Kritik am Treffen Schröder-Putin Ein Privatbesuch wird zum Politikum
Altkanzler Schröder feiert mit Präsident Putin, während die EU neue Sanktionen gegen Russland verhängt: Die Bundesregierung geht am Tag danach auf kritische Distanz zum SPD-Politiker. Die Grünen kritisieren, Schröder torpediere die Vermittlungsversuche.
Von Angela Ulrich, RBB, ARD-Hauptstadtstudio
Gerhard Schröder in freundlicher Umarmung mit Wladimir Putin. Der SPD-Altkanzler lacht vor dem ehemaligen Zarenpalais in St. Petersburg mit Russlands Präsidenten. Dieses Bild kann Hans-Peter Uhl richtig aufregen: "Nichts gegen Geburtstagsfeiern und Männerfreundschaft, aber man muss gerade in dieser Zeit auch auf dem Gebiet sensibel sein, und das verletzt die Sensibilität. Darauf hätte er verzichten sollen."
Nicht im Auftrag der Regierung
Der CSU-Politiker Uhl ist Justiziar der Unions-Bundestagsfraktion. Einer mit feinem Rechtsempfinden. Aus der Bundesregierung kam heute ebenfalls eher kritische Distanz zum demonstrativ herzlichen Umgang zwischen Schröder und Putin mitten in der Ukraine-Krise. Schröder habe keinerlei Auftrag der Bundesregierung gehabt, hieß es.
Christine Lambrecht, parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, ist hörbar nicht begeistert, hat aber zumindest noch eine Hoffnung: "Es ist eine private Angelegenheit von Gerhard Schröder. Er hat kein politisches Amt und von daher stellt sich nur die Frage, ob das sinnvoll ist. Hoffentlich hat er es genutzt, um Interesse auch der Krise in der Ukraine zu einer Lösung - insbesondere zu den Geiseln - zu kommen."
Niels Annen, ehemaliger Juso-Chef und jetzt im SPD-Parteivorstand, sagt im RBB-Inforadio auf die Frage des Geburtstagstreffens: "Ich habe schon als Juso-Bundesvorsitzender vor vielen Jahren keinen Einfluss auf Gerhard Schröder gehabt. Aber ich bin auf der anderen Seite auch der Meinung, dass wir jede Gesprächsmöglichkeit mit der russischen Seite nutzen müssen, um zur Entspannung beizutragen."
Sanktionen am Morgen - Party am Abend
Schröder und Putin trafen sich am Montagabend in St. Petersburg. Der Empfang des russischen Gasprojekts Nordstream soll zu Ehren von Schröders 70. Geburtstag gegeben worden sein. Schröder ist Vorsitzender des Aktionärsausschusses des Unternehmens. Am gleichen Tag beschloss der Westen neue Sanktionen gegen Russland.
In dieser Situation ein sorgloses Geburtstagsfest mit Duzfreund Wladimir zu feiern, das sei absurd, sagt Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckart: "Wenn man sich anschaut, was eigentlich ehemalige Staatspräsidenten oder ehemalige Regierungschefs in Krisen tun, dann würde man sagen, ja, die betätigen sich als Vermittler. Schröder macht aber Party mit Putin, statt ernsthaft die schwierigen Bemühungen, die der deutsche sozialdemokratische Außenminister unternimmt, in irgendeiner Weise zu unterstützen. Im Gegenteil: Er torpediert das."
Den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen?
Anders sieht das Klaus von Dohnanyi. Der ehemalige Hamburger Bürgermeister ist mit Schröder befreundet und machte bei MDRinfo klar: "Ich bin der Meinung, man muss gegenwärtig jede Gelegenheit wahrnehmen, um mit Präsident Putin zu reden."
Selbst wenn diese Gespräche mit demonstrativen Freundschaftsgesten einher gehen, während die Bundesregierung sonst versucht, Druck zu machen auf Putin im Ukraine-Konflikt? Oh ja, sagt Dohnanyi: "Schröder kann kein russisch, aber Putin kann gut deutsch, und die können sehr gut miteinander sprechen. Und ich bin ein Freund von Verhandlungen und Gesprächen und kein Streithansel."