Besteuerung von Renten "Alles in allem ein gerechtes System"
Hunderttausende Senioren in Deutschland müssen Einkommenssteuer zahlen. Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Von einer "Rentner-Schröpfung" kann laut Experten nicht die Rede sein.
"So kassiert der Staat Rentner ab!“, heißt es in der Schlagzeile auf der Titelseite der "BILD". Es ist ein Thema, das Aufmerksamkeit garantiert, nicht nur bei Rentnerinnen und Rentnern in Deutschland. Bürdet der Staat Seniorinnen und Senioren ungerechte Lasten auf?
Grundlage der Meldung ist unter anderem die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der FDP zur Rentner-Besteuerung. Ganz frisch ist das Zahlen-Werk nicht: Die Daten liegen dem Finanzministerium "wegen der geltenden Fristen zur Abgabe der Steuererklärung und der Dauer der notwendigen Arbeiten zur Erstellung der Statistik" nur bis 2014 vor.
In der Tat haben in jenem Jahr 4,4 Millionen der 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland rund 33 Milliarden Euro Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag gezahlt. Die Gesamtsumme steigt über die Jahre. Insgesamt beliefen sich die staatlichen Einnahmen durch Lohn- und Einkommensteuer 2014 auf 260 Milliarden Euro.
Betrifft nur 600.000 Senioren
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Weiß spricht im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio von einer "ganz kleinen Gruppe", die da besteuert wird. Und die werde noch einmal deutlich kleiner, wenn man schaue, warum diese Menschen eigentlich Steuern zahlen: "Bis auf eine Gruppe von 600.000 Rentnerinnen und Rentner sind das alles Leute, die neben der Rente noch andere Einkünfte haben, die zum steuerpflichtigen Einkommen gehören."
Das zeigen auch die Zahlen, die das Bundesfinanzministerium der FDP geliefert hat. Demnach lag die durchschnittliche jährliche Einkommensteuer-Belastung von "Steuerpflichtigen mit Renteneinkommen" im Jahr 2014 bei 5430 Euro. Bei "Steuerpflichtigen mit ausschließlich Renteneinkünften" dagegen beträgt der Durchschnittswert nur 136 Euro.
Tatsächlich müssen Rentner, die steuerpflichtig sind, diese vor allem auf Kapitalanlagen, Mieteinnahmen oder Betriebsrenten entrichten.
Zu versteuernder Rentenanteil steigt
Ob Senioren eine Steuererklärung abgeben müssen, hängt von der Höhe ihrer steuerpflichtigen Einkünfte insgesamt ab - neben Renteneinkünften also auch von weiteren Einnahmen wie Erträgen aus Kapitalanlagen, Mieteinnahmen oder Betriebsrenten. Fällig wird sie, wenn die Gesamteinkünfte eines Rentners über dem Grundfreibetrag von 9168 Euro oder 18.336 Euro jährlich für verheiratete Paare liegen.
Die Rentenerhöhung am 1. Juli 2019 wird laut Bundesfinanzministerium dazu führen, dass voraussichtlich etwa 48.000 Steuerpflichtige mit Rentenbezug zusätzlich von der Einkommensteuer belastet werden. Die Bezüge steigen um 3,18 Prozent in Westdeutschland und um 3,91 Prozent im Osten. Grundsätzlich gilt: Der Anteil der Rente, auf den Seniorinnen und Senioren Einkommensteuer zahlen müssen, steigt jedes Jahr an.
"Irgendwann müssen die Steuern gezahlt werden"
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 6. März 2002 wurde die sogenannte nachgelagerte Besteuerung der Renten eingeführt. In Kraft trat das zum 1. Januar 2005. Die Umstellung erfolgte nicht abrupt, sondern Schritt für Schritt bis 2040.
In dieser Zeit steigt der Anteil an der Rente, der versteuert werden muss, immer weiter an. Im Gegenzug können während des Arbeitslebens Ausgaben zur Altersvorsorge abgesetzt werden.
Ulrich Schneider, der Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, sagt dazu: "Diese Rentner brauchten vorher ihre Sozialabgaben nicht versteuern. Irgendwann müssen die Steuern gezahlt werden, in diesem Fall am Ende. Man fährt als Durchschnittsverdiener besser mit diesem Modell als mit dem alten." Es handle sich um ein "alles in allem gerechtes System", meint er.