Trotz Sanktionen gegen Myanmar Menschenrechte gegen Luxus-Holz
Nach dem Militärputsch in Myanmar hatte die EU Sanktionen beschlossen. Trotzdem gelangte seitdem Holz im Wert von 45 Millionen Euro in die EU. Nun werden Stimmen nach einem Vertragsverletzungsverfahren laut.
Die Situation ist absurd: Die EU verbietet etwas - und stellt anschließend selbst eine Statistik bereit, in die sich jeder einträgt, der sich nicht an das Verbot hält. Genau so läuft es seit mehr als zwei Jahren mit einer Ware, an der eigentlich nur noch Super-Reiche ein Interesse haben: wildgewachsenes Teak-Holz.
Eine internationale Recherche unter Leitung des Internationalen Konsortiums für Investigative Journalistinnen und Journalisten (ICIJ), an der in Deutschland NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" (SZ) beteiligt waren, zeigt: Die verbotene Ware landet weiter in der EU.
Seit Inkrafttreten der Sanktionen im Juni 2021 sind ganz offiziell mehr als 550 Tonnen Holz aus Myanmar in die EU gelangt - und im Gegenzug mehr als 45 Millionen Euro an das Militärregime in Myanmar geflossen. Das geht aus Daten der europäischen Statistikbehörde EUROSTAT hervor, die für die Recherche ausgewertet wurden.
Holzimporte im Millionenwert
Allein zwischen Januar und Oktober 2023 weist die Statistik Holzimporte aus Myanmar im Wert von 5,6 Millionen Euro aus. Die größten Mengen kamen in Italien, Polen und Spanien an. Auf Nachfrage teilte der Zoll mit, dass im vergangenen Jahr auch nach Deutschland "geringe Menge Teakholz aus Myanmar" gelangt sei, dass es sich dabei aber um eine Probe gehandelt habe. Wofür diese bestimmt war und ob das Holz beschlagnahmt wurde, teilte der Zoll nicht mit.
Bereits vor einem Jahr hatte ein globales Rechercheprojekt den massenhaften Sanktionsbruch aufgedeckt. Damals hatte die EU-Kommission erklärt, man sich in einem "aktiven Dialog" mit EU-Ländern befinde, die "Schwierigkeiten bei der Umsetzung" der Sanktionen haben. Doch offenbar werden die Sanktionen weiterhin massenhaft gebrochen, ohne, dass die EU einschreiten würde.
Letzte natürliche Vorkommen in Myanmar
Anders als Plantagen-Teak gilt wildgewachsenes Teak als extrem widerstandsfähig gegen Salzwasser, Sonne und Wind. Es wird daher meist auf Luxusjachten verbaut. Doch wilde Teak-Vorkommen gelten als erschöpft. Lediglich in Myanmar finden sich noch letzte natürliche Vorkommen.
Auf den Handel mit Holz allerdings hat in Myanmar der Staat ein Monopol - und damit eine Militärjunta, der nach dem Putsch 2021 schwerste Menschenrechtsverletzungen, Folter, willkürliche Inhaftierungen, Vertreibungen, Hinrichtungen und nicht zuletzt der Völkermord an den Rohingya vorgeworfen werden. Darum erließ die EU im Juni 2021 Sanktionen, auch zum Handel mit Holz aus Myanmar.
EU sieht Verantwortung bei Mitgliedstaaten
Damit dürften eigentlich keinerlei Holzlieferungen aus dem ehemaligen Burma mehr in den Handelsstatistiken der EU auftauchen - sie tun es aber. Die EU-Kommission ließ Fragen zu den Rechercheergebnissen unbeantwortet, verwies bislang aber stets darauf, dass die Mitgliedsstaaten für die Umsetzung beschlossener Richtlinien verantwortlich seien.
Für Bernd Lange, für die SPD im Europaparlament und dort Vorsitzender des Handelsausschuss, reicht das nicht. "Wenn man nachweist, dass eine europäische Gesetzgebung missachtet worden ist, dann ist natürlich die Untersuchung der Kommission angesagt", sagt er.
"Wenn es da wirklich einzelne Länder gibt, die ganz bewusst die Augen zudrücken, dann muss man auch mit einem Untersuchungsprozess bis hin zu einer Vertragsverletzungsklage dagegen vorgehen."
EU-Abgeordnete fordern rechtliche Konsequenzen
Auch Thomas Waitz, selbst Forstwirt und für die Grünen im Europaparlament, fordert, die EU müsse angesichts der seit Jahren anhaltenden Importe aus Myanmar nun Vertragsverletzungsverfahren gegen jene Staaten einleiten, die diese Lieferungen nicht unterbinden.
Sowohl Lange als auch Waitz glauben zudem, die EU müsse bei der Formulierung der Sanktionen nachschärfen. Denn: Nicht die Ware Holz aus Myanmar ist verboten - sondern "nur" die Zusammenarbeit mit der staatlichen Holzhandelsagentur MTE. Da die MTE in Myanmar ein Monopol für Abholzung und Export von Holz innehat, geht die EU-Kommission davon aus, dass auch alle Holzimporte unter die Sanktionen fallen.
Paradoxerweise sehen das offenbar manche Mitgliedsländer anders. Und selbst in Deutschland herrschen bei den Behörden unterschiedliche Auffassungen darüber, was die Sanktionen denn nun eigentlich aussagen. So antwortete das Landwirtschaftsministerium, nach den aktuellen EU-Sanktionen sei es "unzulässig, Roh- und Schnittholz aus Myanmar zu importieren." Gleichzeitig erklärt eine Sprecherin des Zolls, dass ein "generelles Einfuhrverbot für Holz (...) embargorechtlich nicht geregelt" sei.
Zu den 39 an den Recherchen beteiligten Medien gehören in Deutschland NDR, WDR, "Süddeutsche Zeitung" und der "Spiegel". International waren unter anderen CBC in Kanada, der ORF in Österreich, "Le Monde" und "Radio France" in Frankreich sowie "The Indian Express" in Indien involviert.
Das Projekt konzentriert sich auf die weltweit fortschreitende Entwaldung und fokussiert unter anderem auf den fragwürdigen Handel mit Nachhaltigkeitszertifikaten, auf den illegalen Handel mit Edelholz und auf die rumänische Holzmafia. Alle Rechercheergebnisse werden international veröffentlicht.