Beziehungen im Unternehmen Springer modernisiert Verhaltenskodex
Die Affäre um Ex-"Bild"-Chef Reichelt hat nun interne Konsequenzen: Das Medienhaus passt seinen Verhaltenskodex an. Bestimmte Beziehungen am Arbeitsplatz müssen offengelegt werden - unter anderem zwischen Chefs und Untergebenen.
Beim Axel-Springer-Verlag herrschen nach der Affäre um den früheren "Bild"-Chef Julian Reichelt künftig strengere Regeln für Beziehungen unter Beschäftigten: Der Medienkonzern hat seinen Firmen-Verhaltenskodex angepasst.
Führungskräfte mit Personalverantwortung müssen demnach Interessenkonflikte wie eine Liebesbeziehung zu einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin in ihrem Zuständigkeitsbereich offenlegen.
Im Kodex heißt es nun: "Enge persönliche Beziehungen zu Kollegen, Führungskräften oder Mitarbeitern können dazu führen, dass unser beruflicher Umgang mit diesen Personen bzw. deren Arbeit von privaten Interessen beeinflusst wird." Damit sind zum Beispiel Liebesbeziehungen und sexuelle Beziehungen gemeint. Ebenso geht es um verwandtschaftliche Verhältnisse.
In einem Schreiben vom Personalvorstand an die Mitarbeiter, aus dem die Nachrichtenagentur dpa zitiert, heißt es: "Wir müssen und wollen klarer formulieren, welches Verhalten wir gerade von Führungskräften im Falle von möglichen Interessenskonflikten am Arbeitsplatz erwarten, und unser Handeln konsequent daran messen."
Reichelt-Affäre Anlass für Veränderungen
Einer der Gründe für die Anpassung ist der Fall des Ex-"Bild"-Chefredakteurs Julian Reichelt, gegen den der Konzern im Frühjahr interne Ermittlungen angestoßen hatte und der vor rund zwei Monaten nach neueren Presserecherchen von seinen Aufgaben entbunden worden war. Im Frühjahr standen im Kern der Untersuchung Vorwürfe des Machtmissbrauchs im Zusammenhang mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen sowie Drogenkonsum am Arbeitsplatz.
Grundsätzlich existiert der Verhaltenskodex bei Springer schon seit Jahren, er legt die ethischen Standards im Unternehmen fest und gilt für die weltweit rund 16.500 Beschäftigten.
Beziehungen am Arbeitsplatz grundsätzlich erlaubt
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen können laut Kodex gegenüber dem oder der Vorgesetzten oder der zuständigen Personal- beziehungsweise Compliance-Abteilung die Beziehung offenlegen. Dazu könne eine interne oder externe Vertrauensstelle hinzugezogen werden. In dem Schreiben an die Belegschaft wurde auch betont: "Beziehungen am Arbeitsplatz müssen nicht pauschal offengelegt werden und sind natürlich nicht verboten. Das ginge an jeder Lebensrealität vorbei."
Transparent gemacht werden müssen demnach ausschließlich Beziehungen zwischen einer Führungskraft und einem oder einer ihr fachlich oder disziplinarisch unterstellten Beschäftigten. In einer Absichtserklärung von Konzern und Konzernbetriebsrat heißt es, man habe sich zusammengesetzt, um sowohl für den deutschen als auch den internationalen Markt deutliche Zeichen zu setzen. "Ziel ist, dass Machtmissbrauch bei Axel Springer erst gar nicht auftreten kann." Die Neuauflage des Verhaltenskodex' sei ein Anfang.
Weitere Richtline zu Machtmissbrauch
Es soll auch eine Richtlinie zu Interessenkonflikten und Machtmissbrauch für die Bereiche Holding & Services und News Media National geben. Zu letzterem zählen auch die journalistischen Marken "Bild" und "Welt". Zudem sollen mehr Frauen in Führungspositionen kommen.
Geplant sind ebenso Coaching und Qualifizierung von Managern und Führungskräften zur weiteren Modernisierung von Führung. Die Konzernbetriebsratsvorsitzende Linda Paczkowski-Diering wurde zu der im Intranet veröffentlichten Absichtserklärung so zitiert: Die Anpassungen des Verhaltenskodex' seien ein guter Schritt. "Wir denken aber, es braucht mehr, um den kulturellen Wandel weiter voranzutreiben. Dabei legen wir besonderen Wert auf Diversität, Inklusion und gezielte Frauenförderung."