Thüringen Krankenhaus in Neuhaus am Rennweg wird geschlossen - Landeshilfe ungeklärt
Das Krankenhaus in Neuhaus am Rennweg wird noch in diesem Jahr geschlossen. Die Betten fallen weg, ein Teil der Mitarbeiter soll künftig in der Klinik in Sonneberg arbeiten. Die beiden Häuser gehörden zum gleichen Träger und sollen im November vom Landkreis übernommen werden. Der aber braucht dafür eine Finanzspritze des Landes - und die ist bisher nicht sicher.
Das Krankenhaus in Neuhaus am Rennweg wird im Dezember geschlossen. Das bestätigte Landrat Robert Sesselmann (AfD) am Mittwoch MDR THÜRINGEN. Die 60 stationären Betten fallen demnach weg. Nach Angaben der Klinikleitung waren sie zu etwas mehr als der Hälfte dauerhaft belegt. Etwa die Hälfte der Patienten soll künftig im Sonneberger Krankenhaus versorgt werden, sagte dessen Direktor Michael Renziehausen. Hier bleibe die Zahl der Betten unverändert. Ein Teil der Patienten werde aber sicher auch an andere Krankenhäuser abwandern, zumeist nach Saalfeld.
Der Kreistag in Sonneberg hatte beschlossen, dass der Landkreis die Kliniken im Kreis übernimmt, nachdem der vorherige Träger Regiomed Insolvenz hatte anmelden müssen. Das Verfahren läuft noch bis Ende des Monats und macht die harten Einschnitte nötig und auch möglich. Zu Regiomed gehören in Thüringen auch die Krankenhäuser in Hildburghausen. Bereits 2019 mussten die beteiligten Kreise einen zweistelligen Millionenbetrag zuschießen, weil die Gruppe 22 Millionen Euro Verlust gemacht hatte.
Ambulante medizinische Versorgung soll gesichert werden
Am Standort in Neuhaus soll künftig die ambulante Versorgung in einem Medizinischen Versorgungszentrum gestärkt werden. Dabei gehe es vor allem um allgemeinmedizinische Dienste. So könne auch ein Großteil der Notfälle versorgt werden. "Die meisten Menschen kommen ohnehin tagsüber in die Notaufnahme", sagte Renziehausen. Über die Besetzung will er nach eigenen Angaben in den nächsten Tagen mit einigen Ärzten und der Kassenärztlichen Vereinigung verhandeln. Denkbar sei ein Rollenwechsel einiger Ärzte vom Krankenhausarzt zum Arzt im Medizinischen Versorgungszentrum. In einer Mitteilung des Landkreises ist von der möglichen Einrichtung einer Radiologie die Rede, auch eine Apotheke und ein Sanitätshaus werden hier angedeutet. Offenbar ist aber noch vieles im Fluss und längst nicht alles sicher.
Die Gesundheitsversorgung in Neuhaus am Rennweg steht vor einschneidenden Veränderungen. (Archivfoto)
Mehr als 20 Kündigungen sind möglich
Zunächst soll insgesamt mehr als 20 Mitarbeitern betriebsbedingt gekündigt werden. Das betreffe Ärzte, Verwaltung und technisches Personal, aber nicht den Pflegebereich. Insbesondere Personal in Sonneberg sei betroffen - vor allem wegen kürzerer Betriebszugehörigkeit. Die meisten Mitarbeiter aus Neuhaus würden nach Sonneberg versetzt. "Manche werden das nicht wollen", so Landrat Sesselmann. Die würden sich womöglich einen anderen Job suchen. "So könnte die Zahl der Kündigungen geringer ausfallen." Vieles ist im Detail noch nicht klar.
Greifen sollen die Schließung der Klinik in Neuhaus und der Ausbau der ambulanten Versorgung aber schon ab 6. Dezember. Um die medizinische Versorgung im Kreis künftig abzusichern, seien Sanierungsmaßnahmen unumgänglich, so der Landrat. Alternative Konzepte mit einer Beibehaltung des Krankenhauses in Neuhaus oder einer Reduzierung der Bettenzahl hätten sich als nicht tragfähig erwiesen. "Und wenn wir die Struktur jetzt nicht umstellen, dann gerät auch der Standort Sonneberg in Gefahr." Um auch Notfallpatienten in und um Neuhaus versorgen zu können, sei ein Ausbau der Kapazitäten der Rettungsdienste im Gespräch, sagte Sesselmann.
Bürgermeister kritisiert AfD-Landrat und stellt Zugehörigkeit infrage
Heftige Kritik äußerte der Bürgermeister von Neuhaus am Rennweg. Uwe Scheler (parteilos) sagte MDR THÜRINGEN, die Versorgung der Stadt und ihrer Umgebung werde dadurch verschlechtert - und man sei vom Kreis vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Die langen Wege würden im Notfall auch zum Tod von Patienten führen. "Und dann werden Notärzte eingeflogen, weil wir hier keine eigenen mehr haben." Das sei eine Katastrophe für die Versorgung. Er halte es für denkbar, dass die Stadt Neuhaus sich um den Wechsel in einen anderen Landkreis bemüht.
Entscheidung über Finanzhilfe für Kliniken vertagt
Derweil stehen auch die Umstrukturierungen längst nicht sicher fest. Denn dafür bräuchte es eine Finanzspritze des Landes. Um den Betrieb und nötige Sanierungen sicherzustellen, soll der Freistaat Thüringen an mehrere Landkreise 15 Millionen Euro zahlen, damit diese den Betrieb ihrer Kliniken für mindestens zwei Jahre sicher gewährleisten können.
Eine entsprechende Entscheidung vertagte der Haushaltsausschuss des Thüringer Landtags am Mittwoch. Sie solle nun Ende Oktober fallen, sagte der Ausschussvorsitzende Maik Kowalleck (CDU). Es gehe um Überbrückungshilfen, die aus dem Corona- und Energiehilfsfonds des Landes genommen werden sollen. Der Ausschuss verlange vor einer Entscheidung weitere Unterlagen, auch Gutachten, die in den Regionen vorlägen, so Kowalleck.
Eine Perspektive für die beiden Krankenhäuser sei das Ziel, erklärte die SPD-Haushaltspolitikerin Janine Merz. Dafür müssten allerdings die Grundlagen stimmen. Die bisher vom Gesundheitsministerium vorgelegten Unterlagen hätten eine finanzielle Entscheidung "nicht in ausreichendem Umfang ermöglicht". Es müsse klar sein, dass die Anschubfinanzierung die Strukturen auch in den kommenden Jahren sichere.
Landkreise übernehmen nach Regiomed-Insolvenz
Der thüringisch-fränkische Klinikverbund Regiomed hatte Anfang des Jahres Insolvenzantrag gestellt. Die Kreise Hildburghausen und Sonneberg entschieden sich, die einstigen Regiomed-Kliniken und Medizinischen Versorgungszentren in kommunale Trägerschaft zu übernehmen. Mit Blick auf die schwierige Finanzlage hatte Sonnebergs Landrat Sesselmann Anfang Oktober den Ärzten einen Gehaltsverzicht nahegelegt. Im Kreis Hildburghausen hingegen ist die Finanzierung des Krankenhauses vorerst gesichert, wie Krankenhausdirektor Andreas Schütz sagte.
MDR (flog/wdy/cfr/lou/jn)/dpa