Flur im Hafthaus der Justizvollzugsanstalt Hohenleuben

Thüringen Thüringer Gefängnisse: Gewerkschaft beklagt immer mehr Angriffe auf Bedienstete

Stand: 15.07.2024 17:20 Uhr

In Thüringer Gefängnissen werden Mitarbeiter immer häufiger bedroht und körperlich angegriffen. Das sagt der Bund der Strafvollzugsbediensteten. Das Thüringer Justizministerium sieht jedoch keinen Handlungsbedarf.

Von MDR THÜRINGEN

Die Mitarbeiter in Thüringer Gefängnissen klagen über immer größere Probleme im Dienst. Ronny Rüdiger, Landesvorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), sagte MDR THÜRINGEN, die Kolleginnen und Kollegen würden immer häufiger bedroht und körperlich angegriffen. Die Hemmschwelle der Gefangenen, Gewalt auszuüben, sei im Lauf der vergangenen Jahre deutlich gesunken. Auch die Gewalt unter den Gefangenen habe zugenommen.

Rüdiger zufolge sind auch schon Privat-Pkw von Strafvollzugsbediensteten beschädigt worden. Dazu gehörten etwa Kratzer im Lack, zerstochene Reifen oder Steinwürfe auf Autos.

Personalmangel im Strafvollzug

Hinzu kommt nach Rüdigers Angaben der Personalmangel im Strafvollzug. In Thüringer Gefängnissen gebe es zurzeit knapp 1.000 Bedienstete. Nötig wären aber rund zehn bis 15 Prozent mehr. Das Land stelle zwar pro Jahr etwa 60 bis 80 neue Anwärter für den Strafvollzugsdienst ein. Das reiche aber nur, um die Kollegen zu ersetzen, die in Pension gingen. Gerade in den 1990er-Jahren seien viele neue Bedienstete eingestellt worden, die in den nächsten Jahren in Rente gehen. "Mit diesen Pensionierungen werden wir mörderisch ins Minus fahren".

Rüdigers Angaben nach wird auch die von Thüringen und Sachsen geplante neue Justizvollzugsanstalt in Zwickau die Personalprobleme verschärfen. Es sei jetzt schon absehbar, dass Thüringen für das neue Gefängnis mehr Bedienstete abstellen müsse als ursprünglich geplant.

Kritik: Strafvollzugsdienst hat wenig Rückhalt in der Politik

Rüdiger forderte, Thüringen müsse dringend etwas tun, um den Beruf des Strafvollzugsbediensteten attraktiver zu machen. Dazu gehörten eine bessere Bezahlung, eine technisch moderne Ausstattung und eine gute Ausbildung. Am Ende gehe es immer ums Geld. Da habe aber der Strafvollzugsdienst wenig Rückhalt in Politik und Gesellschaft. Über Gefängnisse rede niemand gern.

Justizministerin sieht keinen Personalmangel

Thüringens Justizministern Doreen Denstädt (Grüne) sagte MDR THÜRINGEN, sie wolle ebenfalls, dass das Leben und die Arbeit der Bediensteten gut geschützt seien. Aus ihrer Sicht gebe es aber keinen Personalmangel. "Mehr Personal geht natürlich immer", so Denstädt. "Aber wir haben vorgebaut und stellen zwei Mal pro Jahr neue Bedienstete ein. Seit letztem Jahr ist das neu. Damit können wir die Altersabgänge ganz gut abfangen."

Justizministern will sich für höheres Gehalt im Strafvollzug einsetzen

Denstädt zufolge sind auch die Zahlen bei den Gewaltdelikten gegen die Bediensteten nicht so, dass "man da darauf reagieren müsste". Es zeige sich aber, dass es beim Umgang der Gefangenen untereinander "eine andere Qualität" gebe. Häufig, weil die Gefangenen psychische oder Drogenprobleme hätten. Hier seien deshalb etwa auch Drogenscanner in den Gefängnissen angeschafft worden. Diese würden von den Bediensteten sehr gut angenommen. 

Denstädt will sich nach eigenen Angaben auch dafür einsetzen, mehr Geld für den Strafvollzug zur Verfügung zu stellen. Da sei sich einig mit den Gewerkschaften. Der Strafvollzug habe das Problem, dass er hinter den Mauern nicht gesehen werde. Mehr Geld - zumal beim Gehalt - sei aber nötig, um den Strafvollzugsdienst attraktiv zu halten. "Sonst geht uns da irgendwann das Personal aus."

Zahl sinkt: Aktuell rund 1.000 Gefangene in Thüringen

Laut Landesamt für Statistik sitzen zurzeit etwas mehr als 1.000 Gefangene in Thüringer Gefängnissen. Ihre Zahl sei in den vergangenen Jahren ständig gesunken. Im Jahr 2012 etwa saßen noch knapp 1.600 Straftäter eine Haftstrafe ab. Nach Angaben von Denstädt führt das allerdings nicht zu einem sinkenden Personalbedarf. Denn gleichzeitig seien die Anforderungen an das Personal gestiegen.

MDR (wh/jn)