Thüringen Thüringen droht zum Spielball der Bundespolitik zu werden
In Thüringen ist die Regierungsbildung zwei Monate nach der Landtagswahl noch immer unklar. Die Koalitionsverhandlungen kommen kaum voran. Lässt sich der Streit überhaupt lösen, wenn im Winter der Bundestagswahlkampf tobt? Ein Kommentar von Jan Schönfelder.
Das Ende der Ampelkoalition mag ein Gewinn für Deutschland sein, doch für Thüringen könnte es zum Verlust werden. Denn der Freistaat droht zum Spielball der Bundespolitik zu werden.
Zwei Monate nach der Landtagswahl ist die Regierungsbildung in Thüringen noch immer unklar. Die Verhandlungen zwischen CDU, BSW und SPD kommen kaum voran. Zentrales Streitthema bleibt die von Sahra Wagenknechts Statthaltern immer wieder aufgeworfene Friedensfrage.
Steigt das BSW auch in Thüringen aus den Koalitionsgesprächen aus?
Lässt sich dieser Streit überhaupt lösen, wenn mitten im Winter der Bundestagswahlkampf tobt? Würde Wagenknecht in Thüringen einem Kompromiss zustimmen, wenn sie bundesweit mit dem Thema Frieden Wähler gewinnen will? Ein Ausstieg aus den Thüringer Koalitionsgesprächen - wie gerade in Sachsen - könnte ihrer Partei im Bundestagswahlkampf sogar zugutekommen, um sich als kompromisslos zu präsentieren. Die Folge: Entweder gibt es dann in Thüringen eine Minderheitsregierung. Oder die CDU müsste eine ihrer Brandmauern schleifen.
Auf eine solche Debatte kann CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz gut verzichten. Trotzdem bleibt die Frage: Wie glaubwürdig kann Merz die Werte seiner Partei im Bundestagswahlkampf eigentlich vertreten, wenn der thüringische Landeschef Mario Voigt eine Koalition mit dem BSW anstrebt?
Aus bundespolitischer Perspektive ist Thüringen zu unbedeutend. Letztendlich wird niemand auf die Belange des Freistaates Rücksicht nehmen, wenn es in Berlin um das Kanzleramt geht.
Verhandlungen sollten vor Auflösung des Bundestags fertig sein
Es wäre ein Schaden für Thüringen, wenn die Koalitionsverhandlungen nun zur Hängepartie werden, bis der neue Bundestag gewählt ist. In diesem Fall dürfte nur einer profitieren: der geschäftsführende Ministerpräsident Bodo Ramelow. Er könnte den Freistaat weiterhin staatsmännisch führen und seiner Partei für den Wiedereinzug in den Bundestag Rückenwind verschaffen.
Bevor der Bundespräsident den Bundestag auflöst und der Wahlkampf beginnt, sollten nun CDU, BSW und SPD mit ihren Verhandlungen rasch zum Ende kommen. Zum Gewinn für Thüringen.
MDR (jn)