Fragen und Antworten Deutschland macht Inventur
Seit heute wird in Deutschland Inventur gemacht: Erstmals nach der Wiedervereinigung wollen die Statistiker die Einwohner zählen und ermitteln, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie sie arbeiten und wie sie wohnen. Die meisten werden davon jedoch gar nichts mitbekommen. Im Vergleich zur heftig umstrittenen Volkszählung von 1987 wird dieses Mal nur ein Drittel der deutschen Bevölkerung befragt. Die Kosten dafür werden auf etwa 710 Millionen Euro geschätzt. tagesschau.de hat die wichtigsten Fragen und Antworten zur Volkszählung 2011 zusammengestellt.
Warum wird überhaupt gezählt?
2008 erhob die EU eine Verordnung, die vorschreibt, dass alle europäischen Mitgliedsstaaten alle zehn Jahre Daten über ihre Bevölkerung erheben müssen. Zudem liegt die letzte Volkszählung etwa 24 Jahre zurück, seitdem wird die Einwohnerzahl von den Ämtern nur noch hochgerechnet. Eine genaue Zahl existiert nicht.
Wie läuft die Zählung ab?
Am 9. Mai schicken Ämter wie Meldebehörden der Kommunen, Grundbuchstellen oder auch die Agentur für Arbeit Datensätze aus ihren Datenbanken an die Statistischen Ämter. Außerdem starten an diesem Tag die Befragungen von 7,9 Millionen Einwohnern, von 17,5 Millionen Eigentümern von Wohnraum sowie Interviews in Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften.
Wer wird gezählt?
Zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland werden gar nicht direkt befragt, aber dennoch werden am Ende alle Einwohner dank Datenströmen, Fragebögen und Interviews bei der Volkszählung berücksichtigt.
Auf jeden Fall schriftlich Rede und Antwort stehen müssen die Eigentümer von Häusern oder Eigentumswohnungen. Sie bekamen ab Ende April Fragebögen zugeschickt, die per Post auf eigene Kosten zurückgehen müssen. Möglich sind auch Online-Antworten.
Ab 9. Mai schwärmen parallel rund 80.000 Interviewer aus, um etwa zehn Prozent der Bevölkerung persönlich zu befragen. Sie wurden per Zufallsverfahren ausgewählt und bekommen den Hausbesuch angekündigt. Alternativ können sie ihre Antworten per Post oder online abgeben.
Ebenfalls befragt werden die Bewohner von Internaten, Studentenwohnheimen, Klöstern und Seniorenwohnheimen. Interviewer gehen auch in Notunterkünfte, Flüchtlingslager, psychiatrische Kliniken, Hospize, Kinderheime und Gefängnisse. Dort werden die jeweiligen Leiter Auskunft geben. Die Befragungen können sich auf einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten hinziehen.
Woher weiß ich, ob ich befragt werde?
Interviewer müssen sich vorher mit einem konkreten Terminvorschlag ankündigen. Klingeln sie, sollten sich Bürger zuerst den Ausweis zeigen lassen, bevor sie sie rein bitten.
Jeder der 80.000 Fragesteller hat nach Angaben des Statistischen Bundesamts ein spezielles Zensus-Dokument mit Siegel, Stempel oder Wappen des betreffenden Bundeslandes dabei. Der Interviewer-Ausweis ist nur in Verbindung mit einem Personalausweis, Führerschein oder Reisepass gültig.
Wer Zweifel an der Seriosität eines Fragestellers hat, braucht ihn nicht zu sich ins Haus zu lassen. Dazu ist kein Bürger verpflichtet. Fragen können auch im Hausflur oder vor der Haustür beantwortet werden. Möglich ist auch, sich den Fragebogen in die Hand drücken zu lassen, ihn dann allein auszufüllen und mit der Post zurückzuschicken. Alternativ kann das Online-Formular genutzt werden.
Wo landen die Daten und wozu dienen sie?
Die Daten werden bei den Statistischen Ämtern gesammelt. Immobilienbestände sind noch in keinem Register erfasst, weshalb 2011 auch Hausbesitzer befragt werden. Der Staat will in Erfahrung bringen, wieviel Wohnraum zur Verfügung steht, wie alt die Häuser sind, in welchen Kommunen Wohnungsmangel herrscht oder wie geheizt wird.
Eigentümer müssen daher Auskunft darüber geben, wie geheizt wird, wie groß ihre Gebäude und Wohnungen sind, wie viel Räume es gibt und ob Bad, Dusche und WC vorhanden sind. Außerdem wird nach den Namen von bis zu zwei Wohnungsnutzern gefragt, nach Besitzstatus und Ausstattung.
Auf der Basis der neu gewonnenen Einwohnerzahl will der Staat künftig besser planen, entscheiden und investieren können, beispielsweise um Schulen oder Kitas zu bauen und neuen Wohnraum zu schaffen.
Wie steht's um den Datenschutz?
Es gilt der Grundsatz, dass persönliche Angaben streng geheim gehalten werden müssen. Daten dürfen nicht an die Verwaltung gegeben werden. Zum Beispiel darf jemand, der seinen Wohnsitz nicht angemeldet hat, nicht dem Einwohneramt angezeigt werden.
Individuelles wie Name und Adresse sollen rasch von den übrigen Daten getrennt und vernichtet werden, spätestens jedoch nach etwa vier Jahren. Die Einhaltung des Datenschutzes wird von den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder überwacht.
Welche Fragen werden gestellt?
Interviewte werden unter anderem nach Alter, Staatsangehörigkeit, nach Migrationshintergrund, Haushaltsgröße, nach Beruf, Karrierestatus und Bildungsniveau gefragt.
Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften müssen in der Regel nur elf Fragen beantworten, etwa auch die nach dem Namen, Geburtsdatum, Geburtsort und Geschlecht. Informationen zur Bildung oder Erwerbstätigkeit werden bei ihnen aber nicht eingefordert.
Darf man sich weigern?
Nein. Wer zu den Gruppen gehört, die schriftlich oder mündlich Rede und Antwort stehen sollen, ist grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet. Wer Angaben verweigert, falsch macht oder die Antwortfrist versäumt, begeht eine Ordnungswidrigkeit.
Diese kann rein theoretisch mit einer Geldbuße von bis zu 5000 Euro geahndet werden. Eine Ausnahme wird nur bei der Frage nach der Religion und Glaubensrichtung gemacht. Hier ist die Antwort freiwillig.
Fragen und Antworten zusammengestellt von Nicole Hulka für tagesschau.de