Das Wort "Biodeutsch" wird auf eine digitale Tafel geschrieben

Abwertende Sprache "Biodeutsch" ist Unwort des Jahres 2024

Stand: 13.01.2025 11:51 Uhr

Das Unwort des Jahres will auf diskriminierende Begriffe aufmerksam machen. In diesem Jahr fiel die Wahl der Jury auf "biodeutsch". Das Wort werde zur Abwertung von Menschen verwendet und sei eine Form von Alltagsrassismus.

"Biodeutsch" ist das Unwort des Jahres 2024. Das Wort werde vor allem in den Sozialen Medien in rassistischer und nationalistischer Weise gebraucht, teilte die Jury der Sprachaktion in Marburg zur Begründung ihrer Wahl mit. "Die mit dem Gebrauch von biodeutsch einhergehende Unterteilung in angeblich 'echte' Deutsche und in Deutsche zweiter Klasse ist eine Form von Alltagsrassismus", erklärte die Jury.

Mit dem Wort werde eine rassistische, biologistische Form von Nationalität konstruiert, hieß es weiter in der Begründung. Ursprünglich sei der Begriff als satirischer Ausdruck verwendet worden, der mit dem Bio-Siegel als Güte-Siegel für ökologischen Anbau spielte. Doch seit mehreren Jahren sei eine nicht-satirische, also wörtlich gemeinte Verwendung festzustellen.

Auch Journalisten verwenden Begriff

Auch Deutsche mit Zuwanderungsgeschichte verwenden den Begriff, um Deutsche ohne Migrationshintergrund zu bezeichnen. Dabei ist er keineswegs immer ironisch gemeint, wie etwa die Neuen deutschen Medienmacher - eine Organisation von Journalisten mit und ohne Migrationshintergrund - in einem Glossar schreiben. Der Begriff werde "inzwischen aus Mangel an Alternativen mitunter ernsthaft verwendet". Allerdings räumen auch sie ein: "Viele so Bezeichnete lehnen den Begriff ab, weil in ihm die Vorstellung von Genetik mitschwingt."

Auch die heutige Antidiskriminierungsbeauftragte, Ferda Ataman, verwendete den Begriff 2020 in einer Spiegel-Kolumne mit dem Titel "Almanis - oder wie nennen wir Kartoffeln?".

"Heizungsverbot" auf Platz zwei

Auf Platz zwei wählten die Sprachexperten und -expertinnen das Wort "Heizungsverbot", weil es irreführend und sachlich falsch in der Debatte um das Gebäudeenergiegesetz benutzt werde.

Laut Jury gingen rund 3.200 Einsendungen für die Unwort-Wahl ein; genannt wurden 655 verschiedene Wörter. Die Entscheidung war dann aber unabhängig von der Zahl der Einsendungen für den Begriff.

Die Jury der institutionell unabhängigen und ehrenamtlichen Aktion "Unwort des Jahres" besteht aus vier Sprachwissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen, einer Journalistin sowie jährlich wechselnden Mitgliedern.

In diesem Jahr beteiligten sich die Publizistin und Politologin Saba-Nur Cheema sowie Meron Mendel, Publizist, Historiker und Pädagoge sowie Direktor der Bildungsstätte Anne Frank. Sie wählten die Formulierung "importierter Antisemitismus" zu ihrem persönlichen Unwort des Jahres. Der Ausdruck suggeriere, dass Judenhass vor allem mit dem Zuzug von Migrantinnen und Migranten zu einem Problem geworden sei, hieß es in der Begründung. Der Begriff werde vor allem in rechten Kreisen verwendet, um Musliminnen und Muslime sowie Menschen mit Migrationsbiographie auszugrenzen "und vom eigenen Antisemitismus abzulenken", erklärte die Jury.

Begriffe, die mit Menschenwürde unvereinbar sind

2023 kürte die Jury den Begriff "Remigration" zum Unwort. Die Aktion will auf Begriffe aufmerksam machen, die mit der Menschenwürde oder den Prinzipien der Demokratie unvereinbar sind oder gesellschaftliche Gruppen diskriminieren.

Unwörter des Jahres seit 2000

2023: Remigration
2022: Klimaterroristen
2021: Pushback
2020: Rückführungspatenschaften, Corona-Diktatur
2019: Klimahysterie
2018: Anti-Abschiebe-Industrie
2017: Alternative Fakten
2016: Volksverräter
2015: Gutmensch
2014: Lügenpresse
2013: Sozialtourismus
2012: Opfer-Abo
2011: Döner-Morde
2010: Alternativlos
2009: betriebsratsverseucht
2008: Notleidende Banken
2007: Herdprämie
2006: Freiwillige Ausreise
2005: Entlassungsproduktivität
2004: Humankapital
2003: Tätervolk
2002: Ich-AG
2001: Gotteskrieger
2000: National befreite Zone

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 13. Januar 2025 um 10:00 Uhr.