Kritik an Russlandnähe AfD-Politiker in russischer Talkshow
Gleich zwei AfD-Politiker stehen wegen ihrer mutmaßlichen Nähe zu Russland in der Kritik: Der Abgeordnete Kotré trat in einer für Propaganda bekannten russischen Talkshow auf und Parteichef Chrupalla zeigte sich Seite an Seite mit Russlands Botschafter.
Ein Auftritt in einer im russischen Staatsfernsehen ausgestrahlten Talkshow zieht für den AfD-Abgeordneten Steffen Kotré scharfe Kritik nach sich. Und auch eine Aktion von AfD-Chef Tino Chrupalla sorgt für weitere Diskussionen.
Am Donnerstag war Kotré in die Sendung des Moderators Wladimir Solowjow zugeschaltet worden. Solowjow wird eine große Nähe zum Kreml angerechnet, regelmäßig soll er russische Propaganda verbreiten. Zuletzt hatte er Bundesaußenministerin Annalena Baerbock als "Miss Ribbentrop" bezeichnet. Joachim von Ribbentrop war deutscher Außenminister unter Adolf Hitler.
In sozialen Medien kursierten anschließend einzelne Ausschnitte aus der Talkshow. Zu hören ist dabei vor allem eine russische Übersetzerin. Diese gibt Kotré mit den Worten wieder, die Deutschen seien mehrheitlich gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine, die Medien würden aber alles dafür tun, um das Volk gegen Russland und dessen Führung einzunehmen. Der Abgeordnete stellte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, die zunächst die Version der Übersetzerin wiedergegeben hatte, jedoch klar, dass er nicht von "Mehrheit", sondern von einem "großen Teil" der deutschen Bevölkerung gesprochen habe.
Bereits Bundestagsrede sorgte für Aufregung
Es ist nicht das erste Mal, dass Kontré wegen Äußerungen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auffällt. In einer Rede im Bundestag behauptete er im April des vergangenen Jahres, der Westen trage eine "Mitschuld" am Krieg und sprach zudem von Biowaffen-Laboren, die sich in der Ukraine befänden und "gegen Russland gerichtet" seien.
Als "widerliche Putin-Propaganda" verurteilte damals etwa der AfD-Bundestagsabgeordnete Norbert Kleinwächter die Äußerungen seines Parteikollegen. Und auch der neueste Auftritt Kotrés in der russischen Talkshow ruft massive Kritik hervor. Die AfD lasse sich für russische Propagandazwecke instrumentalisieren, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast der Nachrichtenagentur AFP. Der Parteiführung der AfD warf sie vor, sich nicht genügend von Kotré zu distanzieren: "Dass sich die AfD-Spitze mal wieder um eine Zurechtweisung windet wie ein Aal, ist das alte Muster, das immer wieder entlarvt werden muss", so Mast.
Auch der stellvertretende Vorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, kritisierte im Gespräch mit den Sendern RTL und ntv Kotrés Verhalten: "Wenn ein AfD-Abgeordneter den öffentlichen Schulterschluss mit dem Mann sucht, in dessen Sendung seit Wochen das Existenzrecht und Legitimität des deutschen Staates in Frage gestellt werden, spricht das jedenfalls für sich."
"Ich gebe jedem ein Interview"
Kotré selbst verteidigt seinen Auftritt in Solowjows Sendung. "Ich gebe jedem ein Interview", schrieb er auf Twitter und plädierte dafür, "trotz Krieg" auf Diplomatie zu setzen und "miteinander zu reden".
In den Reihen der AfD fällt die öffentliche Reaktion auf Kotrés Auftritt bislang verhalten aus. Parteichef Chrupalla betonte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, Kotré habe in der russischen Sendung "seine persönliche Meinung zum Ausdruck" gebracht. Zudem "entscheidet und verantwortet" jeder Abgeordnete selbst, welche Interviews er gebe.
Kranzniederlegung mit russischem Botschafter
Ebenfalls am Donnerstag legte er gemeinsam mit dem russischen Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, in der Gedenkstätte Seelower Höhen nahe der brandenburgischen Grenze zu Polen Kränze nieder. Anlass war der 80. Jahrestag der Schlacht um Stalingrad.
Auf Nachfrage der dpa zu dem gemeinsamen Auftreten mit dem russischen Botschafter angesichts der bald seit einem Jahr andauernden Invasion Russland in der Ukraine betonte Chrupalla: "Wir müssen deeskalieren und diplomatisch die Hand reichen. Deutschland befindet sich nicht im Krieg mit Russland." Diese Aussage verband Chrupalla mit erneuter Kritik an Bundesaußenministerin Baerbock und ihren "leichtfertigen Äußerungen", Deutschland befände sich im Krieg.
Die Grünen-Politikerin war zuletzt für ihre Aussage während einer Sitzung des Europarates in die Kritik geraten, dass "wir einen Krieg gegen Russland kämpfen und nicht gegeneinander". Das Auswärtige Amt hatte anschließend betont, dass Baerbock damit keine Kriegsbeteiligung Deutschlands oder seiner Verbündeten gemeint habe.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version gaben wir die Worte der russischen Übersetzerin wieder. Demnach sagte Kotré, die Mehrheit der deutschen Bürgerinnen und Bürger sei gegen die Lieferungen schwerer Waffen. Inzwischen stellte der AfD-Abgeordnete klar, dass er nicht von "Mehrheit", sondern von einem "großen Teil" der deutschen Bevölkerung gesprochen habe. Wir haben die Korrektur der dpa übernommen.