Urteil des Bundesfinanzhofs Sportvereinen droht Steuervorteil-Aus
Sportvereine sind vor dem Fiskus privilegiert: Sie müssen in aller Regel keine Umsatzsteuern zahlen. Doch davon ist der Bundesfinanzhof nun teilweise abgerückt. Sie müssen nun mit Steuerzahlungen rechnen.
Deutschlands Sportvereinen droht nach einem neuen Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs (BFH) das Ende eines traditionellen Steuerprivilegs. Demnach kommt es "durch die nunmehr versagte Steuerbefreiung zu einer Umsatzsteuerpflicht". Sportvereine müssen also laut BFH damit rechnen, dass ihre Leistungen an Mitglieder umsatzsteuerpflichtig werden.
Bisher wird dies von den Finanzämtern anders gehandhabt. Gesetzgeberisch lösen könnte der Bund dies nach Einschätzung des BFH durch eine Änderung des Umsatzsteuergesetzes.
Zusätzliche Gebühren von Mitgliedern
Im konkreten Fall ging es um den Golfclub Schloss Igling im bayerischen Kreis Landsberg am Lech ab, dessen Klage der BFH abwies. Der Golfclub hatte abgesehen von seinen Mitgliedsgebühren noch diverse zusätzliche Gebühren von seinen Mitgliedern kassiert, unter anderem für die Benutzung des Platzes, das Ausleihen von Golfbällen für das Training mit dem Ballautomaten oder die Teilnahme an Turnieren und Veranstaltungen. Ähnlich wie der Golfclub verlangen in Deutschland auch viele andere Sportvereine Eintritt etwa für die Benutzung ihrer Anlagen, Gebühren für Kurse.
Das örtliche Finanzamt berechnete dem Golfclub Umsatzsteuer für diese "gesondert vergüteten Leistungen", verlor jedoch in der ersten Instanz vor dem Finanzgericht. In der zweiten Instanz änderte nun der BFH seine bisherige Rechtsprechung.
Umsatzsteuer auf Zusatzleistungen
Nach deutschem Recht würde zumindest auf die Zusatzleistungen Umsatzsteuer fällig, möglicherweise aber auch auf die Mitgliedsbeiträge. Dennoch wurde die Umsatzsteuerpflicht der Sportvereine bisher großzügig gehandhabt. Dies stützte sich auf eine Öffnungsklausel in der EU-Umsatzsteuerrichtlinie. Diese erlaubt eine Steuerbefreiung aller "in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehender Dienstleistungen".
Auf Vorlage des BFH entschied aber im Dezember 2020 der EuGH, dass die Vereine sich darauf nicht unmittelbar berufen können. Die nach EU-Recht möglichen Steuerbefreiungen müssten danach zunächst im nationalen Recht umgesetzt werden. Weil der deutsche Gesetzgeber dies bisher nicht tat, musste der BFH nun nach dem derzeit engen deutschen Recht entscheiden. Danach sind nur Kurse und Veranstaltungen umsatzsteuerfrei, "soweit das Entgelt in Teilnehmergebühren besteht". Dies würde auf jeden Fall Turniere und auch kompakte Sportkurse umfassen.
Fitnessstudios müssen Umsatzsteuer zahlen
Das Urteil hat laut Bundesfinanzhof Bedeutung über diesen Einzelfall hinaus. Größter deutscher Sportverein ist mit mehr als 1,4 Millionen Mitgliedern seiner weit über 300 Sektionen der Deutsche Alpenverein (DAV) in München.
Ob und inwieweit die Steuerprivilegien von Sportvereinen noch angemessen sind, diskutieren nicht Steuerjuristen seit Jahren. Ein maßgeblicher Grund ist die Grauzone zwischen traditionellem Vereinsleben und Kommerz. So beschweren sich etwa Betreiber von Fitnessstudios und Kletterhallen, dass sie Umsatzsteuern zahlen müssen, sehr ähnliche Vereinsangebote und -kurse jedoch steuerbefreit sind.
Als rechtliche Grundlage des sportlichen Steuerprivilegs dienten bisher unter anderem die europäischen Vorschriften der sogenannten Mehrwertsteuersystem-Richtlinie. Diese soll eine einheitliche Handhabung der Umsatzsteuer in der EU sicherstellen. Der Bundesfinanzhof rief deswegen im Revisionsverfahren den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an. Dieser entschied seinerseits, dass eine Berufung auf die Steuerfreiheit nach der Richtlinie nicht möglich ist. In der Folge rückte nun auch der BFH von dem Steuerprivileg für die Sportvereine ab.
(Az: V R 48/20)