EIn Mann beim Friseur.

Thüringen Scharfe Klinge, unscharfe Regeln: Barbershops in Thüringen im Aufwind

Stand: 20.07.2024 18:45 Uhr

In Thüringer Städten eröffnen immer mehr Barbershops - teils zum Unmut von traditionellen Friseurgeschäften. Denn die Barbiere sind nicht nur häufig günstiger, sondern bieten mitunter auch Zusatzleistungen an, die sie eigentlich nicht erbringen dürften.

Von MDR THÜRINGEN

In Thüringen gibt es immer mehr sogenannte Barbershops. Die Zahl der traditionellen Friseurgeschäfte bleibe hingegen ungefähr gleich, teilte die Handwerkskammer mit: 787. Demnach hat es 2013 in Ostthüringen lediglich einen Barbershop gegeben, im Jahr 2023 waren es bereits 53.

Belastbare Zahlen für ganz Thüringen gibt es nicht. Der Grund: Barbershops können entweder als Kosmetikbetrieb bei den Industrie- und Handelskammern gemeldet sein oder als Friseurbetrieb bei den Handwerkskammern. Teils liegen schlichtweg keine Statistiken vor.

Handwerksordnung kennt Beruf des Barbiers nicht

In Barbershops können Männer sich den Bart schneiden oder die Haare frisieren lassen. Über Letzteres ärgert sich so mancher traditionelle Friseurbetrieb. Denn den Beruf des Barbiers gibt es in der Handwerksordnung nicht. Die Regeln für die Shops bleiben dadurch mitunter unscharf.

Das Friseurhandwerk unterliegt der Meisterpflicht. Das bedeutet: Ein Salon, in dem Haare geschnitten werden sollen, muss einen Meister haben. Eine Ausnahmeregelung macht es aber möglich, auch einen "handwerklichen Betriebsleiter" in einem Barbershop einzusetzen. Kosmetikbetriebe wiederum dürfen Bärte schneiden, aber keine Haare.

Kontrollen bringen Schwarzarbeit ans Licht

Teilweise bieten Barbershops Herrenhaarschnitte für viel weniger Geld als bei Traditionsfriseuren an, die bei den Preisen nicht mithalten können. Zudem werde in der Praxis teils das Ausscheiden eines Betriebsleiters nicht wie vorgeschrieben gemeldet oder würden auch komplette Herrenhaarschnitte oder -färbungen von Kosmetikbetrieben angeboten, heißt es von der Handwerkskammer Ostthüringen. Je nach Fall sei das Schwarzarbeit oder unerlaubte Handwerksausübung. Es drohten empfindliche Geldstrafen oder sogar die Betriebsschließung.

Haare schneiden beim Friseur

Haare dürfen nur in Läden geschnitten werden, in denen es einen Meister oder einen "handwerklichen Betriebsleiter" gibt.

Bei einer Kontrolle von 70 Barbershops im vergangenen Jahr in Thüringen gab es in 51 Fällen Probleme, etwa mit dem Mindestlohn oder fehlender Versicherung. Bei den Kontrollen hakt es jedoch - weil aufgrund der komplizierten Ausgangssituation viele unterschiedliche Stellen damit betraut sind. So seien Gewerbeämter, die eigentlich eine wichtige Rolle bei der Prüfung einnähmen, personell oft nicht gut genug aufgestellt, um dem nachzugehen, hieß es vom Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks. 

Hautpilz: Diskussion um mangelnde Hygiene

Dass die Beschäftigung von schlecht ausgebildetem Personal oder unzureichenden Hygienemaßnahmen durchaus ernste Folgen haben können, zeigt die jüngste Diskussion über die mögliche Verbreitung von Hautpilz-Infektionen durch Barbershop-Besuche.

Trotzdem sollten deshalb nicht alle Barbiere über dieselbe Klinge geschoren werden: Während die sehr günstigen Betriebe statt mit der Klinge lieber mit dem Rasierapparat arbeiten, gibt es andere Barbiere, die die Rasur geradezu zelebrieren. 

Der Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks verweist zudem darauf, dass gut geführte Barbierbetriebe eine Bereicherung darstellen können: So habe der aktuelle Trend auch dazu beigetragen, dass sich mehr Männer für eine Friseurlehre entschieden hätten. 

MDR (dvs)