Thüringen Erfurt als "Stillfreundliche Kommune" ausgezeichnet
Erfurt ist als erste Thüringer Kommune für seine Stillfreundlichkeit gewürdigt worden. Erfurt hat mehrere "stillfreundliche Orte" eingerichtet, unter Familien hat sich das aber noch nicht rumgesprochen.
Ein gemütlicher Sessel, ein Wickeltisch, ein Vorhang für die Privatsphäre und eine Spielecke für ältere Kinder. So hat der Kinderladen "Greenstories" am Hirschgarten in Erfurt seinen Stillplatz eingerichtet. Laut Mitarbeiter Phillip Kohl war der Laden einer der ersten, die so einen Platz Anfang des Jahres in Kooperation mit der Stadt eingerichtet haben. Der Laden stellt die Räumlichkeiten, von der Stadt kommen Stillsessel und Wickeltisch.
Bisher wird das Angebot wohl gut angenommen: "Ich habe Frauen, die kommen wirklich regelmäßig alle paar Wochen her, weil sie wissen, dass sie hier ihre Ruhe haben zum Stillen", sagt Kohl.
Familienministerium will weitere Kommunen auszeichnen
Ende August hatte das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie verkündet, künftig Kommunen für ihre Stillfreundlichkeit auszeichnen zu wollen. Die Idee kam aus der Landesgesundheitskonferenz. Durch den Fokus auf das Stillen soll laut Familienministerin Heike Werner auch Gesundheitsvorsorge betrieben werden.
"Das Zertifikat 'Stillfreundliche Kommune' bedeutet, dass Kommunen eben solche Stillorte geschaffen haben und dass sich viele daran beteiligen. Dass es aber eben auch Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten gibt und die Stadt das politisch auch unterstützt". Weitere Auszeichnungen sollen folgen - welche anderen Kommunen aktuell im Zertifizierungsverfahren sind, konnte das Ministerium auf Nachfrage nicht sagen.
Bei der Auszeichnung Erfurts zum stillfreundlichen Ort waren neben der geschäftsführenden Familienministerin Heike Werner (5.v.r.) auch der Hebammenlandesverband sowie Vertreter der Stadt, des Jugendamtes und der Bibliothek anwesend.
Insgesamt 23 stillfreundliche Orte in Erfurt
Die stillfreundlichen Orte in Erfurt sind zu erkennen an einem rot-weißen Aufkleber an der Ladentür. Mittlerweile gibt es 23 dieser Orte in der Stadt - sowohl in Ladengeschäften als auch in öffentlichen Einrichtungen wie dem Jugendamt oder der Bibliothek. Eine Übersicht über die Stillorte gibt es auf der Website der Stadt und auch als Flyer mit Karte.
Laut Jana Posner-Jauch, Netzwerkkoordinatorin der frühen Hilfen in Erfurt, sollen die Orte ein sicherer Platz für Mütter sein. "Ein stillfreundlicher Ort sollte in jedem Fall angeboten werden von Menschen, die offen gegenüber dem Stillen und jungen Müttern mit Säuglingen und Kleinkindern sind - wo sich Mütter von Anfang an willkommen fühlen", so Posner-Jauch.
Neben einem bequemen Sessel wird in der Bibliothek auch ein Wickeltisch zur Verfügung gestellt.
Stillorte bisher wenig bekannt
So richtig rumgesprochen hat sich das Konzept unter den Familien aber noch nicht, wie bei einer kleinen Umfrage in der Innenstadt deutlich wird. "Ich würde sagen Erfurt ist wirklich still-unfreundlich. Außer im Anger 1 und im Breuninger kenne ich keine Stillorte", sagt eine Mutter. "Ich habe oft einfach beim Bäcker gestillt oder in der Öffentlichkeit, da kriegt man dann auch schon mal komische Blicke von Angestellten", erzählt eine andere.
"Die Stillorte in Erfurt sind auf jeden Fall ausbaufähig. Grade jetzt zum Weihnachtsmarkt findet man ja nicht mal eine Toilette", merkt eine weitere Mutter an. Von den Flyern und der Karte der Stillorte haben sie bisher nichts gehört und auch die Aufkleber an den Geschäften sind ihnen noch nicht aufgefallen. Bis auch Mütter und Familien die Stadt als besonders stillfreundlich wahrnehmen, wird es also noch eine Weile dauern.
MDR (ost)