Interview

Interview mit Hans-Jochen Vogel "Clement hatte sich zunehmend isoliert"

Stand: 25.11.2008 17:26 Uhr

Der aus der SPD ausgetretene frühere Parteivize Clement hatte sich nach Ansicht des ehemaligen SPD-Chefs Vogel zuletzt zunehmend isoliert. Im Gespräch mit tagesschau.de nannte Vogel den Austritt Clements "bedauerlich".

Der aus der SPD ausgetretene frühere Parteivize Clement hatte sich nach Ansicht des ehemaligen SPD-Chefs Vogel zuletzt zunehmend isoliert. Im Gespräch mit tagesschau.de nannte Vogel den Austritt Clements "bedauerlich".

tagesschau.de: Was bedeutet der Parteiaustritt von Wolfgang Clement für die SPD?

Hans-Jochen Vogel: Das bedauerliche Ende eines Engagements, das beiden Seiten - also sowohl der Partei als auch Wolfgang Clement - über lange Zeit Nutzen gebracht hat, zuletzt aber von einer zunehmenden Selbstisolierung Clements überschattet war. 

tagesschau.de: Hat der Austritt einen Einfluss auf die inhaltliche Ausrichtung der Partei?

Vogel: Nein. Das im letzten Jahr in Hamburg verabschiedete Grundsatzprogramm gilt unverändert. 

tagesschau.de: Bedeutet der Austritt von Wolfgang Clement das Ende der "Schröder"-SPD?

Vogel: Was verstehen Sie unter "Schröder"-SPD? Unabhängig davon: Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier kann man doch wohl kaum als Gegner der Entscheidungen bezeichnen, die Schröder als Bundeskanzler herbeigeführt hat.

tagesschau.de: Gibt es in der SPD zukünftig noch Platz für Meinungen wie sie Wolfgang Clement vertreten hat?

Vogel: Ja. Sie sollten allerdings nicht wenige Tage vor einer Wahl mit der Aufforderung verbunden werden, nicht für den eigenen Spitzenkandidaten zu stimmen.  

tagesschau.de: Welche Rolle hat Clement denn in letzter Zeit in der SPD noch gespielt?

Vogel: Bei allen unbestrittenen Verdiensten in der Vergangenheit war er in jüngster Zeit in der Partei kaum mehr präsent. Deshalb sprach ich vorhin auch von einer gewissen Selbstisolierung. 

Die Fragen stellte Niels Nagel, tagesschau.de

Zur Person
Hans-Jochen Vogel wurde 1926 in Göttingen geboren. Während seines Jura-Studiums in Marburg trat er die SPD ein. 1960 wurde er mit großer Mehrheit zum Oberbürgermeister von München gewählt. Von 1972 bis 1981 war Vogel Bundesminister unter Willy Brandt und Helmut Schmidt. Nach dem Sturz Schmidts trat Vogel 1983 für die SPD als Kanzlerkandidat gegen Helmut Kohl an und verlor. Bis 1991 blieb er Chef der Bundestagsfraktion. Nach dem Rücktritt Brandts vom Parteivorsitz 1987 war Vogel vier Jahre lang Bundesvorsitzender der SPD.