WHO ruft höchste Schweinegrippe-Alarmstufe aus Was bedeutet die Warnstufe 6 für Deutschland?
Wegen der Ausbreitung der Schweinegrippe hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Juni den Alarm auf die höchste Stufe 6 heraufgesetzt. Damit gilt die Infektionskrankheit als weltweite Seuche. Was bedeutet das für Deutschland? tagesschau.de hat Fragen und Antworten zusammengestellt.
Welche Bedingungen müssen für die Warnstufe 6 erfüllt sein?
Insgesamt gibt es sechs Pandemie-Warnstufen. Die höchste Stufe setzt die WHO in Kraft, wenn das Virus in mindestens eine Region außerhalb der Ursprungsregion gewandert ist und regelmäßig von Mensch zu Mensch übertragen wird. Damit wird eine Pandemiephase offiziell festgestellt.
Woher kommt der Begriff "Pandemie"?
Der Begriff leitet sich aus den griechischen Wörtern "pan" (alles) und "demos" (Volk) ab und bezeichnet damit etwas, das die ganze Bevölkerung betrifft. Typisch für eine Pandemie ist auch die schnelle Ausbreitung.
Was bedeutet die höchste Warnstufe für die einzelnen Länder?
Zwar gilt weltweit die Warnstufe 6, weil die Bedingungen dafür erfüllt sind. Ausschlaggebend war vor allem die Infektionsentwicklung in den USA, Mexiko und Australien. Die einzelnen Staaten und damit auch Deutschland entscheiden aber in eigener Regie und abhängig vom Infektionsgeschehen im eigenen Land, ob die für die Warnstufe 6 vorgesehenen Maßnahmen auch umgesetzt werden.
Gibt es konkrete Auswirkungen für Deutschland?
Diese Maßnahmen sind in Deutschland im Nationalen Pandemieplan geregelt. Auch in den einzelnen Bundesländern gibt es entsprechende Pandemiepläne. Die Erhöhung der weltweiten Warnstufe sehen Experten in Deutschland eher als Formsache. Auch nach Aussage von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt wird sich faktisch nach derzeitiger Lage hierzulande nichts ändern. Dennoch mahnte die Ministerin zu Wachsamkeit: "Ich bin nicht in Panik, aber schon in Sorge." Aus Sicht des Robert-Koch-Instituts sind in der Bundesrepublik bereits alle notwendigen Vorbereitungen für den Ausbruch einer Pandemie getroffen.
Welche Maßnahmen wurden bereits ergriffen?
Bereits seit Phase 4 gibt es im Bundesgesundheitsministerium einen internen Krisenstab, der in Schichten arbeitet und auch an Feiertagen und Wochenenden besetzt ist. Er koordiniert unter anderem Abstimmungen mit den Ländern und der Pharmaindustrie. Ein weiteres Lagezentrum gibt es im Robert-Koch-Institut, das auch international gut vernetzt ist.
Ein Impfstoff könnte nach Einschätzung der Bundesregierung Ende September oder Anfang Oktober entwickelt sein. Dann ist zunächst die Impfung von 22,5 Millionen besonders gefährdeten oder für die Gesundheitsversorgung notwendigen Personen geplant. Danach können sich dann auch die anderen Versicherten impfen lassen.
Der Krisenstab von Bundesgesundheits- und Bundesinnenministerium wurde bisher nicht einberufen. Dieser würde erst aktiv, wenn zum Beispiel öffentliche Großveranstaltungen untersagt werden müssten. Dafür gab es aber bisher keinen Anlass.
Gelten wegen der neuen Alarmstufe jetzt Reisewarnungen?
Nach Angaben des Auswärtigen Amtes hat die generelle Hochstufung keine unmittelbaren Auswirkungen etwa auf die Reisewarnungen des Amtes. Dafür sei weiterhin die jeweilige Situation in einem Land oder einer Region ausschlaggebend. So wird etwa Reisenden in Ländern mit Schweinegrippe bereits empfohlen, sich regelmäßig die Hände zu waschen und Menschenansammlungen zu meiden.
Wie viele Infizierte gibt es in Deutschland?
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums sind derzeit knapp 3000 Fälle der Schweinegrippe in Deutschland bestätigt. Im Ministerium geht man davon aus, dass sich die Zahl weiter erhöhen wird. Die Krankheitsverläufe in Deutschland seien bisher aber "milde", die Schweinegrippe mit herkömmlichen Medikamenten gut zu behandeln.
Der als Schweinegrippe-Virus bezeichnete Erreger aus Mexiko ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine neu entstandene Variante des Typs H1N1, der sowohl bei Menschen als auch bei Schweinen und Vögeln vorkommen kann. Außerdem gilt das Schwein als "mixing vessel" - als Überträger, in dem sich Grippeviren, die auf verschiedene Wirte spezialisiert sind, gleich gut vermehren und auch mischen können. Wenn Schweine an Grippe erkranken, kann der Erreger sehr leicht auf Menschen übertragen werden. Aus diesen Gründen hatte sich schnell der Name "Schweinegrippe" etabliert. Weil der neue Erreger zunächst nicht bei Schweinen nachgewiesen wurde, schlug die WHO vor, die wissenschaftliche Bezeichnung "Influenza A (H1N1)" zu verwenden. Zuvor hatten bereits die EU und die USA für eine Umbenennung plädiert: Die Bezeichnung suggeriere, dass es sich um eine Lebensmittelinfektion handele. Bislang hat sich noch kein Mensch nachweislich bei einem Schwein angesteckt. Überhaupt wurde der Erreger mittlerweile nur bei einigen Tieren in Kanada und Argentinien festgestellt. Eine andere Lösung brachte die Weltorganisation für Tiergesundheit ins Spiel: Ihrer Ansicht nach sollte die Krankheit nach den Herkunftsländern Mexiko, USA und Kanada "Nordamerikanische Grippe" heißen. Die EU und das Robert-Koch-Institut in Berlin sprechen dagegen von einer "Neuen Grippe". Wir verwenden weiterhin den Begriff "Schweinegrippe", da er sich auch im allgemeinen Sprachgebrauch durchgesetzt hat.