Sandro Dorst arbeitet an einem Schutz für junge Bäume im Wald

Thüringen Wie Sparpläne im Thüringer Landeshaushalt den Wald der Zukunft bedrohen

Stand: 20.11.2024 21:39 Uhr

Sandro Dorst setzt alles daran, seinen Wald in Thüringen wieder aufzuforsten. Mit Geduld und harter Arbeit kämpft er gegen die Folgen des Klimawandels. Nun bedrohen Sparpläne im Landeshaushalt 2025 sein Engagement.

Von Robert Müller, MDR THÜRINGEN

Sandro Dorst strahlt viel Ruhe und Gelassenheit aus. Die braucht der Kunstschmied aus der Nähe von Sonneberg auch, wenn er in seinem etwa 20 Hektar großen Privatwald unterwegs ist. Denn das, was man auf den ersten Blick wahrnimmt, sieht nicht nur nach viel Arbeit aus. Es wirkt bedrückend.

Dort, wo sich vor wenigen Jahren noch dichter Fichtenwald erstreckte, stehen nur noch wenige Bäume. Wie fast in ganz Thüringen haben die trockenen Sommer 2018 und 2019 den Flachwurzlern die Abwehrkräfte gegen Schädlinge wie den Borkenkäfer genommen. Eine Einladung, die der Forstschädling ohne zu zögern angenommen hat - mit katastrophalen Folgen. Für den Wald und die Menschen, die sich ihm verpflichtet fühlen.

Umgestürzte Bäume in einem Wald

Hitze und Trockenheit haben in den vergangenen Jahren verheerende Schäden an den Wäldern in Thüringen hinterlassen.

Junge Bäume für den Wald der Zukunft

Auf den zweiten Blick erkennt man, dass seitdem aber auch viel Arbeit in die Fläche gesteckt wurde. Mehr als 6.000 junge Bäume, sorgsam vor dem ewig hungrigen Rotwild geschützt, wachsen dort heran.

Leicht haben sie es nicht. Es gibt kaum Schutz vor dem scharfen Wind hier am Hang und die Brombeeren wuchern wie Unkraut. Würde Sandro Dorst sie nicht regelmäßig mit großem Aufwand entfernen, hätten sie in Windeseile den jungen Trieben das Licht und die Nährstoffe geraubt.

Sandro Dorst arbeitet an einem Schutz für junge Bäume im Wald

Sandro Dorst kümmert sich um die Wiederaufforstung im Wald.

Generationen seiner Familie konnten vom Wald gut leben. Man hatte Holz zum Bauen, zum Heizen, und konnte natürlich auch etwas davon verkaufen. Es war eine Art Symbiose: Für die Arbeit, die in den Wald investiert wurde, bedankte er sich mit dem wertvollen Rohstoff Holz.

Doch die Rechnung geht schon lang nicht mehr auf. 2020, 2021 sind die Holzpreise so rapide gefallen, dass er am Ende sogar drauf bezahlt habe, sagt Dorst. Während er das erzählt, richtet er den Blick auf die jungen Bäume. Ehe die groß genug sind, wird er vielleicht schon nicht mehr sein. Doch Waldbesitzer zu sein, dass sei eine Art Lebensphilosophie. Er wolle diesen enormen Umbruch nutzen, um Grundsteine zu legen, für einen wirklich stabilen Wald in der Zukunft.

Millionenschäden im Wald durch Trockenheit und Borkenkäfer

Doch Wiederaufforstung kostet Geld. Sehr viel Geld sogar. Matthias Pfannstiel vom Waldbesitzerverband für Thüringen berichtet, dass innerhalb der letzten Jahre in Thüringen eine Waldfläche von etwa 130.000 Hektar durch Borkenkäfer und Trockenheit verloren gegangen sei. Selbst wenn nur 30 Prozent davon aktiv wieder aufgeforstet würden, bräuchte es dafür etwa 400 Millionen Euro.

So wie auch Sandro Dorst würden die meisten privaten Waldbesitzer sehr viel Arbeit und auch Geld in ihren Wald stecken, mit ungewissen Ertragsaussichten angesichts des Klimawandels. Und dazu seien sie auch bereit. Doch ohne Förderung ginge das einfach nicht.

Kahle Bäume in einem Wald

Der Klimawandel setzt den Wäldern in Thüringen zu.

Weniger Fördermittel für Wiederaufforstung im Thüringer Haushaltsplan 2025

Sowohl der Bund als auch der Freistaat gewähren für Schadensbeseitigung und Wiederaufforstungen nach Großschadensereignissen Fördermittel. Doch im Entwurf des Thüringer Haushalts für 2025 ist dieses Programm massiv gekürzt worden: Statt fünf Millionen Euro, wie im Vorjahr, sind nur noch 850.000 Euro eingeplant. Der Grund: Der Freistaat muss massiv sparen.

Der Wald ist eine der Lebensgrundlagen für uns und wir als Gesellschaft - gesamtgesellschaftlich - sollten begreifen, dass wir unseren Wald jetzt wieder aufbauen müssen. Matthias Pfannstiel | Waldbesitzerverband für Thüringen e.V.

Die Landesmittel haben gegenüber den Bundesmitteln aber einen entscheidenden Vorteil. Die Förderquote, gerade für die kleineren Waldbesitzer, ist deutlich höher. Für Pflanzgut beispielsweise bis zu 100 Prozent. Und auch die Pflanzung und der Schutz der jungen Pflanzen wird bezuschusst.

Sandro Dorst hat gerade einen Wildschutzzaun bestellt. Rund 10.000 Euro hat der gekostet - Geld, von dem er zumindest hofft, dass er es teilweise über die lange beantragte Förderung erstattet bekommt. Aber sicher ist das nicht. Denn beschlossen wird der Haushalt wohl erst im nächsten Jahr.

Sandro Dorst steht mit einem Kamerteam zwischen verkleideten jungen Bäumen in einem Wald

Wiederaufforstung und der Schutz junger Bäume kosten Geld - doch ein großer Teil im Landeshaushalt könnte dafür im nächsten Jahr wegfallen.

Für Matthias Pfannstiel vom Waldbesitzerverband für Thüringen ist die geplante Kürzung ein Unding: "Der Wald muss wieder aufgeforstet werden, das ist sogar gesetzlich geregelt. Aber wie das ohne Geld funktionieren soll, dass erschließt sich für mich nicht! Der Wald ist eine der Lebensgrundlagen für uns und wir als Gesellschaft - gesamtgesellschaftlich - sollten begreifen, dass wir unseren Wald jetzt wieder aufbauen müssen." Noch ist der Haushalt im Entwurfsstadium. In den Ausschüssen kann sich noch einiges ändern.

Für Waldbesitzer wie Sandro Dorst ist allein die Diskussion um Kürzungen für die Waldrettung befremdlich. Denn schließlich sei der Wald viel mehr als nur ein Wirtschaftsfaktor.

MDR (cfr)