Thüringen Notaufnahmen in Ostthüringen: Eine schließt - andere erlebt Patientenansturm
Im Saale-Orla-Kreis ist die medizinische Versorgung angespannt. Im August wurde die Sternbach Klinik in Schleiz geschlossen. Seit etwas mehr als einem Jahr wird das Krankenhaus der Thüringen Kliniken am Standort in Pößneck umstrukturiert. Im September 2023 wurde dort die chirurgische Station geschlossen. Ende dieses Jahres soll nun auch die chirurgische Notaufnahme schließen, weil sich der Betrieb für die Klinik nicht mehr rechnet.
In der Notaufnahme der Thüringen Kliniken in Saalfeld herrscht Betrieb. Während laut Geschäftsführer und Chefarzt Thomas Krönert in den vergangenen Jahren in Spitzenzeiten rund 80 Notfälle versorgt werden mussten, seien es jetzt oft bis zu 140 Patienten pro Tag.
Mit dazu beigetragen hat auch die Schließung der Sternbach-Klinik im benachbarten Saale-Orla-Kreis. Das privat geführte Krankenhaus musste wegen Insolvenz im August geschlossen werden. Doch die Thüringen Kliniken, ein kommunales Krankenhaus mit rund 3.000 Mitarbeitenden und Hauptstandort in Saalfeld, stehen auch selbst unter finanziellem Druck.
Thomas Krönert ist Geschäftsführer und Chefarzt der Thüringen Kliniken in Saalfeld.
Seit mehr als einem Jahr wird der Krankenhaus-Standort in Pößneck umstrukturiert. Im September 2023 wurde die chirurgische Station - mit Unfall- und Allgemeinchirurgie - in Pößneck geschlossen und nach Saalfeld verlegt. Chirurgische Notfälle wurden bis jetzt in der Notaufnahme unter der Woche weiterversorgt. Doch Ende dieses Jahres wird dort nun auch die chirurgische Notaufnahme geschlossen.
Wir haben einen Flächenkreis, der sehr groß ist, und in diesem Flächenkreis leben einfach zu wenig Menschen. Thomas Krönert | Geschäftsführer
Grund sind laut Krönert sinkende Patientenzahlen. "Wir haben einen Flächenkreis, der sehr groß ist, und in diesem Flächenkreis leben einfach zu wenig Menschen", sagt Krönert. Die Demografie tue ihr Übriges: Seit 1995 seien 21 Prozent der Bevölkerung im Saale-Orla-Kreis verloren gegangen. Die Prognosen bis zum Jahr 2040 sprechen von weiteren 15 Prozent. Das seien knapp 40 Prozent weniger Patienten, so Krönert.
Bis zu 140 Patienten kommen am Tag in die Notaufnahme in Saalfeld.
Chirurgische Praxis im MVZ soll ambulante Behandlungen abdecken
"Energiekrise, Inflation, höhere Sachkosten, Tarifentwicklungen - das spiegelt sich wider", sagt Krönert. Man sei gezwungen zu reagieren, wenn man mit dem Geld, das einem zur Verfügung steht, nicht mehr auskommt, erklärt der Geschäftsführer. Krankenhäuser, bei denen die Eigner der Landkreis und die Kommunen sind, seien gerade in Ostdeutschland nicht in der Lage die finanziellen Defizite auszugleichen.
Wir wollen die chirurgischen Notfälle künftig über eine chirurgische Praxis abdecken. Thomas Krönert | Geschäftsführer
Aufgrund dieser Schwierigkeiten soll der Klinik-Standort in Pößneck umgewandelt werden. Das Krankenhaus dort wird in ein ambulantes Operationszentrum umgewandelt. "Wir versuchen als kommunales Krankenhaus, die Medizin in Pößneck zu erhalten", sagt Krönert. "Wir gehen davon aus, dass für die Innere Medizin immer Bedarf da sein wird, vor allem bei einer älter werdenden Bevölkerung."
Deshalb bleibt die Station für Innere Medizin in Pößneck erhalten. An diese angeschlossen ist die internistische Notaufnahme, in der unter anderem auch Schlaganfälle und Infarkte erstversorgt werden können. Patienten, die den Notarzt rufen, werden direkt in die jeweiligen Spezialikliniken gebracht.
Notaufnahmen werden für Kliniken zum Minusgeschäft
Die Chirurgie bleibt in Pößneck nicht mehr in Form einer Station mit Notaufnahme erhalten. Stattdessen wird es künftig eine Praxis im Medizinischen Versorgungszentrum der Klinik in Pößneck geben. "Wir wollen die chirurgischen Notfälle künftig über eine chirurgische Praxis abdecken", sagt Krönert.
Versorgt werden Patienten ab 2. Januar 2025 von einem Team um den bisherigen Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Thomas Weidermann. Der Arzt wird die Patienten montags bis freitags zu Sprechzeiten ambulant in der früheren Notaufnahme der Klinik betreuen. Einmal in der Woche soll es eine Sprechstunde für chirurgische Notfälle geben.
Für die Krankenhäuser werden die Notaufnahmen offenbar immer mehr zum Minusgeschäft. Das hänge mit einem Vergütungssystem der Krankenkassen zusammen. Um Kosten zu sparen, sollen Notfallpatienten nicht mehr stationär, sondern ambulant behandelt werden. Für jeden Patient erhalten die Kliniken rund 14 Euro im Quartal. Eine Notaufnahme lasse sich so nicht mehr finanzieren, kritisieren die Mediziner.
Kostenfaktor Patient: Notaufnahmen rechnen sich nicht.
Druck auf Notaufnahmen wird weiter wachsen
Der Chefarzt der Notaufnahme in Saalfeld, Lars Kummer, und sein Team, versuchen, die "Spitzenzeiten" mit mehr Mitarbeitenden abzufangen. Doch auch das sei nicht leicht, die Zahl der Patienten nicht planbar. Sein Team stoße dann auch an Belastungsgrenzen. Die Patienten werden je nach Dringlichkeit behandelt. Für rund 140 Notfälle am Tag sei die Notaufnahme zudem nicht ausgerüstet, sagt er. Trotzdem versucht der Arzt mit seinem Team, so gut es geht auf die Patienten einzugehen.
"Dass mit der Schließung des Regiomed Klinikums in Neuhaus am Rennweg im Landkreis Sonneberg nun noch einmal regionale medizinische Fachkompetenz in einer strukturschwachen Region verloren geht, macht mich traurig", sagt Kummer. Auch er rechnet durch das bevorstehende Aus der Klinik in Neuhaus im Dezember für Saalfeld mit noch einmal mehr Patienten, aber auch für die Krankenhäuser in Sonneberg und Suhl. "Der Druck wird in den einzelnen Notaufnahmen noch einmal steigen. Gerade wenn es darum geht, in einer Belastungssituation genug Mitarbeitende vorzuhalten."
MDR (cfr)