Thüringen Wie Ehrenamtliche eine Gemeinde im Weimarer Land zusammenhalten
Acht Dorfkümmerer halten in der Gemeinde Grammetal im Weimarer Land den Laden zusammen: Die Ehrenamtlichen organisieren Spielplatzfeste oder helfen bei Notfällen aus. Die 15 Dörfer in der Gemeinde wachsen so nebenbei zusammen.
In der Landgemeinde Grammetal im Weimarer Land sind sie eine Erfolgsgeschichte: die Dorfkümmerer. Im Februar 2022 haben die ersten fünf Ehrenamtlichen ihre Arbeit aufgenommen. Im Januar 2025 werden es 13 sein, wie Bürgermeister Roland Bodechtel (CDU) berichtet. Was als Projekt mit Unterstützung des Landesprogramms für das solidarische Zusammenleben der Generationen begonnen hat, ist zu einer Art Selbstläufer geworden.
Bodechtel kann nur Gutes berichten: "Es ist wunderbar zu beobachten, wie die Menschen durch die Dorfkümmerer zusammenfinden. Natürlich hat es die Macher schon immer gegeben, aber jetzt hat das Ganze eine gute Struktur." Nach gut zwei Jahren Arbeit ist auch Koordinator Konstantin Schwark (CDU) stolz auf "sein" Projekt. Er lässt die Dorfkümmerer machen.
Bastelstube hält Bechstedtstraß zusammen
"Wir können uns nach Lust und Laune einbringen und eigene Ideen umsetzen", berichtet Peggy Schwarz, die von Anfang an dabei ist. In ihrem Heimatort Bechstedtstraß hat sie in der ehemaligen Gaststätte eine Bastelstube eingerichtet. "Hier treffen sich Kinder und Senioren. Generationenübergreifend wird hier geklebt und gemalt. Hier entstehen Geschenke, Dekorationen und Ausstellungsstücke. Vor allem aber wird hier gequasselt und Spaß gemacht."
Bei uns führt Peggy die Fäden zusammen. Birgit Schubert | aus Bechstedtstraß
In anderen Dörfern halten Senioren-Cafés die Gemeinschaft zusammen. Auch Tanzkreise haben sich formiert. "Die Dorfkümmerer lösen eine gewisse Dynamik aus", berichtet Birgit Schubert, die jede Veranstaltung im Ort mit unterstützt. "Ein Mensch allein kann das gar nicht bewerkstelligen. Es muss aber immer jemanden geben, der die Organisation in die Hand nimmt und nach Hilfe fragt. Bei uns führt Peggy die Fäden zusammen."
Dorfkümmerin Peggy Schwarz aus Bechstedtstraß
Viele Veranstaltungen im Dorf
Peggy Schwarz hat gelernt, nach Hilfe zu fragen. "Wenn ein Loch fürs Sonnensegel gebuddelt werden muss, dann spreche ich die Männer an. Fehlt ein Kuchen fürs Kinderfest, frage ich meine Seniorinnen." Und so ist in Bechstedtstraß jede Menge los. Der Veranstaltungskalender ist gut gefüllt. Frauentag, Muttertag, Spielplatzfest, Flohmarkt, Ausstellungen oder Weihnachtskino. Die Liste ist lang und Ideen kommen ständig dazu.
Ehrenamt neben anstrengendem Job
"Aber als Dorfkümmererin bin ich nicht nur die Veranstaltungsmanagerin. Die Leute fragen mich auch, ob ich mal einen Verband wechseln und im Notfall ihre Kinder aus der Schule abholen kann." Peggy Schwarz ist selbst Mutter und arbeitet im Schichtdienst als Krankenschwester in Bad Berka. Woher sie die Zeit und Energie für dieses Ehrenamt nimmt? "Ich erlebe auf Arbeit so viel Trauriges und auch Leid. Da ist die Dorfkümmerer-Geschichte der richtige Ausgleich. Hier gibt es so viele schöne Geschichten."
Des Geldes wegen opfert sich Peggy Schwarz bestimmt nicht auf. "Es gibt 75 Euro Aufwandsentschädigung im Monat. Da ist gerade mal das Spritgeld drin." Außerdem stehen ihr 250 Euro Materialgeld im Jahr zu. "Das reicht nicht wirklich für unsere Basteleien. Ich stelle meistens noch eine Spendenbox auf, um das zu finanzieren."
Die Dorfkümmerin organisiert auch Spielplatzfeste mit.
Dörfer sind vernetzt
Peggy Schwarz geht in ihrem Ehrenamt auf, genauso wie ihre Kolleginnen und Kollegen unter anderem in Utzberg, Mönchenholzhausen und Niederzimmern. "Die Dorfkümmerer treffen sich regelmäßig und tauschen sich aus. Sie vernetzen die Orte untereinander. Das ist für mich ein großer Gewinn. Lange war das nicht denkbar."
Ohne sie und ohne das Ehrenamt wären wir im Dorf ganz schön aufgeschmissen. Birgit Schubert über die Dorfkümmerer |
Bürgermeister Roland Bodechtel ist dankbar für diese Art von Diplomatie. "In diesem Jahr spielt zum Beispiel die Theatergruppe aus Niederzimmern auf der Bühne in Bechstedtstraß. Das ist hervorragend und wäre vor ein paar Jahren noch sehr schwierig gewesen."
Die Dorfkümmerer machen also ihrem Namen alle Ehre. "Sie kümmern sich und erledigen sogar Einkäufe und Arztfahrten, wenn es sein muss. Ohne sie und ohne das Ehrenamt wären wir im Dorf ganz schön aufgeschmissen", fasst es Birgit Schubert aus Bechstedtsraß zusammen.
MDR (dst)