Namensrecht und Selbstbestimmungsgesetz Neue Wahlmöglichkeiten bei der Identität
Wer bin ich? Um diese grundsätzliche Frage geht es heute im Bundestag. Das Selbstbestimmungsgesetz und ein neues Namensrecht stehen zur Abstimmung. Dabei geht es unter anderem um Doppelnamen und den Geschlechtseintrag von trans Personen.
Im Bundestag wird heute unter anderem über das Namensrecht und das Selbstbestimmungsgesetz abgestimmt. In beiden Bereichen sind weitreichende Änderungen geplant.
Namensrecht
Die Bundesregierung will das Namensrecht so ändern, dass es mehr Möglichkeiten bei der Wahl der Nachnamen gibt. Vielfältigere Lebensrealitäten machten das nötig, heißt es in einem Gesetzentwurf.
"Damit machen wir das möglich, was sich viele Menschen seit langem wünschen", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dem FDP-Politiker zufolge können Paare künftig gemeinsam einen Doppelnamen tragen, um "ihre Verbundenheit" auszudrücken. Bisher ist das nicht möglich. Damit muss ein Ehepartner seinen bisherigen Familiennamen quasi aufgeben.
Auch Kinder sollen in Zukunft einen Doppelnamen tragen dürfen. Er soll standardmäßig auch zum Geburtsnamen eines Kindes werden, wenn die Eltern keinen Geburtsnamen festgelegt haben.
Volljährige Kinder sollen künftig vom Nachnamen eines Elternteils zum Nachnamen des anderen Elternteils wechseln können. "Scheidungs- und Stiefkinder können eine Namensänderung von Mutter oder Vater unkompliziert für sich übernehmen", sagte der Justizminister weiter.
Das neue Gesetz soll auch Rücksicht auf besondere namensrechtliche Traditionen nehmen. Als Beispiel nannte Buschmann Minderheiten wie Sorben, Dänen und Friesen. Die sorbische Volksgruppe kann künftig die Endung "-owa" und "-ina" bei Frauen anfügen. Die friesische Minderheit bekommt neue Möglichkeiten, ihre Tradition und Herkunft in abgeleiteten Namen abzubilden - etwa der Nachname "Jansen", wenn der Vorname des Vaters "Jan" lautet. Auch Namensgebungen nach dänischer Tradition, die den Familiennamen eines nahen Angehörigen berücksichtigen, sind möglich. Entgegen der Tradition können jeweils auch weibliche Namen als Ausgangspunkt gewählt werden.
Selbstbestimmungsrecht
Weitreichend sind auch die Änderungen durch das Selbstbestimmungsrecht. Es ersetzt das umstrittene Transsexuellengesetz. Künftig soll eine einfache Erklärung beim Standesamt ausreichen, um Geschlechtseintrag oder Vornamen zu ändern. Betroffene sollen außerdem vor einem ungewollten Outing geschützt werden.
Familienministerin Lisa Paus verteidigte die geplanten Änderungen im BR:
Wir haben jetzt eine Situation, die nicht tragbar ist, die tatsächlich diskriminierend ist für diese Personen und die ihnen unzumutbare, zusätzliche Hürden in den Weg legt. Und das müssen wir ändern und ändern es mit diesem Selbstbestimmungsgesetz.
Minderjährige unter 14 Jahren dürfen die Erklärung beim Standesamt nicht selbst abgeben. Übernehmen muss das der gesetzliche Vertreter. Ist die Person mindestens 14 Jahre alt, aber nicht volljährig, muss es die Erklärung beim Standesamt zwar selbst abgeben, braucht dafür aber die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Stimmt der nicht zu, kann sich das Familiengericht einschalten.
Zur Kritik, die Altersgrenze von 14 Jahren sei zu niedrig, auch wenn jeder erklären müsse, sich beraten lassen zu haben, sagte Paus: Mit 14 Jahren könne man sich beispielsweise auch entscheiden, welcher Religion man angehören will. "Deswegen ist das einfach entsprechend der Logik der deutschen Gesetzgebung."
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), verspricht Betroffenen massive Erleichterungen. Die vereinfachte Änderung des Geschlechtseintrags werde "das Leben von transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen spürbar erleichtern und verbessern", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
"Nach Transsexuellengesetz werden Menschen, die ihren falschen Geschlechtseintrag korrigieren möchten, vom Staat heute noch so behandelt, als wären sie krank." Diese staatlich verordnete Bevormundung und Fremdbestimmung müsse beendet werden. Bisher sind zwei psychiatrische Gutachten sowie ein Gerichtsbeschluss nötig, um die Änderungen vorzunehmen. Dabei müssen sich Betroffene oft sehr intime Fragen gefallen lassen. Viele trans Personen empfinden das Verfahren als demütigend. Das bisherige Verfahren wird zudem als langwierig und kostspielig kritisiert.
Kritik kommt von der Union: Die Vize-Unionsfraktionsvorsitzende Dorothee Bär (CSU) forderte im ARD-Morgenmagazin, "eine Verpflichtung zur Beratung" außerhalb des familiären Umfelds vor einer Änderung des Geschlechtseintrags. Aus ihrer Sicht ist das Gesetz "von Anfang bis Ende nicht durchdacht" und werde "zu vielen Verwerfungen auch innerhalb von Familien führen". Auch die Union wolle vermeiden, dass es zu Stigmatisierungen kommt, sagte sie.