Nach Razzia gegen "Reichsbürger" Polizisten finden mögliche "Feindesliste"
Hat die mutmaßliche "Reichsbürger"-Terrorgruppe eine weitere "Feindesliste" verfasst? Bei der Razzia haben Polizisten einen Zettel mit zehn Namen von Politikern gefunden. Wofür er diente, ist noch unklar. Zudem wurden 93 Waffen beschlagnahmt.
Mehr als 90 Waffen und eine weitere mögliche "Feindesliste" haben Fahnder bei der Razzia in der "Reichsbürger"-Szene gefunden. Bei einem der besonders radikalen Mitglieder der Gruppe, Marco v. H., stellten die Polizisten laut "Spiegel" eine Liste mit Namen von zehn Politikerinnen und Politikern aus Baden-Württemberg sicher.
Darauf habe der Verdächtige laut den Erkenntnissen der Ermittler jeweils die Adressen der Wahlkreisbüros der Abgeordneten vermerkt. Auch die Namen von mehreren Ärzten und eines Gerichtsvollziehers soll er notiert haben, heißt es in dem "Spiegel"-Artikel. Bei den Medizinern sollen jeweils die Adressen ihrer Praxis mit auf dem Zettel gestanden haben. Der genaue Zweck der Datensammlung sei bisher noch unklar.
"Feindesliste" mit 18 Namen
Zuvor war bereits eine mutmaßliche "Feindesliste" mit insgesamt 18 Namen gefunden worden - darunter waren laut Angaben der "taz" sieben Kabinettsmitglieder sowie Moderatorinnen und Moderatoren des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Nach den Recherchen der Zeitung stehen unter anderem Außenministerin Annalena Baerbock, die SPD-Vorsitzende Saskia Esken, SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, Unionsfraktionschef Friedrich Merz sowie der CDU-Politiker Armin Laschet auf der Liste. Was mit der Auflistung bezweckt werden sollte, ist noch unklar.
Mehr als 90 Waffen
Der Verfasser der beschlagnahmten "Feindesliste" soll laut "Spiegel" mit vier Terrorverdächtigen Schießen geübt haben. Teils unter falschem Namen trainierten sie gemeinsam an einem Schießstand in Bayern.
Die Ermittler hatten bei ihrer Razzia insgesamt 93 Waffen beschlagnahmt, berichtete die "Welt". Darunter seien 19 Faustfeuerwaffen sowie 25 Langwaffen. Auch Messer, Armbrüste, Dekowaffen und Schreckschusspistolen seien gefunden worden. Hinzu kommen dem Bericht zufolge rund 200 legale Waffen eines Waffenhändlers, der ebenfalls zu den Beschuldigten gehöre.
Außerdem seien mehr als 400.000 Euro in bar und Gold- und Silbermünzen gefunden worden. Nach übereinstimmen Medienberichten gibt es Hinweise auf ein Schließfach in der Schweiz, in dem sich Goldbarren im Wert von sechs Millionen Euro befinden sollten.
Högl: Schnellere Verfahren gegen rechtsextreme Soldaten
Unter den Verdächtigen sind unter anderem auch ein aktiver Soldat und Reservisten der Bundeswehr sowie die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und Berliner Richterin Birgit Malsack-Winkemann.
Die Wehrbeauftragte des Bundestags Eva Högl forderte, entschieden gegen offensichtlich rechtsextremistische Soldatinnen und Soldaten vorzugehen. "Verstöße müssen konsequent dienstrechtlich und strafrechtlich verfolgt und geahndet werden. Das muss zügig geschehen", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Momentan dauerten die Verfahren oft jahrelang. Rund ein Viertel der Richterstellen sei seit Jahren nicht besetzt. "Auch die Wehrdisziplinaranwaltschaft, die dann die Verfahren führt, muss personell besser ausgestattet werden", forderte die SPD-Politikerin. Außerdem stehe die Änderung des Soldatengesetzes mit dem Ziel aus, "eine Entlassung von Zeitsoldatinnen und -soldaten künftig auch nach mehr als vier Jahren zu ermöglichen".
Offenbar mehr Mitwisser als bekannt
Die mutmaßlichen Verschwörer planten offenbar, bundesweit 286 "Heimatschutzkompanien" zu bilden. Diese hätten nach Auskunft eines Vertreters der Bundesanwaltschaft im Falle eines Umsturzes Menschen "festnehmen und exekutieren" sollen, sagte Ausschussmitglied Clara Bünger. Die Gruppe sprach demnach von "Säuberungen" auf kommunaler Ebene. Diese sollten etwa Bürgermeister treffen, wie die "Welt" berichtete.
Zudem entdeckten die Ermittler "Verschwiegenheitserklärungen", die auf eine dreistellige Zahl an Mitwissern hindeuten. In den Erklärungen werden den Unterzeichnern erhebliche Sanktionen bis hin zum Tod angedroht, erfuhren die Mitglieder des Innenausschusses nach Angaben von Teilnehmenden.
Polizei und Bundesanwaltschaft waren am Mittwoch mit mehreren tausend Einsatzkräften bundesweit gegen das mutmaßliche Terrornetzwerk aus Reichsbürgern vorgegangen. Es gibt aktuell mehr als 50 Beschuldigte.