Bundesverwaltungsgericht Tübingen darf Verpackungssteuer erheben
Seit mehr als einem Jahr fällt in Tübingen unter anderem auf Einwegverpackungen eine Steuer an. Dagegen hatte die Betreiberin einer McDonald's Filiale geklagt - und nun vor dem Bundesverwaltungsgericht verloren.
Die Universitätsstadt Tübingen darf eine Verpackungssteuer auf Einwegbecher und Essensverpackungen erheben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Die Betreiberin einer McDonald’s Filiale in Tübingen hatte - unterstützt von dem Fast-Food-Konzern - gegen die kommunale Verpackungssteuersatzung geklagt.
Seit Anfang 2022 werden in Tübingen je 50 Cent für Einweggeschirr und Einwegverpackungen sowie 20 Cent für Einwegbesteck fällig, höchstens aber 1,50 Euro pro "Einzelmahlzeit". Neben mehr Geld für den städtischen Haushalt will die Stadt mit der Steuer für weniger Müll im öffentlichen Raum sowie für mehr Anreize zur Verwendung von Mehrwegsystemen sorgen.
Zahlen müssen die Verkäufer der Speisen und Getränke - nach Angaben der Stadt rund 440 Betriebe in Tübingen. Wegen des laufenden Rechtsstreits wurden bisher aber noch keine Steuern eingezogen.
Verwaltungsgericht entschied zuvor für McDonald's
In der Vorinstanz beim Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hatte sich McDonald's noch durchgesetzt. Gegen dieses Urteil hatte Tübingen Revision eingelegt, über die jetzt in Leipzig entschieden wurde.
Die baden-württembergischen Richter waren davon ausgegangen, dass Tübingen die Kompetenz für die Einführung der Verpackungssteuer fehle. Es handele sich nicht um eine örtliche Steuer. Außerdem sah der VGH die Tübinger Steuer im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Dieses schließe zusätzliche Regelungen einzelner Kommunen aus.
Der VGH hatte sich stark an einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts orientiert, das 1998 eine sehr ähnliche Verpackungssteuersatzung der Stadt Kassel für nichtig erklärt hatte. Das Bundesverwaltungsgericht wies in der mündlichen Verhandlung wiederholt darauf hin, dass sich das Abfallrecht in den vergangenen 25 Jahren geändert habe.
Anders als der VGH gehen die Bundesrichter davon aus, dass Mahlzeiten zum Mitnehmen meist sehr bald gegessen werden, die Verpackungen also "typischerweise" im Gemeindegebiet bleiben. Dass die Tübinger Satzung auch "to go"-Verpackungen umfasse, spreche also nicht dagegen, dass es eine örtliche Steuer sei. Auch einen Widerspruch zu Abfallregeln des Bundes und der EU erkannte der Senat nicht. Vielmehr verfolgten alle - der Bund, die EU und die Stadt Tübingen - dasselbe Ziel.
McDonald's Anwälte warnen vor Flickenteppich
McDonald's bedauerte die Entscheidung des Gerichts und kündigte an, dass die Franchise-Nehmerin eine Verfassungsbeschwerde prüfen wolle. "Aktuell gilt es nun erst einmal, noch die schriftliche Begründung des Gerichts abzuwarten", hieß es vom Konzern.
Die Anwälte von McDonald's hatten vor einem bundesweiten Flickenteppich gewarnt, sollte sich Tübingen durchsetzen. "Es wird mindestens 80 Kommunen geben, die Verpackungssteuersatzungen erlassen, sagte Anwalt Peter Bachmann. Für bundesweit tätige Unternehmen wie McDonald's sei das kaum zu bewältigen.
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) sprach nach der Urteilsverkündung von einem "tollen Tag für Tübingen und für den Klimaschutz allemal". Die Deutsche Umwelthilfe forderte Städte und Gemeinden auf, dem "Tübinger Erfolgsmodell" zu folgen.
Az.: BVerwG 9 CN 1.22