Özdemir stellt Kennzeichnung vor Ein Tierwohllabel mit fünf Stufen
Seit Jahren wird über die Einführung eines verpflichtenden Tierwohllabels diskutiert. Bisherige Konzepte scheiterten. Jetzt hat Landwirtschaftsminister Özdemir die Eckpunkte seines Konzeptes vorgestellt.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hat ein Konzept für ein fünfstufiges staatliches Label zur Tierwohlkennzeichnung auf Lebensmitteln vorgestellt. Daran sollen Verbraucherinnen und Verbraucher ablesen können, wie viel Platz den Tieren während der Mast zur Verfügung stand und wie komfortabel ihre Ställe waren. Eingeführt werden sollen dazu verschiedene Haltungsstufen: Stall, Stall+Platz, Frischluftstall, Auslauf/Freiland und Bio als Extra-Kategorie.
Haltungsstufe | Was bedeutet das? |
---|---|
Stall | Es werden lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt. |
Stall + Platz | Die Tiere bekommen 20 Prozent mehr Raum. |
Frischluftställe | Die Ställe sind mindestens an einer Seite offen. |
Auslauf/Freiland | Die Tiere dürfen mindestens acht Stunden pro Tag ins Freie. |
Bio | Es gibt größere Auslaufflächen und noch mehr Platz im Stall. |
Zunächst für Schweinefleisch
Die Verpflichtung soll laut Özdemir zunächst für Schweinefleisch gelten, später sollen weitere Tierarten hinzukommen. Die verbindliche staatliche Haltungskennzeichnung sei ein "zentraler Baustein einer zukunftsfesten landwirtschaftlichen Tierhaltung", sagte der Minister.
Unsere tierhaltenden Betriebe brauchen dringend eine verlässliche und langfristige Perspektive, damit sich Investitionen in Tierwohl und Klimaschutz lohnen.
Mehr Transparenz der Tierhaltung
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher "wollen wissen, wie die Tiere gelebt haben, deren Fleisch sie an der Ladentheke oder im Supermarkt kaufen", sagte Özdemir weiter. "Mit der verpflichtenden staatlichen Tierhaltungskennzeichnung schaffen wir nun die seit Jahren überfällige Transparenz."
Der Gesetzentwurf soll als Nächstes in der Bundesregierung abgestimmt und dann Ländern und Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt werden. Danach soll das Bundeskabinett den Entwurf bekommen und ihn dann an die EU weiterleiten. Im Herbst soll dann das parlamentarische Verfahren in Bundesrat und Bundestag starten.
Özdemir zeigte sich zuversichtlich, dass seine Vorlage von den verschiedenen Stellen angenommen wird. "Wir haben lange genug in Deutschland gewartet", betonte der Minister. "Die Kennzeichnung kommt."
Konzept ist teuer
Nach mehreren gescheiterten Versuchen nimmt Özdemir damit einen neuen Anlauf, um Fleischprodukte in Deutschland mit einer verbindlichen, staatlichen Tierhaltungskennzeichnung auszustatten. Zuletzt wollte Özdemirs Vorgängerin Julia Klöckner (CDU) so ein Tierwohl-Logo mit Anforderungen oberhalb des Gesetzesstandards in die Regale bringen. Doch die Pläne scheiterten.
Nach dem Regierungswechsel hatten sich dann SPD, Grüne und FDP auf die Einführung einer staatlichen Tierhaltungskennzeichnung verständigt. Gestritten wird im Ampel-Bündnis allerdings um die Frage, wie die Landwirte bei den Stallumbauten und den Folgekosten unterstützt werden können.
Als Anschubfinanzierung ist im Bundeshaushalt bis 2026 eine Summe von einer Milliarde Euro vorgesehen. "Das ist für den Anfang erstmal gut, aber es reicht auch nicht", räumte Özdemir ein. Für eine darüber hinausgehende Finanzierung gebe es in der Koalition Klärungsbedarf. Eine Expertenkommission hatte Vorschläge wie eine höhere Mehrwertsteuer oder eine "Tierwohlabgabe" auf tierische Produkte erarbeitet. Als denkbar gilt ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch.
FDP lehnt Preisaufschläge auf Fleisch ab
Die FDP machte bereits klar, dass sie derartige Preisaufschläge ablehnt - gerade angesichts der Inflation. Ohne sich einen der Vorschläge zu eigen zu machen, verwies Özdemir darauf, dass es verschiedene Finanzierungsmodelle gebe. "Wenn man zu jedem nein sagt, dann sagt man auch nein zur Tierhaltung in Deutschland."
Kritik kommt aber nicht nur aus dem Ampel-Bündnis. So verweist die Opposition darauf, dass es in den Supermärkten seit Jahren eine freiwillige Kennzeichnung für Schweine-, Rind- und Geflügelfleisch gibt. Die AfD hält das Vorhaben deshalb für überflüssig.
Label geht Verbänden nicht weit genug
Der Deutsche Bauernverband sprach von einem ersten wichtigen Schritt, sieht aber am Entwurf erhebliche Lücken: So gebe es ohne verbindlichen Zeitplan für die Einbeziehung von Rind und Geflügel "keinerlei Lenkungswirkung", warnte Bauernpräsident Joachim Rukwied. Umwelt- und Tierschützern geht das geplante Label nicht weit genug. "Ein Siegel, das nur auf die Haltungsform guckt, ist irreführend und blendet die entscheidenden Probleme aus", sagte Annemarie Botzki von der Verbraucherorganisation Foodwatch.
Die Nutztierhaltung in der jetzigen Form mache die Tiere chronisch krank. Der Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter beklagte: "Aspekte wie Transport, Schlachtung oder Tiergesundheit werden überhaupt nicht berücksichtigt".