädt Erfurt am dritten Juni-Wochenende zum Krämerbrückenfest. Längst ist es eines der größten Stadtfeste Thüringens.

"Theatrum mundi. Das mechanische Theater" auf der Krämerbrücke in Erfurt.

Das "Theatrum mundi. Das mechanische Theater" von Martin Gobsch auf der Krämerbrücke in Erfurt.

Hausfahnen für jedes Krämer-Haus

Einst zählte die Brücke 62 Häuser. Die wurden im Laufe der Jahrhunderte zu 32 zusammengelegt. Und so hat Martin Gobsch zwei Häuser. Das eine trägt den Namen "Zum güldenen Einhorn". Das andere heißt "Zum weißen Rad". "Die Häuser hatten früher ja keine Nummern. Die Namen waren die Orientierungshilfen", erklärt Gobsch. In diesem Jahr bekommt jedes Haus eine Hausfahne. Das ist eines von drei aktuellen Projekten der Stiftung Krämerbrücke. "Auf den Fahnen sind die Namen der Häuser illustriert". Die 32 Fachwerkhäuser gehören fast alle der kommunalen Wohnungsgesellschaft Kowo.

Beim Sanieren und Ausbau des Hauses merkt man an jedem einzelnen Detail wie altehrwürdig das alles hier ist. Claudia Beck | Papeterie "Qnik" auf der Krämerbrücke

Beim Vermieten spricht die Stiftung Krämerbrücke aber das gewichtige Wort. Es werde darauf geachtet, dass die "Krämer" auf die Brücke passen. So gibt es keine Filialen von großen Ketten und viele der Händler, Handwerker produzieren in kleinen Werkstätten ihre Waren auch auf der Brücke. Und es zählt der Mix:  Das reicht vom Schokoladen-Laden "Goldhelm" bis zum mehrfach als eines der schönsten Kinderbuchgeschäfte Deutschlands gekürtem Geschäft "Tintenherz" oder zum Gewürzladen und der Galerie des Verbandes der Bildenden Künstler Thüringens.

Des Puppenspielers Schaufenster: Claudia Beck betreibt seit dem Ende ihres Studiums vor fünf Jahren die Papeterie „Qnik“ auf der Krämerbrücke

Des Puppenspielers Schaufenster: Claudia Beck betreibt seit dem Ende ihres Studiums vor fünf Jahren die Papeterie „Qnik“ auf der Krämerbrücke

Briefmarke und Künstlerbuch im Jubiläumsjahr

Neben den Hausfahren wird es eine Jubiläums-Briefmarke mit zwei Motiven geben und die Wiederauflage eines Buches. In dem Bild- und Textband werden die Handwerker und Künstler vorgestellt, die auf der Brücke arbeiten und leben. Das Buch war 1998 herausgeben worden und hieß "Kunst und Künstler auf der Krämerbrücke". Stiftung und Kulturdirektion haben nach Stiftungsratsmitglied Gobsch beim Vorbereiten des Jubiläums gut zusammengearbeitet.

Seit fünf Jahren lebt und arbeitet auch Claudia Beck auf der Brücke. Mit ihrem Partner führt sie die Papeterie "Qnik". Studiert haben die zwei in Schweden und New York. Die Krämerbrücke aber hat ihr Herz erwärmt: "Hier herrscht ein sehr nettes Klima. Und beim Sanieren und Ausbau des Hauses merkt man an jedem einzelnen Detail wie altehrwürdig das alles hier ist." Die Brücke werde 700 Jahre alt, das Haus steht so lange schon. "Das ist doch wirklich unglaublich", findet Beck.

MDR (rom)