Kabinettsbeschluss Wer profitiert wie von der Soli-Abschaffung?
Der Soli fällt weg - zumindest für einen Großteil der Zahler. Profitieren sollen sowohl Arbeitnehmer als auch Selbstständige. Was bedeuten die Pläne für sie konkret?
18,9 Milliarden Euro - so viel hat der Staat im vergangenen Jahr über den Solidaritätszuschlag, oder kurz Soli, eingenommen. Diese Einnahmen sollen nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums von 2021 an um rund elf Milliarden weniger werden, bis 2024 sogar um zwölf Milliarden. Die meisten Bürger sollen ab 2021 keinen Soli mehr zahlen, so sehen es die Pläne von Bundesfinanzminister Olaf Scholz vor, die der Bundestag nun durchgewunken hat.
Was ist der Soli?
Der Solidaritätszuschlag ist nach der Wiedervereinigung eingeführt worden und eine Finanzierungsquelle für den Aufbau Ost. Erhoben und gezahlt wird der Soli in allen Bundesländern - sowohl von Arbeitnehmern als auch von Selbstständigen. Seine Bemessungsgrundlage ist die Einkommens- bzw. Körperschaftssteuer, wobei der Satz derzeit bei 5,5 Prozent liegt.
Das Geld ist - wie alle Steuereinnahmen - nicht zweckgebunden und fließt in den Bundeshaushalt ein.
Wer soll entlastet werden?
Konkret sieht die Bundesregierung vor, die Freigrenze, bis zu der kein Solidaritätszuschlag anfällt, deutlich anzuheben. Heute sind es 972 Euro bei Einzel- bzw. 1944 Euro bei Zusammenveranlagung. Das heißt, bei wem weniger Lohn- oder Einkommenssteuer anfällt, muss keinen Soli zahlen.
Zukünftig soll die Freigrenze auf knapp 17.000 Euro bzw. knapp 34.000 Euro angehoben werden. Oderhalb dieser Grenze wird der Zuschlag schrittweise an den vollen Satz von 5,5 Prozent herangeführt. Da für die Einkommenssteuer verschiedene Freibeträge gelten, lässt sich nicht einfach zurückrechnen, ab welchem Einkommen der Soli zukünftig tatsächlich fällig wird.
Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums soll er jedoch für 90 Prozent der heutigen Zahler komplett wegfallen, für weitere 6,5 Prozent zumindest zum Teil. Nur die Spitzenverdiener werden den Zuschlag künftig in voller Höhe zahlen müssen - das betrifft etwa 3,5 Prozent der Zahler.
Beispiel: Alleinstehender Arbeitnehmer
Ein lediger sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer, der nicht mehr als knapp 74.000 Euro brutto im Jahr verdient, soll nach der neuen Berechnung ab 2021 keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen. Bis etwa 109.000 Euro Bruttolohn fällt ein gemilderter Zuschlag an. Erst ab dieser Summe wird der volle Betrag fällig.
Ein Erzieher mit einem Bruttoeinkommen von 31.200 Euro hätte somit etwa 200 Euro mehr Netto.
Beispiel: Familie mit zwei Kindern und Alleinverdiener
Nach Berechnungen des Bundesfinanzministeriums wäre eine vierköpfige Familie mit nur einem arbeitenden Elternteil bis zu einem Bruttojahreslohn von 150.000 Euro vom Soli befreit. Ab 221.000 Euro wäre auch hier der komplette Zuschlag fällig.
Beispiel: Doppelverdiener
Ein Doppelverdiener-Paar ohne Kinder mit einem Bruttolohn von 74.400 Euro müsste keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen - derzeit werden etwa 565 Euro fällig.
Verheiratete Doppelverdiener mit zwei Kindern und einem Bruttoeinkommen von 120.000 Euro hätten fast 1000 Euro mehr Netto.
Beispiel: Selbstständige
Auch kleine und mittelständische Unternehmer sollen zukünftig entlastet werden. So würden etwa selbstständige Handwerker, die üblicherweise ein Einzelunternehmen betreiben, von der neuen Regelung profitieren.
Das Ministerium rechnet vor, dass rund 88 Prozent dieser Gewerbetreibenden - wenn sie ausschließlich Gewerbeeinkünfte erzielen - vollständig vom Solidaritätszuschlag befreit werden. Weitere 6,8 Prozent würden zumindest teilweise profitieren.
Wer allerdings eine kleine GmbH betreibt und dafür Körperschaftssteuer zahlt, ist von Scholz' Reformplänen ausgenommen.
Was gilt für Sparer?
Nach Einschätzung und Kritik des Steuerzahlerbundes werden viele Normalverdiener nach der nun beschlossenen Regelung beim Soli nicht entlastet. Dies betrifft Menschen, die Steuern auf Kapitaleinkünfte zahlen. Zwar streichen Sparer aktuell kaum noch Zinsen ein. Ältere, die ihren Sparvertrag schon vor Jahren abgeschlossen haben und so vielleicht fürs Alter vorsorgen wollen, könnten demnach aber zum Teil noch sieben Prozent Zinsen bekommen - und auch den Freibetrag von 801 Euro pro Jahr überschreiten, warnt der Verband.